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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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haben, aber
    sie haben es geschafft. Gerade hat Supreme Commander Call
    angerufen, der Premierminister macht ihm die Hölle heiß. Im
    Parlament wird heftig debattiert, und der eine oder andere Kopf wird
    rollen. Und meiner wird das nicht sein, darauf können Sie wetten.«
    Er sah uns betont eindringlich an, und mir wurde ein wenig mulmig
    zumute – schließlich war ich diejenige, die das Museum in
    Sicherheitsfragen beraten hatte.
    »Wir arbeiten auf Hochtouren, Sir«, sagte ich und ließ das Video
    weiterlaufen. Die Perspektive wechselte im Fünfsekundentakt, ohne
    jedoch neue Erkenntnisse ans Licht zu bringen. Ich nahm mir einen
    Stuhl, spulte das Band zurück und sah es mir noch einmal an.
    »Wozu soll das gut sein?« fragte Paige.

    - 24 -
    »Wer sucht, der findet.«
    Aber ich fand nichts.

    - 25 -
    3.
    Wieder am Schreibtisch
    Das Special Operations Network wird direkt von der
    Regierung finanziert. Obwohl die Arbeit der Behörde im
    wesentlichen zentral gesteuert wird, verfügen sämtliche
    SpecOps-Abteilungen über örtliche Repräsentanten, die
    auf die Vorgänge in der Provinz ein wachsames Auge
    haben. Diese unterstehen wiederum örtlichen
    Kommandanten, die mit den staatlichen Behörden für
    Informationsaustausch,
    geistige Führung und
    Grundsatzentscheidungen in ständigem Kontakt stehen.
    Wie bei den meisten großen Behörden ist das alles bloß
    Theorie, und in der Praxis herrscht heilloses Chaos.
    Interne Querelen, Intrigen, politische Interessenkonflikte,
    Arroganz und schlichte Sturheit führen nachgerade
    zwangsläufig dazu, daß die linke Hand nicht weiß, was
    die rechte tut.
MILLON DE FLOSS
    - Eine kurze Geschichte des Special Operations Network
    Nach achtundvierzig Stunden ergebnisloser Jagd auf Martin
    Chuzzlewit hatten wir nicht den geringsten Hinweis auf seinen
    Verbleib. Von Konsequenzen war die Rede, doch dazu mußten wir
    erst einmal herausbekommen, wie das Manuskript entwendet worden
    war. Es hatte schließlich wenig Sinn, jemanden dafür zur
    Rechenschaft zu ziehen, daß im Sicherheitssystem eine Lücke klaffte,
    wenn man gar nicht wußte, worin sie bestand.
    Mich langsam, aber sicher der Verzweiflung nähernd, saß ich an
    meinem Schreibtisch auf dem Revier, als mir mein Gespräch mit Dad
    einfiel. Ich rief meine Mutter an und bat sie, das Schlafzimmer
    keinesfalls mauve zu streichen. Der Schuß ging insofern nach hinten
    los, als sie diese Idee für grandios hielt und auflegte, bevor ich

    - 26 -
    widersprechen konnte. Seufzend blätterte ich in den
    Telefonprotokollen, die sich im Lauf der letzten beiden Tage
    angesammelt hatten. Die meisten Anrufe kamen von Informanten oder
    besorgten Bürgern, die überfallen oder betrogen worden waren und
    nun wissen wollten, wie wir mit den Ermittlungen vorankamen.
    Aber all das waren Kleinigkeiten im Vergleich zu Chuzzlewit –es
    gab schließlich jede Menge gutgläubiger Menschen, die zu
    Schleuderpreisen Byron-Erstausgaben kauften und sich bitter
    beklagten, wenn sie im nachhinein feststellten, daß sie einer
    Fälschung aufgesessen waren. Wie die meisten meiner Kollegen hatte
    ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wer hinter alldem
    steckte, aber die großen Fische fingen wir nie – nur die »Veräußerer«,
    die Händler, welche die Ware weiterverkauften. Das Ganze roch nach
    Korruption an höchster Stelle, aber das konnten wir nicht beweisen.
    Normalerweise las ich die Protokolle mit Interesse, doch heute schien
    mir nichts furchtbar Wichtiges dabei zu sein. Die Gedichte von Byron,
    Poe und Keats sind und bleiben schließlich Originale, Raubdruck hin
    oder her. Dem Lesevergnügen tut das keinen Abbruch.
    Ich zog meine Schreibtischschublade auf, holte einen kleinen
    Spiegel daraus hervor und sah hinein. Eine junge Frau mit reichlich
    unscheinbaren Zügen starrte mich an. Ihr halblanges, mattbraunes
    Haar war im Nacken achtlos zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre
    Wangenknochen ließen sich bestenfalls erahnen, und in ihrem Gesicht
    zeichneten sich unverkennbar erste Falten ab. Ich dachte an meine
    Mutter, die schon mit fünfundvierzig runzlig wie eine Walnuß
    gewesen war. Schaudernd legte ich den Spiegel in die Schublade
    zurück und holte ein verblichenes, leicht zerknittertes Foto heraus. Es
    zeigte mich im Kreise einer Handvoll Kameraden auf der Krim:
    Corporal T. E. Next, 33550336, Fahrer (TTP), Leichte Panzerbrigade.
    Ich hatte meinem Vaterland gewissenhaft gedient, ein militärisches
    Desaster überlebt und war dafür

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