01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk

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Wachmann saßen.
    »Die Bibliothek des Archiginnasio umfasst 850.000 Bände, davon allein über 15.000 aus dem 16. Jahrhundert. Hinzu kommen 8.500 Handschriften, 15.000 Zeichnungen und 10.000 Schnitte.« Montalba hatte die Zahlen mit sichtlichem Stolz auswendig heruntergerattert.
    »Können wir uns die Bibliothek einmal ansehen?«, fragte ich die Frau in gebrochenem Italienisch.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das geht nur mit einem Benutzerausweis.«
    »Können wir den hier irgendwo bekommen?«
    Sie wirkte leicht genervt. Wahrscheinlich bekam sie diese Fragen mehrmals am Tag von Touristen gestellt.
    » No , das ist nicht möglich. Das dauert in der Regel eine Woche.«
    Ich übersetzte die Auskunft für Larissa. Das kam unserem Plan überhaupt nicht entgegen – sofern von einem Plan überhaupt die Rede sein konnte. Wie sollten wir das Buch der Antworten finden, wenn wir die Bibliothek nicht betreten durften?
    Die Haarlem-Methode würde hier nicht funktionieren, das sahen wir sofort. Überall waren Kameras angebracht, und es gab keinen Ort, an dem man sich verstecken konnte.
    Wir entschieden uns dafür, da wir nun schon einmal hier waren, uns ein wenig in den frei zugänglichen Fluren umzusehen. Neben den Wappen schmückten große Gemälde die Wände. Ein Wegweiser führte uns zu einer der Sehenswürdigkeiten des Archiginnasio, dem ehemaligen Anatomiesaal. Das war ein großer Raum mit Holzfußboden, Holzwänden und einer Holzdecke. Decke und Wände waren mit geschnitzten Statuen und Skulpturen verziert. In der Mitte des Raumes befand sich ein weißer Seziertisch, um den herum mehrere Reihen von Sitzbänken angeordnet waren. Sogleich schossen mir die wildesten Fantasien durch den Kopf.
    »Hier haben sie früher also die Leute aufgeschnippelt«, sinnierte Larissa.
    »Etwas mehr Respekt, bitte«, ermahnte ich sie.
    Sie schielte zu mir herüber. »Seit wann bis du denn so empfindlich?«
    »Ich bin nicht empfindlich«, gab ich zurück. »Mir ist die Vorstellung nur unangenehm, auf so einem Tisch vor lauter Zuschauern zu liegen und ausgenommen zu werden.«
    »Aber die Leute waren doch tot«, wandte sie ein.
    »Früher wurden Leute für tot gehalten, auch wenn sie noch lebten«, erklärte ich. »Stell dir vor, du liegst nur im Koma und landest dann hier unter dem Messer.«
    Larissa lachte. »Du hast eine schwarze Fantasie, Arthur!«
    »Lieber schwarz als ausgenommen«, grummelte ich. Larissa boxte mich freundschaftlich in die Seite, aber das heiterte mich nicht wirklich auf. Der Anblick des Saals deprimierte mich.
    Draußen saß eine grauhaarige Frau in blauer Bluse und blauem Rock hinter einem wackeligen Holztisch mit einem kleinen Stapel von Broschüren vor sich und wartete darauf, dass ihr jemand ein Exemplar abkaufte. In der Hoffnung, etwas mehr über den Archiginnasio zu erfahren, legte ich ihr die paar Euro auf den Tisch, die die Broschüre kostete. Mit einem dankbaren Lächeln sah sie mich an.
    Ich blätterte das kleine Heft durch, konnte aber nichts entdecken, was uns weitergeholfen hätte. Den größten Teil der Seiten nahm die Geschichte einzelner Wappen ein. Es gab weder einen Plan des Gebäudes noch Informationen über die Bibliothek.
    Ziemlich frustriert bummelten wir an einer Reihe von Glasvitrinen vorbei, die in einem langen, fensterlosen Gang aufgebaut waren und einzelne Exemplare aus der Bibliothek zur Schau stellten. Wir wollten gerade umkehren, als die Frau, von der ich den Prospekt gekauft hatte, herankam, einen großen Schlüsselbund in der Hand. Sie winkte uns ihr zu folgen und marschierte geradewegs zu der großen Doppeltür am Ende des Ganges.
    Sie suchte nach dem passenden Schlüssel, schloss die Tür auf und bat uns herein. Im Vorbeigehen drückte sie mir einen Computerausdruck in die Hand, in dem das, was sich uns hinter der Tür darbot, näher beschrieben wurde.
    Dies war der Sala dello Stabat Mater , der frühere Lesesaal der Juristen. Es handelte sich um einen gewaltigen Raum, bei dem jeder Quadratzentimeter Wand mit Wappen bedeckt war. An den Wänden zogen sich verglaste, mannshohe Bücherschränke entlang, die ohne Ausnahme mit alten Büchern gefüllt waren.
    Sollte dies ein Zeichen sein? Würden wir das Buch der Antworten in diesem Raum finden? Meine Frustration wich einer gespannten Erwartung. Larissa schien es ebenso zu gehen; zumindest wirkte sie plötzlich weitaus zuversichtlicher als noch vor wenigen Minuten.
    Wir schlenderten durch den Saal und taten so, als würden wir die Wappen