0099 - Gangster, Erben und Verwandte
die Menschheit selbst,«
»Nun erzähl doch weiter. Jerry!« drängte Phil.
Ich nickte. Langsam spürte ich, wie die letzten Spritzen wirkten, die mir der Arzt verabreicht hatte.
»Man spielte sogar noch mit einer äußerst raffinierten Möglichkeit! Von Blewfields Herzkrankheit wußten sie alle. Daß es der Neffe bestritt, war seine größte Dummheit. Vielleicht sagten sie sich: die Nachricht von dem Tode seiner Frau dürfte zumindest einen schweren Schlaganfall bei ihm auslösen. Aber es kam ja für sie noch besser. Blewfield bekam einen Herzschlag, als er hörte, daß seine Frau tot sei. Nun war den skrupellosen Burschen der Weg klar vorgezeichnet. Jetzt mußte noch Blewfields Stiefbruder und sein wirklicher Bruder ermordet werden, dann konnten sie sich in das Vermögen von vier Millionen Dollar teilen.«
»Um Gottes willen!« rief Phil. »Dann ist doch Blewfields wirklicher Bruder in höchster Lebensgefahr!«
»No«, sagte ich. »Ich habe den alten Herrn schon in Sicherheit gebracht. Er verstand sehr schnell den Zusammenhang. Im Augenblick dürfte er in Yonkers bei seinem Freund ruhig schlafen.«
»Woher weißt du das alles bloß?« fragte Phil.
Ich grinste.
»Einiges habe ich selbst erkundet. Eine ganze Menge hörte ich heute im Getreidespeicher, bevor ich eins auf den Schädel bekam. Und ein bißchen habe ich mir zusammengereimt.«
»Aber warum hast du nichts davon erzählt!« rief Phil leicht verärgert. »Wir hätten die Burschen doch längst festnehmen können!«
Ich lächelte nachsichtig.
»Mein lieber Phil! Zu einer Verhaftung und gar vor einem Gericht braucht man sehr stichhaltige Beweise! Und damit sieht es leider ziemlich dürftig aus. Ich habe mir aber einen Plan zurechtgelegt, wie wir die Burschen allesamt hereinlegen können.«
»Und wie stellst du dir das vor?«
Ich richtete mich auf. Mein Schädel brummte noch ein bißchen, aber die Spritzen unseres braven Doc halfen doch sehr.
»Wenn ihr Lust habt«, sagte ich nach einem kurzen Blick auf die Uhr, »dann können wir die Sache jetzt steigen lassen.«
Sie rückten näher und sahen mich gespannt an. Es war zwei Minuten vor Mitternacht, und das war meiner Meinung nach ungefähr die richtige Zeit.
***
Gordon sah auf seine Uhr.
Fünfzehn Minuten nach Mitternacht.
Er stieg aus und sah sich um, Die Straße lag völlig verlassen. Weit hinten brannte auf der Brücke hinüber nach Randalls Island eine Laterne. Ihr Schein reichte nicht bis hierher.
Langsam ging er den Weg zu dem Häuschen hinunter.
Immer wieder blieb er stehen und rief:
»Hay, Rocky! Rocky, ich bin’s - Bill!«
Aber er war schon unten am Zaun des Grundstückes angekommen und hatte noch immer keine Antwort erhalten.
Vorsichtig schritt er am Zaun entlang. Als vor ihm eine Buschgruppe aus der Dunkelheit auftauchte, rief er wieder:
»Hay, Rocky! Ich bin’s, Bill!«
Diesmal hatte er Erfolg.
Die Büsche raschelten, Äste knickten und zwei Gestalten kamen heraus.
»Was ist los?« fragte Rocky Black.
Richard W. Gordon atmete erleichtert auf. Er hatte schon gefürchtet, Black könnte ihn in der Finsternis mit dem Mann verwechseln, den er umbringen sollte.
»Du brauchst nicht länger zu warten«, sagte Gordon. »Er ist nicht da und wird heute nacht bestimmt auch nicht mehr kommen.«
»Verdammt!« fluchte der Gangster. »Wie lange soll ich denn auf den Alten noch warten?«
»Überhaupt nicht mehr«, sagte Gordon. »Ich habe herausgefunden, wo er ist.«
»Nämlich?« fragte Black knapp.
»Ich dachte mir, wenn er verreist wäre, könnte er sich vielleicht von der Post seine Briefe nachschicken lassen. Also habe ich mich bei der Post erkundigt. Als' ich sagte, daß ich mit ihm durch die Heirat meiner Schwester verwandt wäre, sagten sie es mir. Er wohnt in Yonkers bei einem Freund. Ich habe die Adresse.«
»Dann nichts wie los!« sagte Black. »Ich möchte die Geschichte endlich hinter mir haben.«
Zu dritt kletterten sie in Gordons Cadillac. Wenig später waren sie bereits unterwegs nach Yonkers.
***
»Mrs. Gordon.«
»Hier ist ein Kollege Ihres Mannes vom Sunday Report«, sagte ich. »Ich möchte gern Ihren Mann sprechen, Mrs. Gordon.«
»Tut mir leid, Mister. Mein Mann ist noch in der Redaktion. Jedenfalls ist er noch nicht zu Hause.«
»Welche Redaktion macht er denn jetzt?« fragte ich.
»Ich denke, Sie sind ein Kollege meines Mannes?« erwiderte sie mißtrauisch.
»Ja«, sagte ich. »Aber ich habe ihn ein halbes Jahr lang nicht gesehen. Ich war im
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