0099 - Die Lava-Falle
typisch Jane.« Bill grinste mir zu, während er ganz im Stil der italienischen Fahrer den Lamborghini durch die schmalen Straßen jagte. »Sie hat sich an Mr. Brook gewandt und ihm erklärt, daß seine Tochter in Gefahr ist. Was ja auch stimmt. Er hat ihr daraufhin sein Privatflugzeug zur Verfügung gestellt.«
»Um so besser«, murmelte ich und preßte die Hände gegen die Schläfen. Mein Kopf schien sich zu überlegen, ob er nicht doch Platzen solle. Außerdem war ich fast am ganzen Körper von meinem Sturz auf dem Lavafeld zerschunden.
Es war Sonntag. Der Feierabendverkehr entfiel. Daher kamen wir rasch voran und erreichten gegen sieben Uhr den Domplatz. Bill hielt vor der breiten Marmortreppe, die zum Haupteingang hinaufführte.
»Bleib hier, John«, riet er mir. »Ich hole die vier zum Eingang.«
Ich nickte und lehnte mich zurück, um Kräfte für den bevorstehenden Kampf gegen Surtur zu sammeln. Doch mit dem Sammeln war es nicht weit her, denn schon nach fünf Minuten kam Bill zurück. An seinem bestürzten Gesicht merkte ich, daß etwas geschehen war.
»Sie sind weg!« rief er und stürmte um unseren Wagen herum. »Sie sind getürmt! Niemand weiß, was aus ihnen geworden ist!«
Ich ballte die Fäuste. »Diese unvernünftigen…«, murmelte ich. Was sollten wir nur tun? Offenbar war es den vier Freunden zu langweilig geworden. Oder sie fürchteten sich vor den Leuten, die wir überall auf Straßen und Plätzen beisammenstehen gesehen hatten.
»Die Carabinieri wollen nichts bemerkt haben.« Bill deutete quer über den Platz. Dort stand einer der sandbraunen Wagen mit dem Blaulicht auf dem Dach. Er setzte sich in Bewegung und rollte auf uns zu. »Das ist der Capitano.«
Der Polizeiwagen hielt neben uns. Capitano Alfieri lehnte sich weit aus dem Fenster.
»Wir haben eine Meldung von unseren Leuten auf dem Ätna erhalten!« rief er uns gehetzt zu. »Ein alter Lastwagen kommt auf der Bergstraße näher. Was sollen wir tun, Signor Sinclair? Aufhalten, wie Signor Conolly gewünscht hat?«
»Errichten Sie eine Straßensperre«, rief ich zurück, während Bill bereits den Motor anließ. »Aber Ihre Leute sollen sich zurückziehen. Auf keinen Kampf einlassen!«
Während der Capitano zum Mikrofon seines Funkgeräts griff, legte Bill einen Schnellstart auf die altehrwürdigen Steinplatten vor dem Dom.
»Wieso bist du so sicher, John, daß in dem Lastwagen unsere Gegner sitzen?« rief er.
»Glaubst du, daß jemand freiwillig da hinauffährt?« Ich deutete auf den dunklen Kegel des Ätna, dessen Spitze in einer Dunstschicht verschwand. »Entweder stehen die Insassen in Surturs Bann, oder es sind Dämonen! Gib Gas, Bill! Es geht um jede Sekunde!«
***
Die vier Freunde kauerten apathisch auf der Ladefläche des alten Lastwagens. Sie wurden hin und her geworfen und mußten sich mit Armen und Beinen abstützen, sonst wären sie gegen die Seitenwände geprallt.
Jean hatte es wieder am schlimmsten erwischt. Der Zusammenprall mit der magischen Sperre war nicht ohne Folgen geblieben. Er hatte die Augen geöffnet und hielt sich auch wie seine Kameraden fest, aber er war nicht ansprechbar. Stumpf stierte er auf seine Schuhspitzen.
Sogar Elena, die sonst am meisten Energie entwickelt hatte, wußte sich keinen Rat mehr. Sie war davon überzeugt, daß sie alle verloren waren. Verloren und gefangen in Pat Willards Klauen, die aus der Lava zurückgekommen war, um ihre ehemaligen Freunde in den Tod zu führen.
Frank Fairfax erlebte alles wie einen bösen Traum. Er starrte auf die blonden, angesengten Haare, das einzige, was er von Pat Willard in dem Führerhaus erkannte. Wie war es möglich, daß Pat am Steuer saß, obwohl sie vor seinen Augen in der Lava versunken war?
Lizzy Brook hob nur den Blick, als dicht über ihren Köpfen ein Flugzeug vorbeidonnerte. Für einen Moment hoffte sie, die Polizei oder sonst jemand wäre zu ihrer Rettung gekommen, doch die kleine Privatmaschine zog nur eine Schleife und drehte in Richtung Catania ab.
Irgend etwas in Lizzy Brooks Erinnerung meldete sich, aber sie kam nicht darauf, daß es das Flugzeug ihres Vaters war, und daß der Pilot von seinen Passagieren die Anweisung zu dieser Schleife um den Ätna erhalten hatte, konnte sie nicht einmal ahnen.
Elena sah es zuerst. Sie richtete sich auf die Knie auf, stützte sich am Fahrerhaus ab und deutete aufgeregt nach vorne.
»Polizei!« rief sie mit vor Aufregung heiserer Stimme. »Carabinieri! Sie haben eine Straßensperre
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