01- Die Normannenbraut
woanders vermutete.
»Frauen sollen keine Waffen tragen, Mylady Erin«, begann er, »schon seit 697 nicht, als die Mutter des Heiligen Adamnan zwei schöne Mädchen gegeneinander kämpfen sah. Diese zarten Geschöpfe gingen mit Eisensicheln aufeinander los, so wild und barbarisch, dass der Heilige in Tara jenes Gesetz erließ, das wir Cain Adamnan nennen. Kennt Ihr es nicht?«
Sie wollte seinem Blick standhalten, vermochte es aber nicht. Erschöpft seufzte sie auf. »Ich nehme nicht an Schlachten teil, Mergwin.«
»Nein, aber Ihr befehligt die Männer, dann greifen sie die Wikinger, die Ihr in die Falle gelockt habt, vom Wald aus an.«
Das Blut stieg ihr in die Wangen, und sie fühlte sich elend. »Was tut Ihr hier, Mergwin?« fragte sie ärgerlich. Nun fing ihr Arm zu schmerzen an, und der vergoldete Brustpanzer erschien ihr unendlich schwer. Warum übte der Druide eine so niederschmetternde Wirkung -auf sie aus? Sie war siegreich gewesen, wie schon so oft, seit sie ihre Überfälle durchführte. Aber sie empfand keinen Triumph. Sie sehnte sich nach ihrem Zuhause, nach der Mutter. Sie wollte den Schmutz von ihrem Körper waschen, ihr Haar sorgfältig kämmen und Seide für neue Kleider aussuchen …
Ach dachte, ich würde Euch hier finden, Erin«, antwortete Mergwin und setzte sich zu ihr. Als er ihre Verletzung entdeckte, fügte er hinzu: »Ich werde Euch einen Umschlag machen. Danach müsst Ihr die Wunde sauber halten, oder die ruhmreiche Laufbahn der Goldenen Kriegerin wird ein schnelles Ende finden. Versteht Ihr mich?«
Schweigend nickte sie.
In tadelndem Ton fuhr er fort: »Ich nehme an, weder Aed noch Fennen von Connaught wissen, welche Lady die Wikinger mit ihrer listigen Strategie zur Verzweiflung treibt.«
Erin konnte ihm noch immer nicht in die Augen schauen. »Nein, das wissen sie nicht.« Tollkühn konnte sie einer Kriegerhorde entgegen reiten, aber wenn der Druide ihr ins Gewissen redete, kam sie sich immer noch wie ein unartiges Kind vor. Für ihn war sie nicht die Goldene Kriegerin, sondern eine junge Frau, die befürchtete, entlarvt und gefangengenommen zu werden. Manchmal fragte sie sich, warum sie diesen Weg jemals beschritten hatte. Endlich sah sie ihren alten Lehrer an. »Mein Vater darf nicht erfahren, dass ich diese Angriffstruppen befehlige. Er würde dem allen ein Ende setzen und mich mit Fennen verheiraten.«
»Ich müsste Eurem Vater reinen Wein einschenken«, murmelte Mergwin, und sie schnappte nach Luft, als er einen Streifen, den er von seiner Robe abgerissen hatte, fest um ihren verletzten Oberarm wand . »Schon längst solltet Ihr als Fennens Frau in seiner königlichen Residenz leben, fern von Blutvergießen und törichten Mutproben.«
Sie erschauerte und verspürte viel schlimmere Angst als bei ihrem ersten Überfall. Nur selten gestattete sie sich nachzudenken. Am Tag ihrer Begegnung mit dem norwegischen Wolf hatte sie aufgehört, von glorreichen Kämpfen zu träumen, und gelernt, wie verwundbar sie war.
Doch dann war Gregory heimgekehrt, restlos genesen und von neuem Mut erfüllt. Seine Rachsucht hatte ihre eigene wieder angestachelt. Mit ihrem Vetter war sie in Clonntairth gewesen, mit ihm hatte sie den gnadenlosen Angriff der Nordländer beobachtet, nur sie beide erinnerten sich an das Grauen. Und so schwelgten sie gemeinsam in Tagträumen von niedergemetzelten Wikingern. Und sie erkannte, dass Gregory bei den Mönchen nicht nur seine Gesundheit wiedererlangt, sondern auch gelernt hatte, listenreiche Pläne zu schmieden.
Nach dem Sieg der Dänen am Carlingford-See hatte man geglaubt, nun würde Friede im Land herrschen. Doch das war ein frommer Wunsch gewesen. Dänische Banden plünderten Küstendörfer, noch während die irischen Könige mit Friggid dem Krummbeinigen zusammentrafen, und auch die besiegten Norweger kehrten bald zurück, um unbarmherzige Vergeltung zu üben.
Gregory kümmerte es wenig, ob die Angreifer den Dänen oder den Norwegern angehörten. Fieberhaft drängte es ihn, alle ausländischen Eindringlinge zu vernichten, ebenso die treulosen Iren, die ihrer Heimat den Rücken kehrten, um sich Wikingergruppen anzuschließen und ihr eigenes Volk zu berauben.
Während seiner Genesung bei den Mönchen in Armagh, hatte Gregory verschiedene Kriegsstrategien studiert. Was, er gelernt hatte, brachte er in Einklang mit Erins Geschichten von tapferen, kämpferischen Frauen von Maelsechlainns Tochter, die den Norweger Turgeis getötet hatte, und der blonden
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