Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
sprechen.«
    Der Wirt verschwand nach oben und kam kurz darauf zurück.
    »Zimmer sieben«, sagte er knapp und machte sich wieder an die
    Arbeit.
    Acheron saß am Fenster, mit dem Rücken zur Tür. Er rührte sich
    nicht, als ich hereinkam. »Hallo, Thursday.«
    »Mr. Hedge?«
    »Die Engländer des 19. Jahrhunderts sind ziemlich abergläubisch.
    Ich dachte, der Name Hades könnte sie auf falsche Gedanken
    bringen.«
    Er drehte sich zu mir um; seine stahlblauen Augen schienen direkt
    in mich hineinzublicken. Aber seine Macht über mich hatte

    - 344 -
    nachgelassen; er konnte nicht in mir lesen wie in anderen. Er spürte
    das sofort, verzog die Lippen zu einem müden Lächeln und starrte
    wieder aus dem Fenster.
    »Du wirst immer stärker, Thursday.«
    »Ich wachse an meinen Gegnern.«
    Er lachte höhnisch.
    »Ich hätte schon in Styx’ Wohnung auf Nummer sicher gehen
    sollen.«
    »Und sich dadurch den ganzen Spaß verderben? Wenn ich und die
    anderen SpecOps Ihnen nicht immer wieder die Tour vermasseln
    würden, wäre Ihr Leben doch todlangweilig.«
    Statt mir eine Antwort zu geben, wechselte er das Thema. »Jemand,
    der so raffiniert ist wie du, wäre nie in dieses Buch gekommen, wenn
    er nicht auch wüßte, wie er wieder hinauskommt. Sag schon,
    Thursday. Was habt ihr abgemacht? Ein Codewort, das Mycroft
    anzeigt, wann er das Tor öffnen soll?«
    »So ähnlich. Wenn Sie mir die Gebrauchsanweisung und Polly
    aushändigen, bekommen Sie einen fairen Prozeß, das verspreche ich
    Ihnen.«
    Hades lachte. »Ich glaube, für einen fairen Prozeß ist es zu spät,
    Thursday. Ich könnte dich auf der Stelle umbringen, und um ehrlich
    zu sein, verspüre ich einen nahezu unwiderstehlichen Drang, das zu
    tun; lediglich die traurige Aussicht, bis in alle Ewigkeit in dieser
    provinziellen Geschichte gefangen zu sein, hält mich davon ab. Ich
    wollte nach London, aber das ist unmöglich; die einzigen Städte in
    dieser Welt sind die Ortschaften, die Charlotte Brontë sich abgedacht
    hat und die im Roman vorkommen. Gateshead, Lowood – mich
    wundert, daß dieses Kaff so groß ist. Gib mir das Codewort, dann
    bekommst du die Anleitung und Polly.«
    »Nein. Erst geben Sie mir die Gebrauchsanweisung und meine
    Tante.«
    »Siehst du? So kommen wir nicht weiter. Ich nehme an, du möchtest
    warten, bis sich das Buch neu geschrieben hat, nicht wahr?«

    - 345 -
    »Natürlich.«
    »Dann hast du von mir nichts zu befürchten, bis Jane endgültig aus
    Thornfield fortgeht. Danach verhandeln wir.«
    »Nein, Acheron, ich verhandle nicht.«
    Hades schüttelte langsam den Kopf.
    »Und ob du verhandeln wirst. Du bist zwar derart anständig und
    solide, daß einem das Kotzen kommt, aber selbst du wirst schwerlich
    den Rest deines jämmerlichen Lebens hier verbringen wollen. Du bist
    doch eine intelligente Frau; dir wird schon was einfallen.«
    Ich seufzte und ging; nach dieser Begegnung mit Hades’ finsterer
    Seele war das geschäftige Treiben der Käufer und Händler eine wahre
    Wohltat.

    - 346 -
    33.
    Das Buch wird geschrieben
    Wir saßen im Rauchsalon des Penderyn-Hotels und
    sahen, daß Thursday ganze Arbeit leistete. Die
    Geschichte entwickelte sich rasant; ganze Wochen
    schrumpften auf wenige Zeilen zusammen. Mycroft oder
    ich lasen den Text, der sich selbst neu schrieb, laut vor.
    Wir alle warteten darauf, daß die Worte »süßer Wahn«
    auftauchten, doch vergeblich. Wir machten uns auf das
    Schlimmste gefaßt; daß wir Hades vielleicht nie
    erwischen würden. Daß Thursday als eine Art ewige
    Hausmeisterin in dem Roman gefangen bleiben könnte.
BOWDEN CABLES
    - Tagebuch eines LitAg
    Die Wochen in Thornfield Hall vergingen wie im Flug, und ich
    verwandte meine ganze Energie darauf, Jane zu beschützen, ohne daß
    sie etwas davon merkte. Ich postierte einen jungen Burschen vor dem
    Millcote, der Hades überwachen sollte, aber der begnügte sich damit,
    jeden Morgen einen Spaziergang zu unternehmen, den örtlichen Arzt
    um Lektüre anzugehen und sich die Zeit im Wirtshaus zu vertreiben.
    Seine Untätigkeit bot einigen Anlaß zur Besorgnis, ich war aber froh,
    daß er sich vorerst zurückhielt.
    Rochester hatte seine Heimkehr brieflich angekündigt, und ihm zu
    Ehren fand eine kleine Feier im engsten Freundeskreis statt. Das
    Erscheinen der dusseligen Blanche Ingram setzte Jane ziemlich zu,
    aber das kümmerte mich wenig. Ich war viel zu sehr damit
    beschäftigt, mit John, dem Gatten der Köchin, die nötigen
    Sicherheitsvorkehrungen zu

Weitere Kostenlose Bücher