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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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mich ist er hier
    gefangen; wenn er zurückwill, muß er mit uns verhandeln.«
    »Und wo ist er?«
    »Ich wollte mal in der Stadt nachsehen. Ich dachte, Sie seien bei Mr.
    Eshton?«
    »Ich mußte vor meiner Abreise unbedingt noch einmal mit Ihnen
    sprechen. Sie werden Ihr möglichstes tun, nicht wahr?«
    Ich versprach ihm, nichts unversucht zu lassen, und machte mich auf
    den Weg in die Stadt.

    Millcote war ein malerisches Städtchen. Im Zentrum gab es eine
    Kirche, eine Poststation, drei Wirtshäuser, eine Bank, zwei
    Tuchgeschäfte, einen Getreidehändler sowie verschiedene andere
    Läden. Es war Markttag, und auf den Straßen herrschte Hochbetrieb.
    Niemand würdigte mich eines Blickes, als ich zwischen den Ständen
    umherging, die sich unter der Last von Wild und Wintergemüse
    bogen. Abgesehen von dem schwachen Tintengeruch, der die Luft
    erfüllte, wirkte alles täuschend echt. Der erste Gasthof, auf den ich
    stieß, hieß The George . Da er im Buch namentlich Erwähnung fand,
    hatte ich dort vermutlich die besten Chancen.
    Ich trat ein und fragte den Wirt, ob ein Mann von hünenhafter Statur
    sich vormittags ein Zimmer genommen habe. Er verneinte, gab mir
    jedoch den Rat, mein Glück in einem der anderen Gasthäuser zu
    versuchen. Ich dankte ihm und wollte eben wieder gehen, als das
    gänzlich deplacierte Klicken eines Kameraverschlusses meine
    Aufmerksamkeit weckte. Langsam drehte ich mich um.
    Hinter mir stand ein japanisches Pärchen in zeitgenössischer Tracht;
    die Frau hielt eine große Nikon-Kamera in der Hand. Eilig versuchte
    sie den eklatanten Anachronismus zu verbergen und schleifte ihren
    Mann mit sich zur Tür.
    »Warten Sie!«

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    Sie blieben stehen und wechselten nervöse Blicke.
    »Was machen Sie hier?« fragte ich ungläubig.
    »Wir sind nur zu Besuch, aus Osaka«, versicherte die Frau eilig,
    worauf der Mann – er sprach offenbar kein Englisch – heftig nickte
    und die Nase in einen japanischen Brontë-Führer steckte.
    »Wie …?«
    »Ich bin Mrs. Nakijima«, sagte die Frau, »und das ist Mr. Suzuki.«
    Der Mann grinste mich an und schüttelte mir aufgeregt die Hand.
    »Das gibt’s doch nicht!« rief ich wütend. »Wollen Sie damit sagen,
    Sie sind Touristen?«
    »Genau«, gestand Mrs. Nakijima, »ich mache den Sprung jedes Jahr
    einmal und nehme einen zahlenden Besucher mit. Wir rühren nichts
    an und sprechen auch nie mit Miss Eyre. Wie Sie sehen, sind wir
    passend gekleidet.«
    »Japaner? Im England des 19. Jahrhunderts?«
    »Warum nicht?«
    Ja. Warum eigentlich nicht?
    »Und wie machen Sie das?«
    Die Frau zuckte die Achseln.
    »Ich kann es einfach«, lautete ihre schlichte Antwort. »Ich
    konzentriere mich, sage mein Sprüchlein auf und, peng, hier bin ich.«
    Dafür hatte ich jetzt keine Zeit.
    »Passen Sie auf. Ich heiße Thursday Next. Ich arbeite für Victor
    Analogy in der LitAg-Außenstelle Swindon. Ich nehme an, Sie haben
    vom Diebstahl des Manuskripts gehört?«
    Sie nickte.
    »In diesem Buch treibt eine finstere Gestalt ihr Unwesen, und die
    muß ich extrahieren. Der Mann ist äußerst gefährlich und schreckt vor
    nichts zurück. Wenn er sie findet, wird er versuchen, Sie zu benutzen,
    um hier herauszukommen. Ich empfehle Ihnen dringend, sofort

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    abzureisen. Springen Sie zurück nach Hause, solange es noch geht.
    Wenn er Sie findet, könnte er Ihnen sehr weh tun!«
    Mrs. Nakijima besprach sich mit ihrem Kunden. Schließlich erklärte
    sie mir, daß Mr. Suzuki wegen Jane gekommen sei und sein Geld
    zurückhaben wolle, wenn sie ihn nicht in die Nähe von Thornfield
    Hall führte, damit er einen Blick auf Jane werfen konnte. Also setzte
    ich ihr meinen Standpunkt noch einmal auseinander, und schließlich
    sagten sie ja. Ich folgte ihnen nach oben in ihr Zimmer und wartete,
    während sie packten. Schließlich gaben mir Mrs. Nakijima und Mr.
    Suzuki die Hand, hielten sich aneinander fest und lösten sich in Luft
    auf.
    Ich schüttelte traurig den Kopf. Es gab offenbar so gut wie keinen
    Flecken mehr auf dieser Welt, den die Tourismusindustrie noch nicht
    entdeckt hatte.
    Ich trat aus dem warmen Gasthaus in den kalten Vormittag hinaus,
    ging an einem Stand vorbei, an dem Wurzelgemüse feilgeboten
    wurde, und weiter ins Millcote , wo ich mich nach neuen Gästen
    erkundigte.
    »Und wen darf ich Mr. Hedge melden?« fragte der Wirt und spuckte
    in einen unförmigen Bierkrug, den er sodann mit einem Lappen
    polierte.
    »Sagen Sie ihm, Miss Next möchte ihn

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