01- Die Normannenbraut
Gedanke erweckte eine fast panische Angst, und Erin entschied, lange genug gewartet zu haben. Behutsam versuchte sie, sich unter seinem schweren Körper hervorzuwinden , hob seinen rechten Arm, der neben ihrem Kopf ins Gras gesunken war. Dann rückte sie vorsichtig ihre Beine nach einer Seite und drehte sich langsam auf den Bauch. Nun konnte sie leichter unter Olaf hervorkriechen.
Halb und halb hatte sie sich befreit, als sie plötzlich eine Bewegung spürte. Sie drehte sich um und schrie bestürzt auf, als sie dem Blick des Wolfs begegnete. Sein Arm umschlang ihre Taille, zerrte sie zu sich heran, und dann lag sie wieder unter seinem schweren Gewicht. »Mädchen, noch bin ich nicht im Vollbesitz meiner Kräfte. Aber solltet Ihr noch einmal zu fliehen versuchen, werde ich Euch ein Bein brechen. Da Ihr sehr zarte Knochen habt, schaffe ich das mit einer Hand, ohne allzu große Anstrengung.« Eindringlich schaute er ihr in die Augen, dann sank sein Kopf wieder auf ihre Schulter.
Tränen rollten über ihre Wangen. Lautlos weinte sie, während sie die Sonne aufgehen sah. Schließlich wurde auch sie von dem Bedürfnis nach jener Ruhe überwältigt, die der Wolf so dringend benötigte, und sie versank in einen rastlosen Schlaf.
***
Olaf sah das majestätische Gebäude von Walhall, um das sich Nebelschleier rankten, so wie es sich für die Halle der Götter geziemte. Kostbare Steine funkelten an erlesenen Trinkgefäßen, die Krieger und ihre Frauen waren in Seide gekleidet. Lachend genossen sie ihr Festmahl, und die Männer hoben große Trinkhörner an die Lippen.
Aber Olaf hielt nicht inne, um mit seinen Gefährten zu hinken. Er eilte durch die Halle, von einer nebelverhangenen Tür zur anderen. Grenilde … Sicher würde sie auf ihn warten. Und da schwebte sie ihm entgegen, die Arme ausgestreckt. Er hielt sie fest, fühlte nicht die heiße Leidenschaft, die sie ihm geschenkt hatte, nur inneren Frieden und die Zärtlichkeit endlich wiedervereinter Seelen …
Im Halbdunkel zwischen Schlaf und Wachen lächelte er, spürte die Liebkosung ihres lockigen Haars an der Wange und die Wärme ihres Körpers. Seine Finger glitten über ihr Gesicht und den zarten Hals, seine Hand umschloss eine feste, runde Brust. Leise seufzte sie und schmiegte sich fester an ihn.
Er blinzelte, brennend schien ihm der grelle Sonnenschein in die Augen. Aber noch schmerzlicher war der Verlust seines Traums. Er betrachtete die Frau, die neben ihm- in seinen Armen lag. Das Haar, das sein bärtiges Kinn berührte, schimmerte nicht golden, sondern schwarz wie die Nacht. Und die schlanken, langen Beine, mit seinen verschlungen, gehörten nicht Grenilde, ebenso wenig das zarte Gesicht - im Schlaf täuschend süß und unschuldig. Zweifellos hielt er das irische Biest umfangen, das so eifrig bestrebt gewesen war, ihn zu entmannen.
Leise seufzte sie, drückte sich noch fester an ihn, eine ihrer weichen Brüste füllte seine Hand. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Offenbar lebte sie in ihrer eigenen Traumwelt.
Doch Erin träumte nicht so wie er. Langsam kehrte sie aus dem Dunkel des Schlafs in die Wirklichkeit zurück, suchte einfach nur die Wärme und Kraft des Körpers an ihrer Seite, der ihr Sicherheit und Geborgenheit schenkte.
Wohlig rekelte sie sich, bis sie die Lider hob und in die eisblauen Augen des Wolfs starrte.
Spöttisch grinste er, als er das Entsetzen in ihrem Blick bemerkte. Sie schaute an sich hinab, auf ihre hochgerutschte Tunika, ihre Beine, mit seinen verkeilt. Hastig stieß sie seine Hand von ihrer Brust, in der sie ein seltsames Prickeln fühlte. Plötzlich lachte er, aber es klang hohl und freudlos. Da kam ihr die demütigende Lage, in der sie sich befand, voll zu Bewusstsein. Hasserfüllt, schlug und trat sie nach ihm und fügte seiner Wunde neue Schmerzen zu.
Sofort verstummte sein Gelächter, von heller Wut verdrängt. Er schnellte empor, und dann saß er rittlings auf ihr, umklammerte ihre Handgelenke und zog ihr die Arme über den Kopf nach hinten. Offensichtlich hat er seine Kraft wiedergefunden, dachte sie und bereute zu spät ihren unüberlegten Angriff.
»Eigentlich müsste ich Euch einige Lektionen erteilen, irische Hexe«, fauchte er. »Dankt Eurem Gott, dass meine Gedanken anderweitig beschäftigt sind - und dass ich Eure Hilfe brauche. Ein Däne hat mein Bein durchstochen.« Er ließ sie los, stand langsam auf und zog Erin auf die Beine. »Gehen wir zum Wasser.« Am Ufer des Bachs stieß er
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