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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Augen zumache, sehe ich sein Gesicht vor mir. Sein dunkles Haar fühlt sich an wie Seide, wenn ich es streichle. Gestern abend haben wir uns, nachdem es dunkel geworden war, hinter dem Gemeindehaus getroffen. Es war Bingo-Abend. Ich konnte sie drinnen rufen hören, die Zahlen und die Buchstaben. >Jasmine?< sagte er immer mit diesem fragenden Unterton, so als könnte er nicht recht glauben, daß es mich gibt, und dann lächelte er. Aber es bleibt jetzt jeden Abend länger hell, und es gibt keinen Ort, wo wir uns treffen können. Tante May würde mich umbringen, wenn sie dahinterkäme. Und seine alte Mutter ist noch schlimmer. Sie sind beide so vertrocknet wie Dörrpflaumen und grün vor Neid.
      Aber ich habe schon eine Idee, und wenn ich sie ausführen kann, wird uns nie wieder etwas trennen.«
     
     

12
     
    Am nächsten Morgen regnete es wie erwartet. Kincaid spähte im grauen Licht angestrengt durch die Windschutzscheibe des Midget auf die Straße, während die Scheibenwischer sich in monotonem Klick-Klack hin und her bewegten. In Basingstoke war er vom M3 abgefahren und fuhr jetzt auf zweispurigen Landstraßen in westlicher Richtung Dorset entgegen.
      Der Entschluß, den er irgendwann beim Frühstück getroffen hatte, hatte ihn selbst überrascht. Er hatte von Jasmine geträumt - von dem leidenschaftlichen Mädchen aus den Tagebüchern, nicht von der Jasmine, die selbst von der Krankheit geschwächt ihre unerschütterliche Reserviertheit bewahrt hatte - und war mit einem Bild von ihr erwacht, wie sie in ihrer winzigen Mansarde saß und in ihr Tagebuch schrieb.
      Nach der Eintragung über den Jungen gab es eine Lücke, und als sie wieder zu schreiben begann, berichtete sie von einem Leben in London, Wohnungssuche, mühsame Eingewöhnung in eine neue Arbeit. Verglichen mit den früheren Einträgen waren diese merkwürdig emotionslos, als hätte sie das Tagebuch zu einem Logbuch trivialer Ereignisse degradiert.
      Von Müdigkeit übermannt, hatte Kincaid die Lektüre aufgegeben, aber schon beim Erwachen ertappte er sich dabei, daß seine Gedanken erneut um die Tagebücher kreisten. Er hatte nachgerechnet - Jasmine war zur Zeit jenes letzten Eintrags einundzwanzig Jahre alt gewesen, und sie erschien ihm seltsam unreif. Wenn er nicht gewußt hätte, daß sie Theo unterstützt hatte und mit allem fertiggeworden war, was das Leben von ihr verlangte, hätte er die Tatsache, daß sie bis zu ihrem zwanzigsten oder einundzwanzigsten Jahr sexuell völlig unerfahren geblieben war, vielleicht nicht so frappierend gefunden. Je mehr er jedoch darüber nachdachte, desto weniger verwunderlich fand er es. Obwohl in mancher Hinsicht weit über ihre Jahre hinaus reif, war Jasmine dennoch die Außenseiterin geblieben. Teenager-Flirts und rauhe Kumpel-haftigkeit waren gewiß ihre Sache nicht gewesen, und zur Erforschung der Welt auf eigene Faust bot ein kleines englisches Dorf wenig Raum.
      Hinter dieser unerwarteten Pilgerfahrt stand die Hoffnung, daß er in dem Weiler Briantspuddle Antworten finden würde - daß irgendeine Spur von Jasmine Dents Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter geblieben war.
      Tunnelartig führte die Straße zwischen mannshohen Hecken hindurch, so wellig und gewunden wie ein Kaninchenbau. Gelegentliche Lücken in den grünen Mauern zeigten nichts weiter als die schlammigen Höfe vereinzelter Gehöfte. Kincaid hatte sich die Karte noch einmal angesehen, als er zu einem schnellen Mittagessen in Blandford Forum haltgemacht hatte, aber jetzt begann er sich doch zu fragen, ob er den letzten Wegweiser richtig gelesen hatte. Im selben Moment überquerte die schmale Landstraße einen Bach, machte plötzlich einen scharfen Rechtsknick und katapultierte ihn auf einen freien Platz. Weiße Häuser gruppierten sich um eine Straßenkreuzung, an der ein Schild mit der Aufschrift »Briantspuddle« stand.
      Kincaid hielt an der Kreuzung an. Keine Kirche, kein Pub, kein Ort der Geselligkeit und des Austauschs, wie es schien. Das würde ihm die Arbeit erschweren. In der Hoffnung, doch noch einen Ort zu finden, an dem der Klatsch blühte, schlug er die westliche Abzweigung der Kreuzung ein.
      Ein paar hundert Meter weiter stieß er wiederum auf eine Gruppe von Häusern, noch kleiner als Briantspuddle. Die Häuser hier waren nicht weiß, sondern in blassen Farben gestrichen. Aus einigen Kaminen stiegen dünne Rauchfäden auf, sonst aber schien dieser Weiler so verlassen zu sein wie der andere,

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