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01 - Der Geist, der mich liebte

01 - Der Geist, der mich liebte

Titel: 01 - Der Geist, der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Logan
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jetzt ein toter Bibliothekar! Sheriff Travis würde mich schneller verhaften, als ich »unschuldig« sagen konnte. Entweder das oder die Bewohner von Cedars Creek würden mich als Unglücksbringer aus der Stadt jagen. Beziehungsweise auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Weitere Renovierungsarbeiten würden mir so oder so auf jeden Fall erspart bleiben.
    »Scheiße«, murmelte ich und fuhr zusammen, als ich ein Geräusch hörte. Ein Scharren, es kam vom Tresen. Ich lauschte. Da war es wieder. Mr Owens schnarchte! Ich stieß erleichtert die Luft aus. Ein kurzer Blick nach allen Seiten, dann huschte ich am Tresen vorbei und verzog mich zwischen die Regale. Ich sah mich noch einmal nach Mr Owens um, doch er hatte sich noch immer nicht gerührt. Von Zeit zu Zeit war ein leises Schnarchen zu vernehmen.
    Ich schlich an den Bücherregalen entlang in den hinteren Teil der Bibliothek. Immer wieder hielt ich inne, um zu lauschen. Jedes Mal erwartete ich, gleich Mr Owens hinter mir zu sehen - oder Nicholas. Aber immer, wenn ich mich umsah, war da nichts. Endlich erreichte ich die Tür unter der Treppe. Ich zog den Schlüsselbund aus der Hosentasche. Die Schlüssel klirrten leise. Erschrocken sah ich mich um. Alles ruhig. Vorsichtig legte ich meine Finger darum, um zu verhindern, dass die Schlüssel ständig aneinanderschlugen. Ich brauchte drei Versuche, bis ich den passenden Schlüssel gefunden hatte.
    Die Tür knarrte leise, als ich sie aufdrückte. Diesmal hielt ich nicht an. Ich schlüpfte hindurch und drückte sie wieder hinter mir zu. Modrige Feuchtigkeit umwehte meine Nase wie schlechter Zombieatem. Jetzt erst wurde mir die undurchdringliche Dunkelheit bewusst, die vor mir lag. Ich versuchte mich zu erinnern, wo sich der Lichtschalter befunden hatte. Irgendwo links. Vorsichtig streckte ich die Hand aus und zuckte zurück, als meine Finger die Wand ertasteten. Was sich alles in der Dunkelheit verbergen konnte! Was, wenn Nicholas plötzlich vor mir stand? Aber es war nicht kalt, zumindest nicht kalt genug. Er war nicht hier, sondern auf dem Weg zu Adrian! Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und legte meine Hand erneut auf die Wand. Meine Finger fuhren über das raue Mauerwerk. Ein paar Spinnweben verfingen sich dazwischen. Ich unterdrückte einen Aufschrei und schüttelte sie ab. Endlich fand ich den Lichtschalter und betätigte ihn. Vor mir spuckte die Dunkelheit die enge Holztreppe aus. Ich stand dicht am Rand der obersten Stufe. Nur ein paar Zentimeter weiter in der Dunkelheit und ich wäre die Treppe hinuntergestürzt. Wenn ich mir dabei den Hals gebrochen hätte, könnte ich künftig auch als Geist herumspuken. Meine unvollendete Aufgabe wäre es, Nicholas daran zu hindern, seinen Bruder und seinen Großneffen zu töten. Ich schüttelte den Gedanken zusammen mit den restlichen Spinnweben ab, die noch zwischen meinen Fingern klebten.
    Entschlossen setzte ich den Fuß auf die zweite Stufe. Das Holz knarrte leise. Der enge Gang war beklemmend. Viel beklemmender als damals zusammen mit Tess. Das Knarren, das jeder meiner Schritte auslöste, machte mich nervös. Noch nervöser machte es mich jedoch, dass die Dielen auch dann ächzten, als ich längst nicht mehr draufstand.
    »Das ist normal«, sagte ich leise zu mir selbst. Holz ist lebendig. Es bewegt sich. Wie in Tante Fionas Haus. »Nichts Ungewöhnliches, Sam.« Trotzdem beeilte ich mich, die Treppe hinter mich zu bringen.
    Unten wurde es nicht besser. Das dämmrige Licht floss von den Deckenlampen in den Gang, ohne die Wände vollends zu erreichen. Die dunklen Holztüren, die vom Gang abzweigten, lagen halb in den Schatten verborgen. Ich mied es, sie anzusehen, denn immer, wenn ich es tat, musste ich an einen weit aufgerissenen Rachen denken, der mich gleich verschlucken würde.
    Um nicht ständig in die Schatten starren zu müssen,
    richtete ich den Blick auf den Boden, wo meine Füße bei jedem Schritt feine Spuren im Staub hinterließen. Die wenigen weiteren Abdrücke, die ich sah, stammten wahrscheinlich vom letzten Mal, als ich mit Tess hier gewesen war.
    Ich ging viel zu langsam. Wäre ich in einem Horrorfilm gewesen, wären als Nächstes die Glühbirnen durchgebrannt. Eine nach der anderen. Erst flackern und dann verlöschen, bis ich mich in völliger, undurchdringlicher Finsternis wiedergefunden hätte. Dieses Gefühl beschleunigte meinen Schritt so sehr, dass ich die letzte Tür in Windeseile erreichte.
    Ehe mich mein gesammeltes Horrorfilmwissen zum Thema

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