01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
warten, bis ihr geöffnet wurde.
»Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich -« Die Frau an der Tür brach plötzlich ab und starrte Gemma mit offenem Mund an. Als sie sich wieder ein wenig gefaßt hatte, lächelte sie verlegen und sagte: »Entschuldigen Sie. Ich dachte, es wäre mein Freund. Wir hatten gerade Krach. Was kann ich für Sie tun?«
Durch die offene Tür konnte Gemma direkt in das Wohnzimmer sehen. Die eine Seite des Zimmers war mit Sofa, Sesseln, Fernsehgerät entsprechend eingerichtet; die andere Seite, mit Schreibtisch, Aktenschränken und Computer, diente offensichtlich als Büro.
»Bin ich hier richtig beim Heimpflegedienst?«
»Oh.« Die Stimme der Frau klang betroffen. »Ja, aber wir wickeln unsere Geschäfte größtenteils übers Telefon ab, deshalb habe ich nicht erwartet... wie Sie sehen können.« Sie zeigte auf ihre Jeans und die nackten Füße.
Gemma schätzte sie auf Mitte Vierzig, eine kräftige Frau mit einem sympathischen Gesicht und vollem braunem, mit Grau gesprenkeltem Haar.
»Mein Name ist Gemma James.« Gemma zeigte ihren Dienstausweis. »Wir ermitteln rein routinemäßig im Todesfall einer Ihrer Patientinnen, einer Miss Jasmine Dent.«
Die Frau wurde blaß. »Ach, du lieber Gott.« Sie sah über ihre Schulter nach rückwärts, als suche sie Unterstützung und wandte sich dann wieder Gemma zu. »Felicity hat mir von der Obduktion erzählt. Kommen Sie doch einen Moment rein.« Sie schloß die Tür und wies Gemma zum Sofa. »Mein Name ist übrigens Martha Trevellyan«, bemerkte sie nachträglich.
Gemma ließ sich auf dem Sofa nieder und kramte ihren Block heraus. Martha Trevellyan zog derweilen unter den Papieren auf ihrem Schreibtisch eine Packung Zigaretten hervor, zündete sich eine an und sagte, während sie das Streichholz löschte: »Ich weiß, was Sie denken. Krankenpfleger sollten nicht rauchen. Das ist ein schlechtes Beispiel, richtig? Tja, wenn ich mich nicht verzählt habe, habe ich bereits fünfzehnmal aufgehört, aber ich halte nie durch.«
»Ist der Heimpflegedienst Ihr Unternehmen, Miss Trevellyan?«
»Ja.« Die Frau setzte sich auf die Kante eines Sessels Gemma gegenüber. »Ich habe vor zwei Jahren als Krankenschwester aufgehört, weil ich mich selbständig machen wollte, um nicht mehr wie eine Wahnsinnige schuften zu müssen.« Sie lächelte mit leichter Selbstironie. »Aber sagen Sie mir, Sergeant - Sergeant ist doch richtig?« Gemma nickte. »Sagen Sie mir doch, worum es eigentlich geht. Wir stecken hier immer noch in den Anfängen. Der leiseste Verdacht von Nachlässigkeit könnte uns ruinieren.«
»Vielleicht könnten Sie mir zunächst einmal in aller Kürze erklären, wie Sie hier arbeiten.« Gemma wies mit einer Handbewegung zum Arbeitsbereich.
»Wir bekommen unsere Aufträge größtenteils durch Empfehlung. Das war von Anfang an so. Ich habe viele Jahre als Krankenschwester auf der Intensivstation gearbeitet, und die Ärzte, mit denen ich zusammengearbeitet hatte, empfahlen mich dann denen unter ihren Patienten, die Heimpflege brauchten.« Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, begann sich im Gespräch über das ihr vertraute Thema offensichtlich wohler zu fühlen. »Ich habe eine Liste von Pflegern und Pflegerinnen, die Voll- oder Teilzeit für mich arbeiten können. Wenn sich ein neuer Patient bei uns meldet, vermittle ich eine Pflegerin und übernehme die Koordination, soweit nötig. Ich stelle den Patienten die Rechnung und bezahle dann meine Leute. Ganz einfach eigentlich.«
»Ideal«, sagte Gemma.
»Nur, daß gutes Pflegepersonal viel kostet. Meine Gewinnspanne ist daher ausgesprochen schmal.« Martha beugte sich vor und drückte ihre Zigarette in einem Aschenbecher aus. »Das Ritz ist das hier nicht gerade, wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist. Ich brauche noch ein paar Jahre Glück und harte Arbeit, wenn ich mir ein Polster für meinen Lebensabend schaffen will.« Sie lächelte bei ihren Worten, aber die Besorgnis in ihren Augen war nicht zu übersehen.
Die Wohnung war klein und beengt, war makellos sauber, und die Möbel waren von guter Qualität, wenn auch recht konventionell im Stil.
»Für eine vorübergehende Situation ist es doch gar nicht so übel«, meinte Gemma ebenfalls lächelnd und bemerkte, daß Martha Trevellyan sich noch ein wenig mehr entspannte. »Sagen Sie, Miss Trevellyan -«
»Eigentlich ist es Mrs. - ich bin seit Ewigkeiten geschieden. Ich habe zwei
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