01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
helle Stoff seiner Hose, die sich über seinem Gesäß spannte, und die rhythmische Bewegung seiner Hand, die die Hacke hielt, machten ihn in der Dunkelheit sichtbar. Kincaid stieg die Treppe hinunter, durchquerte den Garten und ging neben ihm in die Hocke.
»Sie arbeiten aber lange. Sie haben ja kaum noch Licht.«
Der Major hieb ein letztes Mal mit der Hacke in die Erde, dann setzte er sich zurück und stemmte die Hände auf die Knie. »Das ist das Unkraut. Um diese Jahreszeit kommt man kaum nach. Das überwuchert alles, wenn man nicht jeden Tag jätet.«
Kincaid nickte. »Haben Sie einen Moment Zeit für mich? Ich hätte Sie gern gesprochen.«
Zum erstenmal sah der Major ihn an. »Aber natürlich. Ich will mich nur ein bißchen säubern.« Er stand auf. Seine Kniegelenke knackten hörbar.
Kincaid folgte ihm und wartete, während er im Schuppen unter der Treppe seine Hacken säuberte. Dann folgte er ihm in die Küche und wartete wieder, während sich der Major die Hände wusch und die Fingernägel bürstete.
Die kleine Küche war blitzsauber und aufgeräumt. Nur ein Beutel Kartoffeln und eine Packung Bier waren auf der Arbeitsplatte.
»Möchten Sie eines?« fragte der Major, während er sich die Hände an einem Geschirrtuch abtrocknete, und als Kincaid nickte, öffnete er zwei Flaschen und warf die Deckel ordentlich in den Mülleimer unter dem Spülbecken. »Das ist der Luxus des Pensionisten«, sagte er, nachdem er getrunken und sich die Lippen geleckt hatte. »Man spart am Nötigsten, um sich dafür ein-, zweimal die Woche ein gutes Bier leisten zu können.« Er lächelte. Die Zähne unter dem Schnauzer waren weiß und kräftig. »Aber das ist mir der Spaß wert.«
Sie gingen in das spartanisch eingerichtete Wohnzimmer. Der Major machte Licht und bedeutete Kincaid, auf dem Sofa Platz zu nehmen, während er selbst sich in einem Sessel niederließ. Das grobe braune Material auf den Armlehnen des Sessels glänzte an einigen Stellen, und das Sitzpolster hatte eine dauernde Mulde. Kincaid stellte sich vor, wie der Major hier Abend für einsamen Abend mit seiner Flasche Bier vor dem Fernsehapparat saß, und mehr denn je graute ihm vor dem Gespräch, das er nun mit ihm führen mußte.
»Major, wie ich gehört habe, haben Sie nach dem Krieg in Indien gedient?«
Der Major betrachtete ihn forschend. »Gehört? Von wem, Mr. Kincaid? Ich glaube nicht, daß ich je darüber gesprochen habe.«
Kincaid, der sich vorkam, als wäre er beim Lauschen ertappt worden, kämpfte den Impuls, sich zu entschuldigen, nieder. »Ich ermittle in einem Mordfall, Major, und so unerfreulich ich persönlich das finden mag, ich muß die Vergangenheit eines jeden überprüfen, der auch nur die geringste Verbindung zu Jasmine Dent hatte. Wir haben uns über Sie informiert. Sie waren zu der Zeit in Kalkutta, als auch Jasmines Familie dort lebte.« Er wartete auf die Explosion, aber es erfolgte keine.
Statt dessen trank der Major einen Schluck Bier und sagte seufzend: »Ja, das ist richtig. Ich hätte es Ihnen selbstverständlich gesagt, wenn ich gewußt hätte, daß es für Sie von Bedeutung ist. Es ist ja sehr lange her.«
»Aber Jasmine haben Sie davon erzählt?«
»Ja. Und ich wünschte, ich hätte es nicht getan.«
»Warum?« fragte Kincaid leise. Er stellte sein Bier auf den Beistelltisch und beugte sich vor. Zum erstenmal bemerkte er die Altersflecken auf den schwieligen Händen des Majors.
»Weil ich ihr nicht die ganze Wahrheit sagen konnte, und dadurch entstand zwischen uns etwas Falsches. Ihr ist es vielleicht nicht aufgefallen, aber ich war danach unfähig, mich wieder gänzlich unbefangen zu fühlen, wenn ich mit ihr zusammen war.« Er machte eine Pause, und als Kincaid nichts sagte, fuhr er fort: »Ich bin ein gläubiger Mensch, Mr. Kincaid, aber ich glaube nicht daran, daß die Sünden der Väter an den Kindern vergolten werden. Ich glaube nicht, daß Gott so ungerecht wäre. Aber ich hatte das Gefühl, daß Jasmine es anders sehen und die Schuld auf sich nehmen würde, und sie hatte doch weiß Gott schon genug gelitten, das arme Ding.« Er trank sein Bier aus, hielt die leere Flasche hoch und sah Kincaid mit hochgezogener Augenbraue an.
Kincaid schüttelte den Kopf. »Nein, danke.« Er wartete, bis der Major mit einer neuen Flasche aus der Küche wiederkam, und sagte: »Welche Schuld hätte Jasmine auf sich genommen, Major?«
Der Major blickte auf
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