01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
zusammengeschoben, und Meg konzentrierte sich auf diese Belästigung, weil sie glaubte, wenn sie sich stark genug darauf konzentrierte, würde das die verräterische Reaktion ihres Körpers blockieren.
Roger legte sich mit einem leisen Stöhnen auf sie.
Meg drehte das Gesicht zur Wand.
15
Sobald Meg merkte, daß Rogers Atem tiefer wurde und in den langsamen Rhythmus des Schlafs überging, schob sie sich vorsichtig unter ihm hervor und stand auf. Sie richtete ihre Kleider und fuhr sich mit der Hand einmal hastig durch das wirre Haar. Nachdem sie in ihre Schuhe geschlüpft war, nahm sie Mantel und Handtasche vom Sessel und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Eine lose Diele knarrte, und sie hielt mit angehaltenem Atem und klopfendem Herzen inne. Roger brummte einmal und drehte sich auf die Seite. Die Decke glitt von seinem nackten Gesäß.
Soll er doch erfrieren, dachte Meg boshaft, als sie den Knauf drehte und aus dem Zimmer ging.
Ohne einen Gedanken, ohne ein Ziel ging sie durch die Straßen, blieb stehen, um in Schaufenstern Dinge anzustarren, die sie gar nicht wahrnahm. Aus der offenen Tür einer Frittenbude wehte ihr der Geruch von heißem Fett und gebratenem Fisch entgegen, daß es ihr den Magen umdrehte; sie eilte hastig weiter.
Erst als sie plötzlich an der Ecke Finchley Road stand, erkannte sie, wohin ihre Füße sie getragen hatten. Sie schüttelte ihre Benommenheit ab, zögerte einen Moment, überquerte dann die Straße und begann den langen Anstieg die Arkwright Road hinauf nach Hampstead.
Obwohl auf beiden Seiten der Straße Autos parkten, wirkte die Carlingford Road verlassen, in nachmittäglicher Ruhe versunken, ehe ihre Bewohner von der Arbeit nach Hause zurückkehrten. Meg stieg die Treppe zu Jasmines Wohnung hinauf und kramte den Schlüssel aus der Seitentasche ihrer Handtasche. Sie horchte einen Moment, dann sperrte sie auf und trat in die Wohnung. Sid warf ihr vom Bett aus einen Blick zu und rollte sich dann wieder zusammen.
»Ich wollte, ich könnte es auch so machen«, sagte sie laut. »Einfach alles abblocken. Ausblenden.«
Sie schloß die Augen und blieb an die Tür gelehnt stehen. Ganz bewußt atmete sie die Stille ein, den schwachen Duft, der Jasmines Dingen anhaftete, den ersten Hauch jener kühlen Muffigkeit, die einen unbewohnten Raum kennzeichnet.
Im Lauf der Monate war diese Wohnung ihr eine Zuflucht geworden, ein Ort, an dem sie geborgen war, und nun würde er bald für immer verloren sein. Meg öffnete die Augen und ging langsam im Zimmer umher, wobei sie einen vertrauten Gegenstand nach dem anderen berührte. Sie trat zum Fenster, an dem Jasmine so oft gestanden und die geschnitzten Holzelefanten gestreichelt hatte, während sie dem Major bei der Arbeit im Garten zusah. Heute waren selbst die Farben im Garten gedämpft, die Leuchtkraft der Tulpen und Forsythien von der Luftfeuchtigkeit gebrochen. Mit den Fingern zeichnete sie die vertrauten Konturen des kleinsten der Elefanten auf dem Fensterbrett nach. Das Holz war seidig glatt vom vielen Streicheln.
Ein Geräusch aus dem Treppenhaus ließ sie schuldbewußt zusammenfahren. Mit zitternden Fingern stellte sie den Elefanten, der sie nicht zu trösten vermochte, wieder auf das Fensterbrett. Der Türknauf wurde gedreht, dann folgte ein zaghaftes Klopfen.
Panik überfiel Meg. Sie mußte sich zwingen, sie in Schach zu halten und vernünftig zu denken. Roger konnte das nicht sein. Dazu war das Klopfen viel zu zaghaft gewesen. Doch wer auch immer es war, er mußte das Aufsetzen des Elefanten auf dem Fensterbrett gehört haben.
Sie ging durch das Zimmer und öffnete langsam die Tür. Theo Dent stand im Treppenhaus, und er sah so verlegen aus wie Meg tatsächlich war.
»Entschuldigen Sie, ich wußte nicht...« stammelte er, und sein Gesicht wurde so rot wie seine Nasenspitze, die, dachte Meg, wohl der kalte Wind so gerötet hatte. Sein krauses Haar war voll kleiner Wasserperlen. »Ich wollte nur -« ich habe nicht erwartet... Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich hergekommen bin«, schloß er hilflos. »Ich habe meinen Zug verpaßt. Der nächste geht erst gegen Abend.«
Meg zog die Tür weiter auf und trat zurück. »Ich wollte eigentlich auch nicht herkommen«, sagte sie, als Theo eintrat. In einem plötzlichen Gefühl der Verwandtschaft mit ihm lächelte sie ihm zu. »Ich habe überhaupt kein Recht, hier zu sein. Aber irgendwie -«
»Aber natürlich!
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