01 - Der Geist, der mich liebte
im Kamin. Selbst das Feuer konnte die Kälte im Raum nur oberflächlich vertreiben. Ich seufzte. Wenn ich jemals wieder ein Haus erben sollte, so nahm ich mir fest vor, würde ich das Erbe ausschlagen.
Ich wollte das Handy zurück auf den Couchtisch legen, erinnerte mich jedoch, wie dringend ich es heute gebraucht hätte. Noch einmal wollte ich nicht in so eine blöde Situation geraten. Ich ging in den Flur und legte das Handy neben den Hausschlüssel auf die Treppe.
Da klingelte das Telefon. Nicht mein Handy, sondern das normale Telefon, das in der Küche an der Wand hing. Wer konnte das sein? Die Antwort bekam ich augenblicklich, als ich den Hörer abnahm. Mr Perkins aus dem Heimwerkermarkt war dran und verkündete mir erfreut, dass er meine Kartons bereits hatte und sie mir gleich noch vorbeibringen wollte. Natürlich sagte ich zu.
Nachdem ich aufgelegt hatte, fiel mir der Zettel mit Tess' Telefonnummer ein. Ich zog ihn aus meiner Tasche und hängte ihn an die Pinnwand neben dem Telefon. Im Handy hatte ich die Nummer bereits eingespeichert.
Mr Perkins kam keine halbe Stunde später mit einem riesigen Stapel Kartons. Er half mir, die unhandlichen Teile durch den Flur in die Garage zu tragen - das Tor funktionierte noch immer nicht - und verabschiedete sich dann sofort wieder.
Alles, was ich jetzt noch wollte, waren ein heißes Bad und mindestens zehn Stunden Schlaf. Ich überprüfte noch einmal, ob auch wirklich alle Türen und Fenster verschlossen waren, dann ging ich nach oben und ließ mir eine Wanne einlaufen.
Einmal mehr stellte ich verwundert fest, dass es im Bad tatsächlich wärmer war als im Rest des Hauses. Ich genoss die Hitze, die sogar Fenster und Spiegel beschlagen ließ, und blieb so lange in der Wanne liegen, bis mir fast die Augen zufielen. Allmählich kühlte auch das Wasser ab. Seufzend stieg ich aus der Wanne und wickelte mich in ein Handtuch. Zum ersten Mal seit meiner Ankunft fühlte ich mich halbwegs entspannt.
Das Gefühl der Ruhe verschwand abrupt, als ich das Badezimmer verließ. Die plötzliche Kälte auf dem Gang ließ mich frösteln. Hastig ging ich in mein Schlafzimmer, nicht ohne überall das Licht anzumachen. Daran, im Dunkeln durch das Haus zu gehen, wagte ich nicht einmal zu denken. Ich schloss die Tür hinter mir und kroch ins Bett. Kaum lag ich unter der Decke, tastete ich nach der Lampe,
um sie auszuknipsen. Noch ehe ich den Schalter berührte überlegte ich es mir anders. Nach den Erfahrungen der letzten Nacht wollte ich das Licht lieber anlassen. Dafür konnte ich mir nur gratulieren! Jetzt war ich endgültig zurück im Kleinkindalter!
In dieser Nacht schlief ich nicht besonders gut. Immer wieder wachte ich auf und jedes Mal rechnete ich damit, ein Gesicht über mir zu sehen, sobald ich die Augen öffnete. Doch abgesehen von der Kälte war da nichts.
Obwohl ich ziemlich gerädert war, stand ich früh auf. Nachdem ich geduscht hatte, fühlte ich mich gleich frischer und nach dem Frühstück war ich dann bester Dinge. Immerhin hatte ich diesmal keine schlechten Träume gehabt, die mir irgendwelche geisterhaften Erscheinungen vorgegaukelt hatten. Wenn ich es nächste Nacht auch noch schaffte, das Licht auszuschalten, standen meine Chancen nicht schlecht, morgen Früh ausgeruht aufzuwachen.
Während ich den Abwasch erledigte, überlegte ich, wo ich mit meinem Renovierungsmarathon starten sollte. Ich beschloss damit zu beginnen, Tante Fionas Sachen auszusortieren. Ich schnappte mir eine Flasche Wasser und zwei Kartons und ging ins Arbeitszimmer. Zu meinem Erstaunen war es dort warm. Das war mir schon ein paarmal aufgefallen. Manchmal war es, als erreichte ich einen Raum vor der Kälte. Dann war die Temperatur angenehm normal. Meistens dauerte es jedoch nicht lange, bis es schlagartig kalt wurde. Als sei mir die Kälte erst ein wenig später gefolgt. Auch jetzt musste ich nicht lange warten, ehe ich den kühlen Hauch spürte, der über mich hinwegstrich, fast wie eine Begrüßung.
Ich stellte das Wasser auf den Schreibtisch und wandte mich dem Bücherregal zu. Buch um Buch zog ich aus dem Regal und trennte nach entsorgen und behalten. Die wenigsten Bücher interessierten mich. Fachwissen für den Grundschulunterricht war nicht unbedingt das, was ich mir unter einer spannenden Bettlektüre vorstellte. Ich arbeitete mich recht schnell über die ersten drei Regalböden voran, dann kam ich zu den Romanen. Ab da ging es langsamer. Ich warf nicht nur einen Blick auf den Titel,
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