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01 Arthur und die vergessenen Buecher

01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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schnell auf der Straße um, aber niemand schien uns bemerkt zu haben. Schnell folgten Gerrit und ich ihr in einen langen, hohen Hausflur. Von der Straßenlaterne vor der Tür fiel nur ein schwaches Licht herein.
    Larissa packte ihr Werkzeug wieder in das Etui zurück. »Wir hatten Glück, das war ein einfaches Schloss. Eine Spezialanfertigung hätte länger gedauert.«
    Sie steckte das Etui weg, holte stattdessen eine kleine Taschenlampe hervor und knipste sie an. Vor uns lag die Treppe. Schnell huschten wir die Stufen empor. Im ersten Stock fanden wir zwei verschlossene Türen vor. Die eine führte zu einem Anwaltsbüro, wie ein goldenes Firmenschild verkündete. Die andere Tür war nicht gekennzeichnet; lediglich ein kleines Schild auf der Klingel trug die Inschrift Stichting Sassinger .
    Auch diese Türe war verschlossen. Larissa rüttelte kurz am Griff. Dann klemmte sie die Taschenlampe zwischen die Zähne und holte aus der anderen Tasche eine weiße Plastikkarte mit einem runden Griff an einer Seite. Während sie mit der linken Hand behutsam am Türgriff zog, steckte sie mit der Rechten die Karte oberhalb des Griffes in den schmalen Schlitz zwischen Tür und Türrahmen. Langsam zog sie die Karte nach unten. Als sie mit der Karte kurz unterhalb des Türgriffs angekommen war, gab sie der Tür einen Stoß und sie sprang auf.
    »Was war das denn?«, fragte ich, als wir im Wohnungsflur standen und die Tür hinter uns geschlossen hatten.
    »Das nennt man eine Türfallenöffnungskarte«, erklärte Larissa. »Sie gehört zur Standardausrüstung der Sportsfreunde. Sehr praktisch, wenn mal die Haustür hinter dir zufällt und du deinen Schlüssel vergessen hast.«
    Meine Hochachtung vor ihr wuchs. Bislang hatte ich ihre Basteleien und Experimente immer als merkwürdigen Spleen abgetan. Ihre Fähigkeiten beim Schlossknacken belehrten mich eines Besseren. Vielleicht hätte ich ihr in den letzten Jahren doch besser zuhören sollen.
    Die Luft in der Wohnung war muffig, so wie Räume riechen, die schon ewig nicht mehr gelüftet worden sind. Vom Flur aus gingen zwei Türen nach rechts und zwei nach links ab.
    Larissa zog eine zweite Taschenlampe aus ihrer Umhängetasche und drückte sie mir in die Hand. »Wir teilen uns auf, dann geht es schneller. Du nimmst die Türen rechts, Gerrit und ich die auf der linken Seite.«
    Das gefiel mir nun gar nicht: allein im Dunkeln durch eine verlassene Wohnung zu gehen, die vorher von einem wahnsinnigen Kabbalisten bewohnt worden war. Wer weiß, welche unangenehmen Überraschungen mich da erwarteten.
    Ich kam aber gar nicht dazu, irgendwelche Einwände zu äußern, denn Larissa und Gerrit verschwanden hinter ihrer ersten Tür. Schnell knipste ich meine Taschenlampe an und öffnete widerwillig die Tür zu meiner Rechten.
    Ein infernalischer Gestank von Fäulnis und Verfall schlug mir wie eine Welle entgegen. Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück, um nach Luft zu schnappen. Im Zimmer auf der anderen Flurseite hörte ich Gerrit und Larissa leise miteinander reden.
    Beim zweiten Versuch klappte es etwas besser. Ich hielt mir die Nase zu und atmete nur durch den Mund. Die Quelle des Geruchs war schnell gefunden. Der Lichtstrahl meiner Taschenlampe fiel auf einen großen Tisch in der Mitte des Raums, der aussah, als sei er mitten in einem Festmahl von allen Teilnehmern fluchtartig verlassen worden – und das schon vor langer, langer Zeit.
    Am Tisch waren acht Plätze eingedeckt. Das Essbesteck war achtlos auf oder neben die Teller geworfen, die teilweise noch komplett mit Essen gefüllt waren. Oder besser: mit dem, was vor langer Zeit einmal Nahrungsmittel gewesen sein mochten. Die Reste waren von einer grüngrauen pelzigen Schicht überzogen, die sich über die Tellerränder hinaus auf den Tisch ausgebreitet hatte. In der Mitte der Tafel standen mehrere dickbauchige Porzellanschalen, aus denen es ebenfalls haarig hervorwucherte.
    Zwischen den Tellern lagen umgestürzte Gläser, deren Inhalt schon lange vertrocknet war, jedoch große dunkle Flecken auf dem Tischtuch hinterlassen hatte. Die Stühle waren achtlos vom Tisch zurückgeschoben worden; zwei von ihnen lagen am Boden.
    Was war hier geschehen? Aus welchem Grund hatte das Mahl so ein abruptes Ende gefunden? Und warum hatte niemand etwas angerührt, sondern alles so gelassen wie zu jenem Zeitpunkt, als die Gäste geflohen waren?
    Mir lief ein Schauer den Rücken herunter. Langsam ließ ich den Schein der Taschenlampe kreisen, fand

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