0097 - Der unheimliche Richter
Gesicht wiedergeben, doch das war nicht der Fall.
Der Spiegel zeigte eine Horrorfratze!
Ein Typ mit grausam verzerrtem Gesicht, knochigen Händen, langen, grauweißen, strohigen Haaren und Augen, in denen das Feuer der Hölle gloste.
Doch das war nicht alles. Der Unheimliche schaute durch eine fachmännisch geknüpfte Henkersschlinge.
Ezra Parker erstarrte. Plötzlich bekam er keine Luft mehr. Automatisch fuhren seine Hände hoch zum Hals.
»Ich hole dich«, sagte das Spiegelbild mit dumpfer Grabesstimme. »Schon an diesem Tage und noch bevor die Uhr Mitternacht geschlagen hat.«
Ezra Parker wich zurück. Abwehrend streckte er dabei beide Hände vor. »Nein!« keuchte er. »Nein, dich gibt es nicht. Du bist ein Teufel! Dich darf es nicht geben. Geh weg, geh weg!«
Der Henker lachte. Dabei öffnete sich der zahnlose Mund, und das Gesicht zerfiel in zahlreiche Falten.
Ezra Parker aber stieß mit dem Rücken gegen die Kante des Schreibtisches. Seine Arme fanden auf der Platte Halt, die Hände fuhren darüber hinweg, und der Mantel lag dicht vor dem Schrank auf dem olivfarbenen Teppichboden.
Parkers Finger fanden zufällig die marmorne Statue aus Indien, die ihm ein Geschäftsfreund geschenkt hatte. Parker benutzte sie normalerweise als Briefbeschwerer.
Jetzt allerdings als Wurfgeschoß.
Er hob den rechten Arm und schleuderte die Statue in den Spiegel hinein.
Klirrend ging er zu Bruch. Die Splitter regneten auf den Boden. Einige blieben im Teppich stecken, die Kanten zeigten nach oben. Das Bild war verschwunden.
Schwer atmete Parker aus. Er schüttelte den Kopf, wischte sich über die Augen und schluckte.
Der Krach war im Nebenzimmer gehört worden. Aufgeregt betrat seine Erstsekretärin das Büro, sah den zerbrochenen Spiegel, preßte beide Hände gegen die wohlgelegte Frisur und stieß einen kieksenden Laut aus.
Ezra Parker drehte sich um.
»Aber Mr. Parker. Sir, was ist geschehen?«
Parker grinste schief. »Sehen Sie das denn nicht? Der Spiegel ist zerbrochen.«
»Wie konnte das geschehen?«
»Ich habe ihn zerstört. Aus Versehen. Sagen Sie der Putzfrau Bescheid, damit sie die Scherben wegräumt.«
»Natürlich, Mr. Parker.« Die Frau verstand die Welt nicht mehr. Daß jemand einen Spiegel zerstörte, war ein Ding der Unmöglichkeit, so etwas durfte nicht geschehen. Das brachte sieben Jahre Pech.
Sacht schloß sie die Tür hinter sich.
Ezra Parker zitterte. Aus dem kleinen Barschrank holte er eine Flasche Whisky. Er setzte die Öffnung direkt an den Mund und trank einen langen Zug.
So etwas tat er sonst nie. Danach stellte er die Flasche auch sofort wieder weg.
Immer noch leicht benommen, hob er den Mantel auf, streifte ihn über. Auf den Hut verzichtete er. Er mußte sich schwer zusammenreißen, als er sein Büro verließ.
Die Sekretärin saß hinter ihrem Schreibtisch.
»Alles in Ordnung, Sir?« fragte sie.
»Ja.« Parker blieb stehen. Fast wäre er noch rot geworden, als hätte er ein schlechtes Gewissen. »Weiß die Putzfrau schon Bescheid?«
»Ich sage es ihr, wenn sie kommt.«
Parker nickte und ging.
»Einen schönen Abend noch«, rief die Sekretärin ihm nach. »Danke.«
Auch das zweite Vorzimmer war besetzt. Parker hatte das Gefühl, als würden die beiden Mädchen hinter der hohlen Hand kichern, obwohl sie arbeiteten. Vielleicht taten sie auch nur so. Grußlos betrat Parker den Gang, ging zum Aufzug und fuhr nach unten. Neben dem Firmengelände gab es einen Hof, wo die Besucher ihre Wagen abstellen konnten.
Parkers Mercedes 350 stand in der dafür vorgesehenen Parklücke. Nur sein Fahrer war nicht zu sehen.
Ärgerlich blieb Ezra Parker neben dem Wagen stehen. »Wo sind Sie, Morton?«
Er erhielt keine Antwort.
Langsam wurde er sauer. »Morton, verdammt, sagen Sie was!« Nichts.
Nur der Hausmeister öffnete eine schmale Hintertür, steckte seinen Kopf ins Freie.
»Haben Sie Morton gesehen?« rief Parker.
»Nein, Sir.«
»Verdammt, wo treibt er sich denn herum?«
Der Hausmeister verschwand rasch. Er mochte es nicht, wenn der Alte schlechte Laune hatte. Dann war er kaum zu ertragen.
Ezra Parker schritt den Hof ab. Die Fenster im Erdgeschoß waren zur Hälfte mit einem undurchsichtigen Glas ausgefüllt.
Darunter lagen die Kellerfenster.
Durch Zufall fiel Parkers Blick dorthin. Vor jedem Fenster befand sich ein kleiner Schacht.
Als er in den letzten Schacht schaute, traf ihn der Schock.
Über den Rand hinaus ragte eine verkrümmte Hand!
***
Parker weigerte sich, den
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