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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Großmut«, flüsterte Hagen seinem König zu.
    »Ich habe nachgedacht«, verkündete Gunther nun. »Nachdem mein Bruder Island nicht im Namen der Familie führen will und über viele Reiche hinweg die Insel kaum zu regieren ist, werde ich den alten Eolind als Statthalter dort fest vereiden. Es wird kein Teil von Burgund sein, aber Xantens Freund im hohen Norden.«
    Kriemhild ging nicht darauf ein, und der König spürte eine Spannung, die nur mühsam verheimlicht wurde. So sehr er es darauf angelegt hatte, Kriemhild am Hof zu binden, so sehr freute er sich nun, sie endlich los zu sein.
    »Können wir denn auf eine Einladung hoffen, sobald du fest auf Xantens Thron sitzt?«, fragte Gernot, um die Stimmung etwas zu lockern.

    Kriemhild sah ihn ausdruckslos an. »Die Einladung wird kommen, wenn die Zeit reif ist, um die Vergangenheit hinter verschlossener Tür einzusperren.«
    Es waren keine freundlichen Worte, und ihr Klang versprach nur Ende, nicht Neuanfang.
     
    Der Wunsch nach Führung im geknechteten Xanten war nicht weniger groß als im straff geführten Dänemark. Wie es dem Sieger eines Krieges zustand, war alles für die Übernahme der Macht vorbereitet, als Kriemhilds Boote in Sicht kamen. Der Adel hatte durch bezahlte Spitzel früh gewusst, dass kein König kommen würde, um den Thron für sich zu fordern. Siegfried, den das Land mit Jubel hätte grüßen können, war unter seltsamen Umständen ums Leben gekommen. Von den hohen Ständen war die Nachricht durch Diener und Vasallen ins Volk getropft und dort mit Bedauern, nicht aber großem Wehklagen aufgenommen worden. Regins Warnung bewahrheitete sich, dass das Volk nicht wirklich auf Siegmunds Erben gewartet hatte.
    Xanten empfing Kriemhild mit allen Ehren, wenn auch einiger Unsicherheit. Doch die schöne Königin wusste, wie man den Hofstaat schnell auf die eigene Seite brachte. Viel dänisches Gold wanderte von den Schatullen auf die Straßen, in die Häuser, auf die Tische der Bürger. Wege wurden neu gestampft und Streitigkeiten mit weiser Hand geschlichtet. Mit wenig Schlaf und einfacher Kleidung schaffte sich Kriemhild den Respekt, den sie brauchte, um ein Doppelreich zu regieren. Dabei achtete sie sorgsam darauf, keine mächtige Minderheit der Länder vor den Kopf zu stoßen - weder für Gebet noch für die Sprache gab es ein Gesetz.
    Dänemark war dabei einfacher zu führen als Xanten, hatte es doch lange davon profitiert, die Heimat Hjalmars zu sein. Es war ein Land in guter Verfassung, und darum traute es sich die burgundische Prinzessin zu, es aus der Ferne zu regieren, aus Xanten. Die besten Reiter beider Heere wurden rekrutiert, um auf schnellstem Wege Botschaften über die Grenzen bringen zu können.
    Kriemhilds Bauch wölbte sich in den Wochen erst kaum sichtbar, dann jedoch stark am Stoff ihrer Kleider zerrend. Was ihren Ratgebern und Heerführern wie ein dunkles Geheimnis vorgekommen war, verwandelte die Königin in Jubel und Ertrag, als sie dem begeisterten Volk verkündete: »Die Worte, die man bisher flüsternd sprach, sind wahr - wo ich euch den König nicht mehr habe bringen können, wird dereinst Siegfrieds Sohn seinen Platz einnehmen!«
    Doch wer erwartet hatte, dass Kriemhild als schwaches, schwangeres Weib dem Heer ein zu schwaches Auge bieten würde, der sah sich getäuscht. Die besten Verbände beider Länder wurden zusammengelegt und viele davon an den Grenzen stationiert. In Dutzenden von neu geschaffenen Siegfried-Schmieden glühte die Kohle jede Nacht, um darin Klingen für die Leiber der Gegner zu schmieden, die es wagen sollten, die Grenzen zu verletzen.
    In nur sechs Monaten war geschafft, was Hjalmar in fast zwanzig Jahren nicht vergönnt gewesen war - Xanten und Dänemark bildeten ein Reich, im Innern stark und stolz unter der Krone Kriemhilds. Das Getuschel in den Tavernen war lauten Lobliedern auf die Königin gewichen, und kaum ein Mädchen wurde geboren, das nicht ihren Namen trug.
    Für sich selbst hatte Kriemhild jedoch anderes im Sinn.
    Drei Tage und drei Nächte lang schrie sie, um Siegfrieds Sohn zu gebären. Hatte es je einen Zweifel gegeben, dass es ein Sohn sein würde? Nicht für die Königin, denn die Götter hatten dem Kind ein besonderes Schicksal zugedacht. Und der Knabe, stark schon im Mutterleib, kam zur Welt, wie es nur Helden zustand - kämpfend und in Schmerz. Immer wieder wechselten sich die ermüdeten Hebammen ab, und Laken nach Laken wurde herbeigeschafft, um dann durchschwitzt und voller Blut

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