0097 - Wir sprangen dem Tod ins Genick
Bill!« sagte er vertraulich. »Ich bin immer Ihr Freund gewesen, das wissen Sie doch! Nun spannen Sie mich nicht auf die Folter! Was ist denn los?«
O'Brien mußte gegen seinen Willen lachen. Bexter sein Freund! Er hörte es zum ersten Male.
»Setzen Sie sich«, murmelte er kaum verständlich. »Ich will Ihnen noch ‘ne letzte Chance geben. Obwohl Sie's verdammt nicht verdient haben!«
Kreidebleich ließ sich Bexter in seiner ganzen Leibesfülle auf einen Stuhl fallen. Daß er dabei ein frisches Oberhemd noch einmal mit seinem Körpergewicht nicht gerade richtig plättete, berührte ihn im Augenblick überhaupt nicht.
»Sie waren an dem Abend bei Mac Kinsley, als Rock Billing dort zum letzten Male gesehen wurde, stimmt's?«
»Ich —?«
O'Brien machte ein böses Gesicht. »Versuchen Sie ja nicht, mich zu belügen, Bexter! Sonst werde ich aber verdammt unangenehm!«
»Ich? Sie belügen? Aber wie werde ich denn?«
»Also! Sie waren da!«
Bexter zögerte. Zumindest tat er so. »Lassen Sie mich nachdenken«, bat er.
Er legte das feiste Gesicht in Falten und spielte den Nachdenklichen. Nach einer Weile nickte er und sagte:
»Doch ja. Ich glaube, ich sah ihn. Ganz flüchtig. Beschwören könnte ich es allerdings nicht.«
»So«, knurrte O'Brien. Es hörte sich an wie das ferne Grollen eines heraufziehenden Gewitters.
»Ja, es ist ja nun immerhin einige Tage her, nicht wahr? Wer merkt sich denn jedes Gesicht, das man so zufällig mal in einer Kneipe sieht?«
O'Brien beugte sich vor und sah Bexter hart ins Gesicht.
»Ich schlage dich windelweich, du verdammter Kerl, wenn du mit deinen blödsinnigen Ausreden weitermachst!« sagte er ganz leise. »Rock Billing war mein Kamerad. Und du Lump hast dazu beigetragen, daß er ermordet wurde! Wir sind hier ganz unter uns. Es gibt keine Zeugen. Wenn ich hinterher behaupte, du hättest mich angegriffen, wird mir geglaubt werden vor Gericht, nicht dir! Merk es dir endlich! Ich will klare Aussagen! Sonst bereust du es bis an dein Lebensende!«
Bexter war aufgesprungen und entsetzt bis an die Wand zurückgewichen. Er schielte sehnsüchtig zur Tür, aber auf dem Wege dahin hätte er dicht an O'Brien vorbei müssen, und er bezweifelte mit Recht, daß ihn O'Brien vorbeigelassen hätte.
Der Ire war weiß Gott keine Schlägernatur. Aber er würde bis an sein Lebensende die Szene mit Billings Frau nicht vergessen, als sie ihm vier Tage nach Rocks Verschwinden erzählt hatte, daß sie ein Kind von Rock erwartete. Ein Kind, das nun ohne Vater aufwachsen würde. Eine Frau, die am Beginn ihres Lebens schon den ge-.liebten Mann verlor…
Bexter spürte, daß er das Spiel nicht auf die Spitze treiben durfte. Als O'Brien ihn fragte:
»Haben Sie mit Billing gesprochen?« Da sagte er unumwunden:
»Ja. Ich habe mit ihm gesprochen.«
»Okay. So können wir uns schon eher einig werden. Was haben Sie mit ihm gesprochen?«
»Keine Ahnung. Belangloses Zeug.« Die Antwort war viel zu hastig gekommen, als daß sie hätte wahr sein können, darüber war sich O'Brien sofort klar.
»So«, grollte er wieder. »Belangloses Zeug. Mir haben aber Augenzeugen — oder soll man in diesem Fall besser sagen: Ohrenzeugen? — genau den Inhalt dieses Gespräches wiedergegeben!« Bexter schluckte.
»So? Ich — ich kann mich wirklich nicht mehr so genau erinnern.«
O'Brien nickte und stand auf.
»Okay«, sagte er. »Kommen Sie mit.«
»Wohin?«
O'Brien sagte gleichmütig:
»Wir haben Billings Leiche gefunden. Sieht verdammt widerlich aus nach der Behandlung, die man ihm angedeihen ließ. Wir werden Sie der Leiche gegenüberstellen. Und ich werde Sie Auge in Auge mit dem toten Rock Billing verhören, und wenn es zehn Stunden dauern sollte. Wollen doch sehen, ob Ihr Erinnerungsvermögen dann aufgefrischt wird!«
Bexter zitterte in den Knien. Wie fast alle Fettleibigen war er sensibel, und seine Phantasie malte ihm jetzt eine grauenhafte Szene vor Augen, der seine Nerven einfach nicht gewachsen waren.
»No!« rief er gellend. »Mir fällt ja ein, was ich mit Billing gesprochen habe! Wirklich, ich weiß es schon wieder!«
»Na los!« brüllte O‘Brien. »Oder glaubst du verkommener Fettsack, ich habe meine Zeit gestohlen?«
Bexter begann stockend zu berichten. Er gab den Inhalt seines Gespräches mit Rock Billing ziemlich wirklichkeitsgetreu wieder. O‘Brien hörte sich alles schweigend an. Als Bexter geendet hatte, schoß er seinen großen Bluff ab.
»Wir haben eine gewisse Telefonleitung
Weitere Kostenlose Bücher