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0099 - Hexennacht

0099 - Hexennacht

Titel: 0099 - Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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Kampf gegen Dämonen. Das Amulett war aus ziseliertem Silber angefertigt. In der Mitte befand sich ein Drudenfuß, kreisförmig darum geordnet die zwölf Tierkreiszeichen. Den äußeren King bildete ein schmales Silberband mit Zeichen und Hieroglyphen, die Zamorra noch nie hatte entziffern können. Das Schmuckstück war das Erbe von Zamorras unglücklichem, fluchbeladenen Vorfahren Leonardo de Montagne, und hatte Zamorra schon oft im Kampf gegen die Mächte der Finsternis beigestanden — ja, ihm schon mehrfach das Leben gerettet.
    »Du wirst das Amulett diesmal nicht mehr brauchen«, sagte Nicole verliebt. Sie, die faszinierende Frau mit den tausend Gesichtern, war schon längst nicht mehr nur Zamorras Sekretärin.
    »Wo können sie sein?« murmelte der Professor und legte seine Arme auf Nicoles Schultern. »So ein ungestörtes alles Gebäude finden sie nicht mehr so leicht.«
    »Ach, sie werden sich in die Berge verkrochen haben«, sagte Nicole leichthin. »Vielleicht sind sie nach Virginia City gezogen, in die alte Geisterstadt? Dort finden sie bestimmt ihresgleichen in Massen.«
    Sie wollte einen Scherz machen, doch Zamorra ging nicht darauf ein. »Wo denkst du hin!« sagte er ablehnend. »Bei dem Touristenrummel? Alle wollen doch die Reste der Goldgräberstadt besichtigen, das weißt du. Nein, das Verschwinden der Dämonen muß einen anderen Grund haben.«
    Er zog Nicole in das Hauptgebäude der Ruine und blieb mit ihr in der großen Empfangshalle stehen, die früher sicher einmal sehr pompös und bombastisch gewesen war.
    Da zuckten sie zusammen. Sie hörten über ihren Köpfen ein Geräusch und erschraken.
    Auf einem Steinsims hockte eine kleine Gestalt mit zerfetzter Scout-Uniform.
    Das Gesicht des Jungen war graublaß. Aber er lebte. Seine Augen waren weit aufgerissen.
    Nicole und Zamorra brauchten nur einen tiefen Atemzug, dann begannen sie zu laufen. Nicole enterte die Treppe, die nach oben führte und noch ganz gut intakt war, während Zamorra Anlauf nahm und sich an einer Holzsäule hochrangelte, von dort auf die Balustrade zum ersten Stockwerk überstieg und sich nun auf einem schmalen Vorsprung langsam zu dem Jungen hinübertastete.
    Bibbernd sah der kleine Scout den Rettungsversuchen zu. Er schielte zu Nicole hinüber, die unschlüssig an der Treppe stehengeblieben war, und dann zu Zamorra, der ihm schon deutlich nähergekommen war.
    »Nein«, flüsterte der Kleine. »Ich… ich habe solche Angst.«
    Da wußte Nicole, was ihre Aufgabe war.
    »Draußen scheint die Sonne, Scout«, rief sie lachend. »Hast du heute schon deine gute Tat getan? Kopf hoch. Wir sind hier, um dich zu deinen Eltern zu bringen. Sie stehen draußen und wollen dich nach Hause holen.«
    Die Mundwinkel des Pfadfinders zogen sich bedenklich nach unten.
    »Wie heißt du eigentlich?« fragte Nicole. Sie mußte dem Jungen die Angst nehmen, sonst würde es Zamorra schwer haben, ihn von dort oben herunterzuholen.
    »Ich heiße Smith. Ken Abraham Smith«, stotterte der Kleine.
    »Ken, also paß auf! Wir holen dich da oben herunter. Allein schaffst du es nicht. Draußen steht euer Rover Micky Pool und die anderen Wölflinge. Die werden Augen machen, wenn du auf einmal vor ihnen stehst.«
    Ken Smith heulte los.
    Da war Zamorra schon bei ihm angelangt. Er hob ihn vom Sims auf seine muskulösen Arme und begann mit dem Rückweg.
    »Na, weine dich nur ruhig aus. Ich hätte an deiner Stelle auch Angst gehabt!« tröstete er.
    »Ich weine doch nicht aus Angst«, japste Ken. »Sondern, weil ich solchen Hunger habe…«
    Er preßte das nasse Gesicht an Zamorras Schulter. Zamorra tat den letzten großen Schritt, erreichte Nicole und atmete auf. »Das war knapp«, murmelte er.
    ***
    Die Sensation war perfekt. Ken Smith wurde angestaunt wie ein Weltwunder, als er mit Zamorra und Nicole Duval ins Freie trat.
    Seine Eltern weinten Freudentränen. »Du lebst, Darling. Du stehst hier vor uns, leibhaftig…« schluchzte seine Mutter.
    Ken gewöhnte sich schnell an die Rolle, im Mittelpunkt zu stehen.
    Als die erste Aufregung abgeebbt war, gelang es Zamorra, gezielte Fragen zu stellen. Er galt jetzt nicht mehr als ›Spinner‹ bei den Leuten, sondern man achtete ihn als Lebensretter von Ken.
    Zamorra zog den Jungen neben sich. Und bald war der Scout von seiner Erinnerung an die vergangene Nacht so gefesselt, daß er nicht bemerkte, wie groß die Zuhörerschaft war. Die Leute standen im Halbrund herum und lauschten dem Gespräch zwischen ihm und Professor

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