01 Arthur und die vergessenen Buecher
hineinfalten konnte. Selbst Larissa und ich hatten ja schon Probleme beim Einstieg, und wir waren deutlich kleiner als er.
Jan sah noch ziemlich mitgenommen von dem Überfall aus. Sein rechtes Auge war blau angeschwollen.
»Das ist in zwei Tagen wieder weg«, winkte er ab, als ich ihn darauf ansprach. »Karel hat es etwas ärger erwischt.«
In der Tat konnte sich van Wolfen nur mithilfe eines Gehstocks bewegen, und das auch nur ausgesprochen langsam. Immer wieder hielt er sich die Seite, wo ihn Sams Tritte getroffen hatten.
»Ein paar blaue Flecken und Prellungen, mehr nicht«, beruhigte er uns zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Es fühlt sich schlimmer an, als es ist.«
Als ich zum Packen auf mein Zimmer ging, starrte mir meine große Sporttasche bereits hämisch entgegen. Wollte ich cool sein oder eine angenehme Reise haben? Die Frage war schnell beantwortet.
Ich lief die Treppe hinab und fragte Jan, ob er mir eine Tasche oder einen kleinen Koffer leihen könne. Wenig später stand ich wieder in meinem Schlafraum – mit einem Rollkoffer ähnlich dem Larissas.
Ein letztes Mal versammelten wir uns in der Küche. Van Wolfen telefonierte gerade mit dem Bücherwurm und erzählte ihm von unseren Reiseplänen. Jetzt wollte der Bücherwurm natürlich auch mit uns noch sprechen. Van Wolfen reichte mir den Hörer.
»Karel hat mir gesagt, ihr hättet das Register bei diesem Gerrit gelassen. Bist du überzeugt davon, dass es dort auch sicher ist?«
Ich brauchte nicht lange zu überlegen. »Einen sichereren Ort gibt es nicht. Die Slivitskys werden es dort nie finden.«
Er seufzte. »Nun gut, ich verlasse mich ganz auf dein Urteil. Mir wäre es allerdings lieber, es befände sich in Karels Händen.«
Ich vermied es, ihn darauf hinzuweisen, wo das Register jetzt wäre, wenn es sich in van Wolfens Händen befunden hätte: nämlich im Besitz der Slivitskys. Etwas anderes interessierte mich auch viel mehr: »Haben Sie jemals etwas darüber gelesen oder gehört, wie neue Bewahrer ausgewählt werden?«
»Nur Gerüchte«, erwiderte der Bücherwurm. »Es heißt, alle würden von den ersten Bewahrern in Córdoba abstammen. Das scheint eine der Voraussetzungen zu sein. Aber ob das stimmt und ob das als Qualifikation ausreicht, kann ich nicht bestätigen.«
»Also kennen Sie auch die Regeln nicht, die für neue Bewahrer gelten?«
»Regeln? Ich wusste bislang gar nicht, dass es solche Regeln gibt.« Ich war mir nicht ganz sicher, aber ich fand, dass sich seine Antwort nicht ehrlich anhörte. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er immer noch etwas vor uns verheimlichte.
»Arthur«, wechselte er das Thema. »Wenn ihr das Buch der Antworten gefunden habt, dann möchte ich, dass ihr es sofort zu mir bringt.«
Er bemerkte wohl mein Zögern, deshalb setzte er noch einmal eindringlich nach: »Gerrit hat das Register, gut und schön. Aber das Buch der Antworten ist ein anderes Kaliber. Es enthält geheimes und gefährliches Wissen und darf nicht in die falschen Hände geraten.«
»OK«, beruhigte ich ihn, allerdings ohne große Überzeugungskraft. »Wir müssen das Buch sowieso erst einmal finden, bevor wir es irgendwo abliefern können.«
Er gab mir noch ein paar gute Ratschläge für Bologna und Grüße an seinen Freund Montalba mit auf den Weg, bevor wir uns verabschiedeten. Ich reichte den Hörer an Larissa weiter. Auch sie wurde von ihm noch einmal bearbeitet.
Schließlich war das Telefonat beendet. Jan hatte, während wir packten, noch einmal sein Appelgebak gezaubert und für jeden von uns ein Fresspaket vorbereitet. Zum vorerst letzten Mal saßen wir gemeinsam um den Küchentisch. Jan schob uns unsere Fahrkarten zu. »Im Liegewagen war bereits alles ausgebucht«, erklärte er. »Ihr müsst also mit dem Sitzabteil vorlieb nehmen.«
»Ihr werdet in Bologna bei Giovanni Montalba übernachten«, ergänzte van Wolfen. »Er ist ein alter Freund von Johann und mir und wird euch am Bahnhof abholen. Eure Ankunftszeit haben wir ihm bereits mitgeteilt. Zur Sicherheit habe ich euch aber noch einmal seine Anschrift und seine Telefonnummer aufgeschrieben.«
Er legte einen Zettel auf die Fahrkarten. Ich packte den kleinen Stapel sorgfältig in meine Umhängetasche.
»Die Frage ist: Was haben die Slivitskys als Nächstes vor?«, sagte Jan.
»In den Buchladen werden sie nicht mehr kommen«, vermutete ich. »Sie wissen ja jetzt, dass sie das Register hier nicht finden werden.«
»Aber deshalb werden sie die Suche
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