Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
ins Feuer zu wandern. In Schweiß und Fieber verlor Kriemhild fast ihr Leben, doch wenn die Heiler bei Hofe vorschlugen, das Kind noch im Leibe zu töten, um die Königin zu retten, hatte sie den Dolch griffbereit, jedem Versuch mit blankem Eisen zu begegnen.
    Mit jeder Stunde, die der Erbe Xantens nicht geboren wurde, vergrößerte sich die Menge der Menschen, die um die Burg sich im Gebet versammelten, und am Morgen des dritten Tages war auf den Straßen und Feldern des Landes kaum noch jemand anzutreffen.
    Kriemhild ertrug das Leid, das ihren Körper fast zerriss, war es doch nur ein schaler Abklatsch des Schmerzes, den Siegfrieds Tod ihrer Seele zugefügt hatte. In Pein hatte sie ihn verloren, in Pein würde sie ihn wiederfinden. Und richtig - als die Hebamme ihr den Knaben, da die Nabelschnur noch nicht einmal durchtrennt war, blutig in die Arme legte, sah Kriemhild Siegfried wieder. In den Augen schon den trotzigen Blick und in den Fingern eine Kraft, dass ihre gedrückte Hand blau anlief.
    Obwohl jeder ihr zu Schlaf und Erholung riet, befahl Kriemhild, dass man ihre Krone herbeischaffen solle. Einen sauberen Mantel hing sie sich um die Schultern, das schweißnasse Haare nur schnell gekämmt, und nahm das Kind mit auf den Balkon, um es dem Volk zu zeigen.
    Der Jubel war unbeschreiblich, und in Wellen durchlief er die Xantener Bürger wie wohlige Schauer. Ihr Name wurde tausendfach geschrien, bis sie mit gehobener Hand Schweigen verlangte. Ihre Stimme, nach drei Tagen brüchig und erschöpft, klang dennoch stark und entschlossen. »Wenn ihr einen Namen preisen wollt, dann nicht den meinen. Mit dem heutigen Tag, der heutigen Geburt, hat Xanten und Dänemark wieder einen König, und meine Regentschaft wird ein Übergang zu glorreicher Zeit.«
    Sie hielt den Jungen stolz über sich. »Preist Siegfried von Xanten!«
    Und als Kriemhild das Kind wieder an sich drückte, sprach sie leise: »Hörst du es? Für dieses Volk wirst du dereinst über die Gräber der Mörder deines Vaters trampeln.«
     
    »Ein Kind?«, knurrte Gunther missmutig, nachdem der Bote den Thronsaal wieder verlassen hatte. »Von wem? Wieso? Und weshalb wurde die Taufe nicht im Familienkreis gehalten?«
    Hagen lehnte gelassen an einem der Langtische. »Von wem? Diese Frage dürfte am leichtesten zu beantworten sein. Wenn wir zurückrechnen, kommt nur der Schmied in Betracht. Wie es scheint, war unsere Tat zwar mutig, doch ein wenig zu spät.«
    »Kriemhild hat ein großes Reich zu regieren und ein Kind an der Brust zu stillen«, gab Gernot zu bedenken. »In ihrem Kopf mögen andere Dinge vor der Familie Vorrang haben.«
    Gunther trank seinen Wein, als gäbe er ihm Halt. »Vorrang? Wäre eine Taufe nicht Gelegenheit, jeden alten Zwist zu beenden? Würden die Burgunder Herzen nicht alles tun, Kriemhild bei der Bewältigung ihrer Lasten zu helfen?«
    Es kostete Gernot Mühe, seinem Bruder nicht zu gestehen, dass er Kriemhild die Wahrheit über die Ermordung Siegfrieds gebeichtet hatte. Aber im Gespräch mit Elsa hatte er entschieden, diese Dinge endlich ruhen zu lassen.
    »Wie man hört, macht sie sich prächtig auf dem Thron«, sagte er versöhnlich.
    »Prächtig in einem Reich, das Ihr mit Eurem Heer einst erobert habt«, zischte Hagen, und Gunther verzog das Gesicht.
    »Lasst Prinz . . . Königin Kriemhild tun, was ihr gefällt«, brummte Gunther. »Wenn sie dem gemeinsamen Blut keine Bedeutung mehr beimisst, so will ich es auch nicht tun.« Er schenkte sich noch etwas Wein ein.
     
    Kriemhild hatte ihren Gast gebeten, diesmal ohne große Entourage zu reisen. Nicht ohne Überraschung war ihrer Bitte gleich entsprochen worden, und nur wenige Vertraute, allesamt kampferprobte Krieger, begleiteten Etzel, als er in die Burg geleitet wurde.
    Seit ihrer ersten Begegnung hatte er sich nicht verändert, und wieder kam Kriemhild zu dem Schluss, dass Mundzuks Sohn eine stattliche Erscheinung war. Und von edlem Charakter war er auch, denn ohne Arroganz und Bitterkeit kniete er vor ihrem Thron nieder, wie er es schon einmal getan hatte. »Königin Kriemhild - es freut mich, Euch gesund zu sehen und als Herrscherin eines großen Reiches.«
    Sie nickte und bedeutete ihm, sich zu setzen. Der einzige Platz, der sich dafür eignete, war ein leerer Thron zu ihrer Linken, nicht ohne Grund für diesen Zweck gewählt. Der Hunne hob fragend eine Braue, zögerte aber keinen Moment.
    »Ich bin kaum die Herrscherin von Xanten und Dänemark zu nennen«, erklärte Kriemhild.

Weitere Kostenlose Bücher