Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
uns im Morgen ein neues Schicksal suchen.«
    Sie streichelte seine Wange, fast wie früher, doch es war nur noch Erinnerung, und ihre Hand war kalt. »Ich danke dir für deine offenen Worte. Deinen Rat will ich annehmen und meine Reise nach Xanten vorbereiten lassen. Burgund ist weder Heim noch Heimat mehr für mich. Doch verstehe auch, dass ich im Schmerz Elsa nicht vergeben kann.«
    Der junge Prinz ließ die Schultern hängen. »Es tut mir Leid, Kriemhild. Es vergeht keine Nacht, in der ich mich nicht nach früheren, besseren Zeiten zurücksehne.«
    Sie küsste ihn vorsichtig auf die Nasenspitze. »Es ist Zeit, der Zukunft stolz entgegenzutreten. Du wirst dein Glück finden, darauf vertraue ich.«
    Er sah sie flehend an. »Und du?«
    »Ich finde meine Bestimmung.«
    Es gab nichts mehr zu sagen, und Gernot drehte sich um. Kaum außer Hörweite, machte Kriemhild aus der Antwort einen Schwur. »Und meine Rache.«
    Dann erbrach sie sich, wie schon mehrfach in den vergangenen Tagen.
     
    Die Sonne stach in Gunthers Augen, und der Schmerz vibrierte durch seinen Kopf, als er auf den Hof trat. In den letzten Tagen hatte er nur selten den Himmel über sich gehabt, denn seine Tage waren damit angefüllt, zwischen Trunk und Hagens Vision mühsam seinen Pflichten als König nachzukommen. Doch ein Ratgeber hatte ihn darauf hingewiesen, dass Kriemhild fleißig dabei war, ihre restliche Habe zum Hafen bringen zu lassen.
    Er sah, wie sie mit ruhiger Hand und strengem Ton die Diener hin und her scheuchte, während ein Karren nach dem anderen durch das Burgtor rollte.
    Als Gunther sich räusperte, um die Aufmerksamkeit seiner Schwester zu erregen, wurde ihm leicht übel. Kriemhild drehte sich zu ihm, den Blick gleichgültig. »Gunther.«
    »Es scheint . . . als ob du Burgund verlassen willst«, eröffnete der König das Gespräch mit dem Offensichtlichen.
    Kriemhild nickte. »Hier bin ich nur Prinzessin - in Xanten bin ich Königin. Und Xanten braucht seine Königin.«
    Hagen gefiel die Antwort nicht - zu stark, zu selbstbewusst war Siegfrieds Witwe. »Seht Euch vor, Majestät, ihr Stimmungswandel ist arg verwunderlich.«
    »Es ... es freut mich, dass du deine Trauer überwunden hast«, sagte Gunther vorsichtig. »Doch es wundert mich, dass du nicht das Gespräch mit mir gesucht hast.«
    Wie ein Kampfgefährte legte Kriemhild ihrem Bruder die Hand auf die Schulter. »Guter Gunther, dein Reich bereitet dir genügend Mühen. Ich würde niemals wagen, dir weiter eine Bürde zu sein.«
    »Das Gold!«, zischte Hagen. »Was ist mit dem Gold?«
    Nur ein nervöses Zucken seines Kopfes verriet, dass Gunther die unhörbare Einmischung als lästig empfand. »Du brauchst nicht übereilt deine Habe zu packen. Gerne schicke ich dir ein Schiff hinterher, mit meinen besten Soldaten zum Schutz. Sie können alles, was dir wert und teuer ist, nach Xanten schaffen.«
    Kriemhild sah ihn weiter unergründlich an. »Ich nehme alles mit, was mein ist, Gunther. Danke.«
    Sie wandte sich an einen Diener. »Verpackt meine Kleider sorgfältig. Ich will sie nicht vom Rheinwasser ruiniert sehen!«
    Abrupt stehen gelassen, spürte Gunther die Augen des halben Hofstaats auf sich, und Hagen zischte wütend: »Wir sollten uns zurück in den Thronsaal begeben. Bei einem guten Wein ist das weitere Vorgehen besser zu beraten.«
    »Gut«, murmelte Gunther.
    »Was?«, fragte Kriemhild.
    »Nichts«, sagte der König und ging aus der Sonne.
     
    Elsa und Gernot sahen von einem Balkon, wie Kriemhild ihren Bruder abkanzelte. Hagens Tochter hakte sich bei ihrem Geliebten unter. »Es wird nicht gut ausgehen.«
    Der Prinz nickte. »Aber wenn Kriemhilds Abreise die einzige Konsequenz sein sollte, danke ich dafür dem Himmel.«
    »Du hättest ihr nie sagen dürfen, dass Gunther von dem Mord an Siegfried wusste, ihn vielleicht sogar geplant hat.«
    Gernot wandte den Blick nicht von seiner Schwester. »Ich weiß es, bei klarem Gedanken. Aber als sie auf deinen Namen spuckte, war die Wahrheit mir wichtiger als die Reste dieses verlogenen Familienfriedens.«
    Elsa zog ihn so fest an sich, wie es ihre schmalen Arme zuließen. »Du bist für mich ein Held, nicht weniger stolz und strahlend als Siegfried, von dem noch immer alle sprechen.«
    Er drückte sie sachte. »Aber dein Held hat keine Ahnung, was nun zu tun ist.«
    »Wir könnten fortgehen, weit fort«, flüsterte Elsa. »Wozu brauchen wir Dänemark oder Island?«
    Traurig zeigte Gernot auf den König, der mit müden Schritten

Weitere Kostenlose Bücher