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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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zu ruinieren? Vielleicht nicht. Aber ziehen Sie folgendes in Betracht - Marta Rennies Eltern sind in dem Wahlkreis, in dem Patrick aufgestellt ist, politisch sehr aktiv. Sie sind Patricks wichtigste Geldgeber. Ich würde sagen, es würde sich für Patrick nicht gerade günstig auswirken, wenn sie jetzt dahinterkämen, daß er ihre Tochter betrogen hat. Was meinen Sie?«
      »Nein.« Das Wort war kaum ein Flüstern. Hannah schien einen Moment zu brauchen, um sich zu fassen, dann erst sprach sie wieder. »Nein, ich glaube das nicht. Ich glaube es einfach nicht. Patrick würde niemals...« Ihre Stimme schwoll an, bekam einen hysterischen Unterton. »Wie können Sie nur so etwas sagen? Warum tun Sie mir das an?«
      »Aber Hannah, hören Sie mir doch zu.« Kincaid beugte sich vor und streckte eine Hand nach ihr aus. Sie zuckte vor seiner Berührung zurück. »Wenn Sie etwas über Patrick Rennie wissen, wenn Sie etwas gesehen oder gehört haben, wenn er Ihnen vielleicht irgend etwas gesagt hat, dann dürfen Sie das nicht für sich behalten. Es könnte gefährlich sein. Ich möchte nicht, daß Sie das gleiche Ende nehmen wie...«
      »Nein! Das ist ja absurd. Ich höre mir das nicht an!« Sie sprang auf. Ihr Atem kam in kurzen Stößen. »Verschwinden Sie auf der Stelle!«
      Auch Kincaid stand auf. Sie starrten einander an. Er konnte das Zittern ihres Körpers sehen, fühlte ihren Atem an seinem Gesicht.
      »Warum, Hannah? Was schulden Sie ihm? Was hat Patrick Rennie je für Sie getan?«
      Eine ganze Weile hielt er ihrem Blick stand, dann schien alle Wut sie plötzlich zu verlassen. Sie wandte sich halb von ihm ab und senkte den Kopf, als hätte sie nicht mehr die Kraft, ihn hochzuhalten. »Patrick Rennie«, sagte sie leise, »ist mein Sohn.«
     
     

14
     
    Das kleine Empfangsgebäude der Rievaulx-Abtei diente als Verkaufsstelle für Eintrittskarten und Souvenirs und 'als eine Art Minimuseum. Ein Modell der vollendeten Abtei unter einem Glassturz lud zu näherer Betrachtung ein. An den Wänden hingen Zeichnungen und Fotografien zur Geschichte der Abtei, doch Hannah ging an ihnen vorüber, ohne ihnen einen Blick zu gönnen. Sie hatte ihre Hausaufgaben schon am vergangenen Abend gemacht, nachdem Patrick erwähnt hatte, daß er die Absicht habe, hierherzukommen.
      Da hatte sie in der Begegnung noch nicht mehr gesehen als eine Gelegenheit, mit ihm allein zu sprechen, ohne sich näher an den gefährlichen Abgrund der Enthüllung heranzuwagen. Sie hatte warten wollen, bis ihre Beziehung sich ein wenig über den ersten Funken warmer Herzlichkeit hinaus entwickelt hatte - sie hatte Vertrauen wachsen lassen wollen, sich ihrem Ziel mit aller Behutsamkeit nähern, ihn vielleicht fragen wollen, was für Gefühle er seiner leiblichen Mutter entgegenbrachte.
      Jetzt schreckte sie vor all den erdachten Choreographien zurück, war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber sagen mußte sie es ihm. Aus irgendeinem Grund ” fühlte sie sich dazu gezwungen, ihm Kincaids Verdacht mitzuteilen; es schien ihr unmöglich, die Beziehung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen fortzuführen. Wie konnte sie von Patrick erwarten, daß er ihr gegenüber ehrlich sein würde, wenn sie nicht mit ihm ehrlich umging?
      Sie mußte seinen eigenen Bericht hören, selbst beurteilen, ob er wahr war oder nicht. Konnte ihr Sohn des Mordes fähig sein? Sie konnte es nicht ertragen, es nicht zu wissen.
      Hannah trat durch die Hintertür des kleinen Gebäudes ins Freie. Der erste Blick auf die langgezogenen grünen Rasenflächen raubte ihr buchstäblich den Atem. Sie spürte das Brennen von Tränen in ihren Augen und drängte sie zurück.
      Vor ihr erhob sich die Rievaulx-Abtei, eingebettet in eine natürliche Mulde am Fuß des Rievaulx-Moors, wie ein Edelstein eingefaßt vom leuchtend grünen Gras im Vordergrund und den roten und goldenen Tönen der Bäume, die den Hang bedeckten. Eine sanfte, tiefhängende Wolkendecke hatte die Morgensonne verdrängt, und die Feuchtigkeit in der Luft schien die Farben mit einer elementaren Lebendigkeit zu tränken.
      Sie ging sehr langsam über den Rasen, den Blick auf die hochstrebenden Bögen des Chors gerichtet. Sechshundert Mönche hatten hier gelebt, gegessen, geschlafen, gebetet, die Schafe versorgt und die Gärten. Sie konnte sie beinahe bei ihrer Arbeit singen hören, derart zeitlos, traumhaft war die Atmosphäre dieses Ortes. Einen Herzschlag lang wußte sie, wie nahe sie sich

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