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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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nach Westen leicht an, während die Kirche selbst auf ebenem Grund stand. So schien es beim Näherkommen, als versinke der Turm allmählich im Boden. Ihn erinnerte das Bild an ein gewaltiges Schlachtschiff, das eine stürmische See durchpflügte, und einen Moment lang fühlte er sich tatsächlich unsicher auf den Beinen.
      Zum Abschluß seines Rundgangs ging er in die Buchhandlung auf dem Marktplatz. Mit einer Taschenbuchausgabe von James Herriots Yorkshire unterm Arm kam er wieder heraus, nachdem der Buchhändler ihm versichert hatte, daß sie als Führer durch diese Gegend weit besser und unterhaltsamer sei als die trockenen Machwerke, die einem unter diesem Namen verkauft wurden. Er hatte in den letzten Jahren kaum Gelegenheit gehabt, in Kleinstadtbuchhandlungen herumzustöbern - ein Vergnügen, das ihn stets in seine Kindheit zurückversetzte, die er im ländlichen Cheshire verbracht hatte, wo seine Eltern im Zentrum einer kleinen Stadt eine Buchhandlung gehabt hatten. Und noch ein Vergnügen aus der Kinderzeit beschloß er sich an diesem Nachmittag zu gönnen, als er auf der anderen Seite des Platzes eine Teestube bemerkte, die Tee mit Sahne anpries.
      Das Blue Plate machte seinem Namen alle Ehre; blaue Teller in vielerlei Mustern schmückten die Wände, und auf den Tischen lagen freundliche gelb-weiß karierte Decken. Erst als Kincaid an einem kleinen Tisch im hinteren Teil des Raumes Platz genommen und bestellt hatte, bemerkte er die beiden Frauen, die in angeregtem Gespräch an einem Tisch am Fenster saßen. Maureen Hunsinger, mit ihrem runden, freundlichen Gesicht und dem gekräuselten Haar, trug ein blaues Chenillegewand, das aussah, als hätte es bereits ein früheres Leben als Tagesdecke hinter sich.
      Er brauchte einen Moment, um in Maureens Gesprächspartnerin Janet Lyle zu erkennen, die Frau des ehemaligen Berufssoldaten. Gestern abend hatte sie kaum ein Wort gesprochen, nie gelächelt, ihren Mann kaum einen Moment aus den Augen gelassen, und wenn sie einmal etwas gesagt hatte, vorher stets seinen Blick gesucht; ob zur Ermutigung oder um sich Sprecherlaubnis zu holen, hatte Kincaid nicht erkennen können. Möglich, daß sie einfach schüchtern war oder sich in Gesellschaft nicht recht wohl fühlte. Jetzt jedoch fühlte sie sich ganz offensichtlich wohl, sie redete und lachte, unterstrich ihre Worte mit lebhaften Gesten und bewegte ihren Kopf so temperamentvoll hin und her, daß das dunkle Haar flog.
      Merkwürdig, dachte Kincaid, nach den Ereignissen des Morgens. Unterhielten sie sich etwa über Sebastians Tod mit solcher Lebhaftigkeit? Erregung wäre eine typische Reaktion gewesen, vermischt mit der Erleichterung darüber, selbst verschont geblieben zu sein. Aber nicht diese gutgelaunte Heiterkeit, die sie an den Tag legten und die selbst aus der Ferne wahrnehmbar war.
      Er spitzte die Ohren, und es gelang ihm, Fetzen ihres Gesprächs aufzufangen. »Ach, du lieber Gott, ich erinnere mich, als meine in dem Alter war. Furchtbar! Man weiß nicht, wie man das je überstehen soll. Aber man übersteht es... Noch schlimmer.« Janet lachte wieder. Sie muß ein älteres Kind haben, dachte Kincaid, das nicht mit ihnen im Urlaub ist. Im Internat vielleicht. Wieder wurden ihre Worte zu ihm herübergeweht. »... die beste Schule, sagt Eddie immer. Dann die Universität. Ich weiß nicht, wie wir das machen...« Sie neigten sich näher zueinander, ihre Gesichter waren jetzt ernster, und er konnte nichts mehr hören. Es war sowieso eine Unverschämtheit von ihm zu lauschen; ihr Gespräch ging ihn nichts an. Nur die verflixte Berufsgewohnheit hatte ihn dazu getrieben.
      Die beiden Frauen hatten ihn nicht bemerkt, und als sein Tee und die warmen Brötchen kamen, schlug er sein Buch auf und vertiefte sich in die Schönheiten Yorkshires.
      Es war nicht mehr länger aufzuschieben. Er hatte lang genug an seinen heißen Brötchen mit Erdbeermarmelade gekaut und so viel schwachen Tee getrunken, als wäre er kurz vor dem Verdursten. Er zahlte seine Rechnung und ging. Auf dem Heimweg klappte er das Verdeck herunter, um die Sonne genießen zu können, und fuhr langsam nach Followdale House zurück.
      Das Haus wirkte still und verschlossen. Erst als er den Wagen abgestellt hatte und auf dem Weg zum Portal war, bemerkte er die kleine Gestalt, die zusammengekauert auf der Treppe hockte.
      Angela Frazers ungeschminkte dunkle Augen waren verschwollen. Selbst ihr struppiges Haar mit den lila Strähnen

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