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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Unangemeldete Besucher gab es in der Heilanstalt Farrington anscheinend normalerweise nicht.
      »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
      Er zeigte seinen Dienstausweis und sagte: »Mein Name ist Duncan Kincaid. Ich suche einen Ihrer Patienten, einen gewissen Timothy Franklin.«
      »Tim?« Sie schien noch erstaunter als zuvor. »Ich kann mir nicht vorstellen, was Sie von Tim wollen könnten.« Dann jedoch faßte sie sich. Sie gab ihm die Hand und sagte: »Entschuldigen Sie. Ich bin Melanie Abbot. Der Direktor ist heute nicht hier, aber ich bin seine Assistentin.«
      Sie sah zuverlässig und kompetent aus in ihrem braunen Pulli und der langen Hose. Glänzendes braunes Haar, knapp schulterlang, umrahmte ihr rundes, freundliches Gesicht.
      »Darf ich fragen, was Sie von Tim wollen? Ich möchte nicht, daß er sich aufregt.«
      »Es handelt sich lediglich um einige Routinefragen über eine Person, die er vielleicht vor langer Zeit gekannt hat.« Kincaid umfaßte mit einer Handbewegung seine Umgebung. »Was ist denn hier passiert? Es sieht ja beinahe wie nach einem Bombenangriff aus.«
      »So schlimm war es nicht. In den letzten Jahren hat sich die Gesundheitspolitik des Landkreises geändert. Die meisten Patienten sind anderweitig in Pflege gegeben worden. Reha-Zentren, Pflegeheime, Wohngemeinschaften unter Aufsicht«, erläuterte sie. »Wir helfen ihnen, sich wieder in das Leben der Gemeinde zu integrieren. Die Anstalt hier«, sagte sie, Kincaids Handbewegung wiederholend, »dient jetzt eigentlich nur noch Verwaltungszwecken.«
      »Aber einige Patienten haben Sie noch hier?«
      »Ja«, antwortete Melanie Abbot und drückte die Papiere mit einem Arm an ihre Brust. Kincaid fühlte eine leichte Abwehr in ihrer Antwort. »Einige gibt es, die einfach nicht woanders untergebracht werden können. Aus verschiedenen Gründen.«
      »Zum Beispiel Timothy Franklin?«
      Nickend sagte sie: »Wir haben bei der Behandlung der Schizophrenie in den letzten zehn Jahren riesige Fortschritte gemacht, aber Tim ist einer der seltenen Kranken, die auf Medikamente nicht ansprechen.« Sie blickte auf ihre Papiere, dann auf ihre Uhr. »Ich muß zum Fax, tut mir leid. Aber ich bringe Sie zum Aufenthaltsraum für die Patienten und werde eine Pflegerin bitten, Tim zu Ihnen zu bringen.«
      Auch der Aufenthaltsraum für die Patienten hatte einen Linoleumfußboden; noch fleckiger und vergilbter als der im Flur. An den Wänden standen Stühle mit geraden Rückenlehnen und Sitzpolstern aus rissigem orangefarbenem Kunstleder. In einer Ecke stand mit flimmerndem Bildschirm ein Fernsehapparat, in der anderen kümmerte eine Grünpflanze vor sich hin. Vor dem Fernsehapparat saß im Rollstuhl eine Frau in einem grünen Krankenhauskittel und Filzpantoffeln. Ihr Kopf hing zu Seite, und aus dem Winkel ihres halb geöffneten Mundes sickerte Speichel. Kincaid schaffte es nicht, sich zu setzen.
      Die Tür öffnete sich. Ein Mann kam herein, dem eine weißgekleidete Pflegerin folgte.
      »Hier ist der Herr, der Sie sprechen möchte, Timmy.« Zu Kincaid gewandt fügte sie hinzu: »Er hat einen guten Tag heute. Ich warte draußen im Gang, wenn Sie mich brauchen sollten.«
      Kincaid wußte, daß der Mann, der da vor ihm stand und ihn so ruhig ansah, an die fünfzig sein mußte, aber dank seiner Schönheit wirkte er weit jünger. Sein dunkles Haar war ohne Grau, und die Haut um seine dunklen Augen war frei von Fältchen. Er war etwa so groß wie Kincaid und ähnlich gebaut, aber Strickjacke und Cordhose hingen so schlabberig an seinem Körper, daß Kincaid den Eindruck hatte, er habe in letzter Zeit Gewicht verloren.
      »Guten Tag, Tim.« Kincaid bot ihm die Hand. »Mein Name ist Duncan Kincaid.«
      »Hallo.« Tim ließ es zu, daß Kincaid seine Hand nahm, erwiderte aber den Druck nicht. Sein Ton war nicht unfreundlich, verriet aber keinerlei Interesse.
      »Können wir uns setzen?«
      Anstatt zu antworten, schlurfte Tim zum nächsten orangefarbenen Stuhl und setzte sich. Die Hände legte er auf die zernarbten hölzernen Armlehnen.
      Kincaid zog sich einen anderen Stuhl heran und setzte sich so, daß er Tim Franklin ins Gesicht sehen konnte.
      »Stört es Sie, wenn ich Sie Tim nenne?« fragte er.
      Ein Augenzwinkern, dann, nach einer langen Pause: »Timmy.«
      »Gut, Timmy.« Kincaid fand die falsche Herzlichkeit in seiner Stimme fürchterlich. »Ich möchte Sie nach jemandem fragen, den Sie vor langer Zeit

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