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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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größere. Ein Steinkreuz, in dessen Stamm eine madonnaähnliche Figur eingemeißelt war, schien die Häuser um sich zu scharen wie ein Prediger seine Gläubigen.
      Kincaid hielt den Wagen an und stieg aus. Der Regen war schon früher in einen feinen Sprühregen übergegangen, und nun hatte er ganz aufgehört. Kincaid ging um das Kreuz herum und musterte die ungewöhnliche Konstruktion. Es erinnerte ihn an ein traditionelles Marktkreuz, aber irgendwie hatte es etwas sehr Modernes. Vorn, am Fuß des Stamms, stand die Madonna gebückt unter einem spitzgiebeligen Dach. Hinten schien etwa auf halber Höhe der Säule eine größere, nicht erkennbare Figur zu schweben. Um den rechteckigen Sockel des Kreuzes zog sich eine Inschrift, und Kincaid las sie, während er noch einmal um das Kreuz herumging. »Fürwahr es ist die Sünde Quell all dieses Schmerzes. Aber alles wird gut werden und alles wird gut werden und alle Dinge jeglicher Art werden gut werden.«
      Kincaid kehrte zum Wagen zurück und drehte um. Als er wieder in Briantspuddle war, lenkte er den Midget an den Straßenrand und schaltete den Motor aus. Er stieg aus, streckte sich und hatte das Gefühl, die kühle Luft lege sich wie ein Gewand auf seine Haut. Erfrischt von der kühlen Stille, holte er einmal tief Atem.
      Ein schwaches rhythmisches Geräusch durchbrach die Stille, und Kincaid drehte sich langsam herum, um nach seiner Quelle zu suchen. Hinter einer Hecke aus blühenden Pflaumenbüschen und gelben Forsythien bewegte sich etwas. Kincaid ging einige Schritte näher und sah zuerst einen grauen Kopf, dann, noch etwas näher, eine ältere Frau, die im Gras kniete und mit einer kleinen Hacke ihr Blumenbeet jätete.
      Sie blickte auf, ohne Überraschung zu zeigen, und lächelte ihm zu. »Das muß man ausnützen«, sagte sie und wies mit dem Kopf zu den tiefhängenden grauen Wolken. »Lang wird das nicht halten.« Sie sprach kultiviert, mit einem nur leisen Anklang regionalen Dialekts.
      Kincaid schob seine Hände in die Taschen und lächelte sein gewinnendstes Lächeln. »Eine hübsche Rabatte.« Bei näherem Hinsehen entdeckte er, daß die Frau recht hinfällig wirkte, sicherlich schon über achtzig war. Sie hatte einen Tweedrock an und dazu ein Twin-Set unter einer alten Ol-jacke. Das dünne graue Haar hatte sie auf dem Kopf zu einem ordentlichen Knoten gedreht, und an den Füßen hatte sie nicht die erwarteten soliden Straßenschuhe, sondern neonfarbene Turnschuhe aus Kunststoff.
      Sie sah ihn stirnrunzelnd an, während sie seine Bemerkung erwog, und schüttelte schließlich den Kopf. »Nein, Sie müssen das hier sehen, wenn der Rhododendron blüht. Dann sieht es großartig aus. Das hier«, sie wies mit ihrer Hacke auf die Stiefmütterchen und Narzissen im Beet, »ist nur die Eröffnung des Schauspiels.«
      Kincaid lächelte diesmal ehrlich. Ihre ernsthafte Art gefiel ihm. Die Hände in den Gartenhandschuhen auf ihre Knie gestützt, sah sie zu ihm auf, und Kincaid kam zu dem Schluß, daß sie eine sehr schöne Frau gewesen sein mußte. Neugier spiegelte sich in ihren Augen, als sie ihn jetzt forschend betrachtete.
      »Sind Sie auf der Durchfahrt?« fragte sie und fügte hinzu: »Was für eine dumme Frage! Von Briantspuddle führt kein Weg irgendwohin.«
      »Nein, nicht direkt. Leben Sie schon lange hier?«
      »Kommt darauf an, was man lang nennt. Seit vor dem Krieg. Da hatte Briantspuddle seine Hochzeit, wissen Sie. Emest Debenham, der Kaufhauskönig, beschloß, aus dem Ort ein Modelldorf zu machen. Diese Häuser hier hat er entweder bauen oder restaurieren lassen.« Sie zog kokett eine Braue hoch. »Sie wissen doch wohl, von welchem Krieg ich spreche, junger Mann?«
      »Also, vom ersten bestimmt nicht. Den haben Sie sicher nicht erlebt.«
      »Jetzt schmeicheln Sie mir aber.« Mit einem Ächzen versuchte sie aufzustehen, und Kincaid reichte ihr eine helfende Hand. Sie nickte zum Dank.
      »Erinnern Sie sich an eine Frau namens May Dent?«
      Sie sah ihn überrascht an. »May? Aber natürlich. Wir waren jahrelang Nachbarinnen. Sie hat gleich da über der Straße gewohnt.«
      Kincaid drehte den Kopf. Das Haus stand etwas zurückgesetzt von der Straße am Ende eines von Sträuchern eingefaßten Wegs. Keine Blumen lockerten seine schwarz-weiße Strenge auf; die hohen Fenster unter dem strohgedeckten Dach blickten blind in die Landschaft und verliehen dem Haus etwas Geheimnisvolles.
      Er nahm seinen Dienstausweis

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