01 Arthur und die vergessenen Buecher
Wissen der Bewahrer für die Nachwelt zu erhalten. Und dieses Wissen ist im Register von Leyden niedergeschrieben. Leider ist er überraschend ums Leben gekommen und konnte mir das Versteck des Registers nicht mehr mitteilen.«
Ich stutzte. »Wieso dir? Das war doch vor beinahe hundert Jahren!«
Gerrit machte ein verdutztes Gesicht. »Habe ich mir gesagt? Das ist natürlich Unsinn, ein dummer Versprecher.« Er lachte und setzte wieder sein typisches Strahlen auf. »Ihr wisst schon, wie ich das gemeint habe.«
Woher sollte ich wissen, was er gemeint hatte? Ich kannte ihn gerade mal seit einem Tag. Aber eines hatte ich bereits begriffen: Er war nicht der Typ für Versprecher.
»Das bedeutet, wir müssen zunächst nach dem Register von Leyden suchen?«, unterbrach Larissa meinen Gedankengang.
Gerrit nickte. »Das ist der erste Schritt. Wie gesagt, im Register sind die Verstecke aller Vergessenen Bücher notiert. Auch wenn die Hinweise in verschlüsselter Form abgefasst sind – es darf niemals einem Sucher in die Hände fallen, ebenso wenig wie die Vergessenen Bücher selbst.«
Ich stutzte. »Verschlüsselt? Verstehe ich das richtig? Selbst wenn wir das Register finden sollten, beginnt unsere Suche wieder von vorn?«
»Die Bewahrer waren groß im Verstecken«, grinste er. »Deshalb gelingt es den Suchern ja so selten, die Spur eines Buches aufzunehmen. Leider bedeutet das auch für uns, dass wir uns dieser Mühsal unterziehen müssen.«
»Klasse«, stöhnte ich. »Das ist wie mit den russischen Puppen: Hast du eine geöffnet, verbirgt sich darin die Nächste. Und darin wieder die Nächste. Und immer so weiter.«
»Aber irgendwann kommt man auch mal ans Ende«, sagte Larissa.
»Bei den russischen Puppen vielleicht. Aber bei den Vergessenen Büchern?«
Einen Moment lang sahen wir uns stumm an.
»Ich brauche jetzt erst mal eine Cola«, brach ich das Schweigen. »Hier um die Ecke war doch ein kleines Café – was haltet ihr davon, wenn wir unsere Diskussion da fortführen?«
»Welche Diskussion?« Gerrit grinste immer noch, und Larissa fing jetzt auch damit an. Sollte sie doch mit ihm die Suche fortführen! Aber diese Vorstellung war mir auch nicht besonders sympathisch. Also verkniff ich mir meinen Kommentar und folgte den beiden zur Tür hinaus.
Das Haus mit den Blutflecken
Es war etwa halb elf Uhr abends, als wir wieder vor dem Haus Amstel 216 standen. Inzwischen war es dunkel geworden. Ein schmaler heller Streifen am Horizont war alles, was vom Tag noch übrig war. Auch im Haus war kein Licht zu sehen. Ich rüttelte an der Tür, aber sie war natürlich geschlossen.
»Zum Glück bin ich seit zwei Jahren Mitglied bei den Sportsfreunden der Sperrtechnik «, sagte Larissa.
Gerrit und ich blickten sie verständnislos an.
»Wir knacken Schlösser als Sport. Richtig mit Meisterschaften und so«, erklärte sie.
»Panzerknacker also«, grinste ich.
»Gar nicht – es ist rein sportlich. Wir müssen uns verpflichten, nur Schlösser zu öffnen, die uns gehören oder zu denen man uns die Erlaubnis gegeben hat.«
»Dann brichst du jetzt dein Versprechen«, konstatierte Gerrit.
Larissa nickte. »Weil es nötig ist. Und weil ich weiß, dass ihr es keinem verraten werdet. Denn sonst fliege ich bei den Sportsfreunden raus.«
Sie zog ein schwarzes Lederetui aus einer der Taschen ihrer Cargohose und schüttete den Inhalt in ihre andere Hand. Es war eine Reihe von Stäben mit unterschiedlichen Spitzen. Manche endeten in einer Schlangenlinie, manche sahen aus wie ein Löffel oder ein Dreieck. Auch einige pinzettenähnliche Geräte waren darunter.
»Ihr deckt mich«, sagte Larissa. Wir stellten uns hinter sie und taten so, als würden wir uns unterhalten. Zum Glück befanden sich gerade keine Passanten in der Nähe. Nur ab und an fuhr ein Auto vorbei, dessen Insassen uns jedoch keine Aufmerksamkeit schenkten.
Larissa wählte zwei der Werkzeuge aus und packte den Rest wieder in das Etui. Dann führte sie den vorne gebogenen Stab vorsichtig in das Schloss ein. Sie hielt ihn mit der linken Hand fest, während sie mit der rechten ein Werkzeug mit schlangenförmiger Spitze in die Schlossöffnung drückte. Nach einem kurzen Moment des Herumtastens machte sie mit dem rechten Werkzeug ein paar schnelle Auf- und Abbewegungen, drehte die linke Hand und klack! – die Tür öffnete sich.
Sie zog ihre Werkzeuge aus dem Schloss und schob die Tür ganz auf.
»Bitte sehr«, grinste sie uns an. Ich blickte mich noch einmal
Weitere Kostenlose Bücher