01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
Sie haben jedes Recht dazu.« Theo wischte sich mit der Hand die Nase und schniefte. »Sie hat die Wohnung doch Ihnen hinterlassen.«
Meg starrte ihn an. Roger hatte so oft von dem Geld gesprochen, das der Verkauf der Wohnung bringen würde und was man alles damit anfangen könnte, daß ihr der Gedanke, sie zu besitzen, ganz fremd geblieben war. Jetzt sah sie sich in dem Zimmer um und sah es aus einer ganz neuen Perspektive. Diese Wohnung gehörte tatsächlich ihr, sie konnte mit ihr tun, was ihr beliebte - sie verkaufen, vermieten, sogar in ihr leben, wenn ihr das gefiel.
Einen berauschenden Moment lang stellte sie sich vor, diese behaglichen Räume zu bewohnen, ihnen ihren persönlichen Stempel aufzudrücken, doch die Vision löste sich rasch auf. Sie spürte, daß die Prägung durch Jasmine zu stark war, als daß ihre eigene, weniger starke Persönlichkeit sich hier hätte durchsetzen können. Und Roger - niemals würde sie Roger hier entkommen.
Doch die Erinnerung an ihr Eigentumsrecht gab ihr neues Selbstvertrauen. Sie kniete nieder und schaltete die Heizung ein, knipste eine Lampe an und legte ihren Mantel ab.
»Ich mache uns eine Tasse Tee.«
Theo folgte ihr in die Kochnische und sah ihr eine Weile schweigend zu. »Sie waren sicher sehr viel hier bei Jasmine. Ich beneide Sie darum. Ich glaubte wohl, wenn ich hierher käme, könnte ich... ich weiß auch nicht - ihrer besser habhaft werden.«
»Es ist nicht fair, daß sie die Wohnung mir hinterlassen hat und nicht Ihnen.« Meg drehte sich um und sah ihn ernst an. »Ich habe mich deswegen mit ihr gezankt, aber sie wollte nicht -«
Theo hob abwehrend eine Hand. »Das dürfen Sie nicht sagen. Sie hat genug getan. Viele, viele Jahre lang hat sie genug getan. Mehr als sie hätte tun sollen.«
Er nahm seine Brille ab und sah sich mit blinden Augen nach einem Tuch um, mit dem er die Gläser hätte säubern können. Meg reichte ihm ein Geschirrtuch. »Ich war mein Leben lang ein Versager, müssen Sie wissen. Und Jasmine hat mich immer wieder gerettet und mir auf die Beine geholfen.« Er schob die Brillenbügel wieder über seine Ohren. »Am Anfang hörte sich alles immer großartig an, und dann ging es irgendwie daneben...« Er zuckte die Achseln und sprach nicht weiter.
Meg goß kochendes Wasser in die Tassen, schwenkte die Teebeutel ein paarmal hin und her und warf sie dann ins Spülbecken. »Milch ist keine da. Nehmen Sie Zucker?«
Theo nickte. Sie rührte einen Löffel Zucker in seinen Tee, ehe sie ihm die Tasse reichte. Dann gingen sie zum Tisch, und Meg setzte sich auf den Stuhl, auf dem sie immer gesessen hatte. Sie war erstaunt über das Gefühl von Besitzerstolz, das sie plötzlich empfand. Sie hatte nie in ihrem Leben etwas ihr eigen genannt - ein paar Kleinigkeiten, die sie für das möblierte Zimmer gekauft hatte, die abgelegten Kleider ihrer Schwester - nie etwas besessen, worauf sie hätte stolz sein können, das ihr erlaubte, sich ein bißchen breitzumachen.
»Der Tisch hat unserer Tante May gehört«, bemerkte Theo. »Es wundert mich, daß Jasmine ihn behalten hat.«
»Sie hat nie viel über früher gesprochen. Die Zeit, als Sie in Dorset lebten, meine ich. Ich weiß, daß Sie nach dem Tod Ihres Vaters nach England zu Ihrer Tante gekommen sind, aber das ist auch alles.«
Meg trank von ihrem Tee und musterte Theo, auf der Suche nach einer Ähnlichkeit mit ihrer Freundin. Vielleicht lag da eine gewisse Ähnlichkeit im Schnitt der Augen, in der ovalen Form des Gesichts. Er sah jünger aus als fünfundvierzig, beinahe jungenhaft - sein Gesicht schien merkwürdigerweise von Lebenserfahrung kaum gezeichnet.
Ihr wurde plötzlich bewußt, wie sie aussehen mußte, und sie fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. Sie war gegangen, ohne auch nur einen Blick in den Spiegel zu werfen.
»Aber von Ihnen hat Jasmine erzählt«, fuhr sie ein wenig hastig fort, um ihr Unbehagen zu vertuschen. »Von den Dingen, die Sie als Kinder getrieben haben. Und sie war froh, daß Sie den Laden haben. Sie meinte, Sie hätten jetzt endlich etwas gefunden, das für Sie das Richtige ist.«
Theo nahm wieder seine Brille ab und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. »Ich konnte es ihr nicht sagen«, murmelte er.
Meg wartete einen Moment. Als er nicht weitersprach, fragte sie: »Was konnten Sie ihr nicht sagen?«
Er hob den Kopf. »Es ist das gleiche wie immer. Ein Desaster. Ich werde ihn nicht
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