01_Der Fall Jane Eyre
haben, aber
sie haben es geschafft. Gerade hat Supreme Commander Call
angerufen, der Premierminister macht ihm die Hölle heiß. Im
Parlament wird heftig debattiert, und der eine oder andere Kopf wird
rollen. Und meiner wird das nicht sein, darauf können Sie wetten.«
Er sah uns betont eindringlich an, und mir wurde ein wenig mulmig
zumute – schließlich war ich diejenige, die das Museum in
Sicherheitsfragen beraten hatte.
»Wir arbeiten auf Hochtouren, Sir«, sagte ich und ließ das Video
weiterlaufen. Die Perspektive wechselte im Fünfsekundentakt, ohne
jedoch neue Erkenntnisse ans Licht zu bringen. Ich nahm mir einen
Stuhl, spulte das Band zurück und sah es mir noch einmal an.
»Wozu soll das gut sein?« fragte Paige.
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»Wer sucht, der findet.«
Aber ich fand nichts.
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3.
Wieder am Schreibtisch
Das Special Operations Network wird direkt von der
Regierung finanziert. Obwohl die Arbeit der Behörde im
wesentlichen zentral gesteuert wird, verfügen sämtliche
SpecOps-Abteilungen über örtliche Repräsentanten, die
auf die Vorgänge in der Provinz ein wachsames Auge
haben. Diese unterstehen wiederum örtlichen
Kommandanten, die mit den staatlichen Behörden für
Informationsaustausch,
geistige Führung und
Grundsatzentscheidungen in ständigem Kontakt stehen.
Wie bei den meisten großen Behörden ist das alles bloß
Theorie, und in der Praxis herrscht heilloses Chaos.
Interne Querelen, Intrigen, politische Interessenkonflikte,
Arroganz und schlichte Sturheit führen nachgerade
zwangsläufig dazu, daß die linke Hand nicht weiß, was
die rechte tut.
MILLON DE FLOSS
- Eine kurze Geschichte des Special Operations Network
Nach achtundvierzig Stunden ergebnisloser Jagd auf Martin
Chuzzlewit hatten wir nicht den geringsten Hinweis auf seinen
Verbleib. Von Konsequenzen war die Rede, doch dazu mußten wir
erst einmal herausbekommen, wie das Manuskript entwendet worden
war. Es hatte schließlich wenig Sinn, jemanden dafür zur
Rechenschaft zu ziehen, daß im Sicherheitssystem eine Lücke klaffte,
wenn man gar nicht wußte, worin sie bestand.
Mich langsam, aber sicher der Verzweiflung nähernd, saß ich an
meinem Schreibtisch auf dem Revier, als mir mein Gespräch mit Dad
einfiel. Ich rief meine Mutter an und bat sie, das Schlafzimmer
keinesfalls mauve zu streichen. Der Schuß ging insofern nach hinten
los, als sie diese Idee für grandios hielt und auflegte, bevor ich
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widersprechen konnte. Seufzend blätterte ich in den
Telefonprotokollen, die sich im Lauf der letzten beiden Tage
angesammelt hatten. Die meisten Anrufe kamen von Informanten oder
besorgten Bürgern, die überfallen oder betrogen worden waren und
nun wissen wollten, wie wir mit den Ermittlungen vorankamen.
Aber all das waren Kleinigkeiten im Vergleich zu Chuzzlewit –es
gab schließlich jede Menge gutgläubiger Menschen, die zu
Schleuderpreisen Byron-Erstausgaben kauften und sich bitter
beklagten, wenn sie im nachhinein feststellten, daß sie einer
Fälschung aufgesessen waren. Wie die meisten meiner Kollegen hatte
ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wer hinter alldem
steckte, aber die großen Fische fingen wir nie – nur die »Veräußerer«,
die Händler, welche die Ware weiterverkauften. Das Ganze roch nach
Korruption an höchster Stelle, aber das konnten wir nicht beweisen.
Normalerweise las ich die Protokolle mit Interesse, doch heute schien
mir nichts furchtbar Wichtiges dabei zu sein. Die Gedichte von Byron,
Poe und Keats sind und bleiben schließlich Originale, Raubdruck hin
oder her. Dem Lesevergnügen tut das keinen Abbruch.
Ich zog meine Schreibtischschublade auf, holte einen kleinen
Spiegel daraus hervor und sah hinein. Eine junge Frau mit reichlich
unscheinbaren Zügen starrte mich an. Ihr halblanges, mattbraunes
Haar war im Nacken achtlos zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre
Wangenknochen ließen sich bestenfalls erahnen, und in ihrem Gesicht
zeichneten sich unverkennbar erste Falten ab. Ich dachte an meine
Mutter, die schon mit fünfundvierzig runzlig wie eine Walnuß
gewesen war. Schaudernd legte ich den Spiegel in die Schublade
zurück und holte ein verblichenes, leicht zerknittertes Foto heraus. Es
zeigte mich im Kreise einer Handvoll Kameraden auf der Krim:
Corporal T. E. Next, 33550336, Fahrer (TTP), Leichte Panzerbrigade.
Ich hatte meinem Vaterland gewissenhaft gedient, ein militärisches
Desaster überlebt und war dafür
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