01 - Der Geist, der mich liebte
der Schock langsam nachließ, zusammenklappten. Dass das jetzt auch mir passieren könnte, gefiel mir nicht sonderlich.
Adrian, der noch immer neben mir saß, wandte sich mir zu und sah mich an. Sein Blick war so intensiv, dass mir ganz warm wurde. Es wollte mir nicht gelingen, meine Augen von seinen zu lösen. Auch nicht, als er näher rückte und sich zu mir beugte. Ich spürte seine Hand in meinem Haar, als er mich zu sich heranzog. Dann küsste er mich. Es war ein sanfter Kuss, vorsichtig und ein wenig zögernd, als fürchtete er, ich würde ihn abweisen. Tatsächlich dachte ich daran, das zu tun. Schließlich jedoch erwiderte ich seinen Kuss. Schon bei unserer ersten Begegnung hatte ich in ihm einen Traumprinzen sehen wollen. Wäre Nicholas nicht in meinem Haus erschienen, hätte sich daran nichts geändert. Ich wollte, dass es wieder so war! Ich wollte Nicholas - seinen Angriff, seine ganze Anwesenheit, die verdammten blauen Augen - vergessen und einfach so tun, als wäre nie ein anderer als Adrian da gewesen.
Adrian vertiefte seinen Kuss und zog mich enger an sich. Seine Hand glitt über meinen Rücken und meine Taille, erforschte langsam meinen Körper. Mein Herzschlag beschleunigte sich, ein heftiges Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. So sollte es immer sein. Als ich begriff, dass ich damit nicht Adrian, sondern Nicholas meinte, rückte ich von ihm ab.
»Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht überfallen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Es liegt nicht an Ihnen. Ich habe Sie gern, Adrian. Es ist nur ...« Wieso dachte ich immer noch an Nicholas ? Er hatte mich angegriffen!
»Jetzt sagen Sie bitte nicht, wir können Freunde sein. Das würde mir das Herz brechen.«
»Nein. Doch. Also ich meine, ich hätte Sie gerne als Freund, aber auch ...« Ich redete völligen Blödsinn. »Es geht mir einfach zu schnell. Können Sie mir ein wenig Zeit geben ?« Bis ich mir über meine eigenen Gefühle im Klaren bin? Helfen Sie mir, Nicholas zu vergessen! Am liebsten hätte ich geheult, so frustriert war ich von der ganzen Situation.
»Sie sehen wirklich nicht gut aus, Sam. Sie sind sehr blass. Möchten Sie sich lieber hinlegen?« Ich muss ihn derart erschrocken angesehen haben, dass er hastig den Kopf schüttelte. »Ich verspreche, ich werde Sie nicht verführen. Zumindest nicht, solange Sie das nicht auch wollen.« Er klopfte mit der Hand auf die Sitzfläche der Couch. »Hier, machen Sie es sich bequem. Legen Sie die Beine hoch und schließen Sie die Augen. Ich kann auch die Fenster aufmachen. Vielleicht hilft Ihnen ein wenig frische Luft.«
»Danke, ist schon in Ordnung. Wirklich. Es tut mir nur leid, dass ich so eine lausige Gesellschafterin bin.«
»Ich würde Sie nicht mal gegen Tom Peterson, den besten Alleinunterhalter von ganz Cedars Creek, eintauschen wollen!«
»Das spricht nicht unbedingt für die Qualität dieses Tom.«
Adrian lachte. »Sehen Sie, Sie bringen mich trotzdem zum Lachen. Warum also sollten Sie eine schlechte Gesellschafterin sein?« Er wurde wieder ernst. »Nimmt Sie der Streif mit Ihrer Mutter immer noch so mit?«
Einmal mehr war ich versucht, ihm die Wahrheit zu erzählen. Ich wusste nur immer noch nicht, wie ich das anstellen sollte, ohne als völliger Idiot dazustehen. Während ich noch darüber nachdachte, wie ich das Problem lösen konnte, klingelte es. Ich schrak zusammen. Mein erster Gedanke war, dass Nicholas gekommen war, um Adrian und mich zu töten. Klar, und dazu würde er klingeln. Am Ende hatte er sich von Adrians Sekretärin noch einen Termin geben lassen und stand jetzt in Adrians Kalender: halb elf, Treffen mit Geist von Uronkel zu Kampf auf Leben und Tod.
Die Vorstellung war vollkommen albern. Als Adrian aufstand, um zur Tür zu gehen, hätte ich ihm trotzdem beinahe hinterhergeschrien, er solle auf keinen Fall öffnen. Doch Nicholas konnte den Umkreis des Friedhofs nicht verlassen! Wenn ich jetzt etwas sagte, würde ich mich endgültig zum Trottel machen. Ich hielt den Mund und beobachtete, wie Adrian in die Eingangshalle entschwand.
Keine Minute später kehrte er zurück. Er war nicht allein, und seine Miene zeigte deutlich, wie enttäuschend er das fand.
»Tess!«, rief ich erstaunt. Sie sah ähnlich abgehetzt aus, wie ich mich fühlte. Ihre Wimperntusche war verwischt, als hätte sie geweint, und die Haare waren nicht so sorgfältig gestylt wie sonst. Außerdem kaute sie keinen Kaugummi. Da stimmte was nicht! Nicholas! »Ist etwas passiert?«
»Sam, es
Weitere Kostenlose Bücher