01- Die Normannenbraut
Erkenntnis konnte einem Mann im Angesicht des Todes nicht helfen. Er dachte an Maeve und seine Kinder, an Irland, für das er so verzweifelt gekämpft hatte. Und so hob er erneut sein Schwert, obwohl er auf verlorenem Posten stand.
Und so plötzlich, wie er von den Feinden umzingelt worden war, wichen sie zurück. Sein Kopf dröhnte. Sein Blickfeld verschleierte sich, er schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, sah er Olaf den Weißen vor sich. Es stimmte, dass eine ganz besondere Aura von diesem Mann ausging. Sogar für einen Wikinger war er ungewöhnlich groß, und unter der geschmückten Rüstung schien sich die Verkörperung sehniger Kraft zu verbergen.
Zielstrebig ging er auf den Ard-Righ zu. Ich will nicht sterben, dachte Aed. Während er in die kalten blauen Augen des Nordländers blickte, durchrann ihn ein Schauer, doch davon ließ er sich nichts anmerken. Er betete stumm, schwang wieder seine Waffe und griff an. Klirrend wurde ein Schwerthieb nach dem anderen pariert, und die Begegnung zwischen den beiden Männern glich eher einem geschmeidigen Tanz als einem Duell auf Leben und Tod.
Die Arme des Iren bebten unter der Gewalt der Schwertstreiche, die er abwehrte. Allmählich wurde ihm bewusst, dass niemand anderer in den Zweikampf eingriff. Wenigstens brauchte er keine Streitaxt im Rücken zu befürchten. Doch er hatte den Zenit seiner männlichen. Stärke längst überschritten, und er sah sich einem hervorragenden Krieger gegenüber. Dass er ihm so lange standhielt, tröstete Aed in der Gewissheit seiner Niederlage. Immerhin würde er den Heldentod erleiden, ein stolzer Recke und Heerführer.
Die Wikingerklinge warf ihn auf die Knie. Er versuchte, wieder aufzustehen, rutschte aber im blutigen Schlamm aus - unfähig, seine schwere Waffe wirksam einzusetzen. Erneut schloss er die Augen, dachte an grünes Gras, den Geruch regennasser Erde, Maeves Lächeln, das Blau des irischen Himmels. Und er versuchte, nicht zu zittern, als er die gegnerische Schwertspitze an der Kehle spürte. Doch sie entfernte sich wieder, und er hob verwundert die Lider.
Missgönnte ihm der Norweger den würdigen Tod auf dem Schlachtfeld? Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Wolf - für seine eigenartige Barmherzigkeit bekannt - dies dem Ard-Righ versagen würde, der so tapfer gekämpft hatte.
Zu seiner ‘Überraschung streckte sich eine Hand, bis zu den Fingerknöcheln von Leder umhüllt, nach seiner aus. Eine gewisse Belustigung lag in den eisblauen Augen.
»Erhebt Euch, hoher König von Tara.« Die tiefe Stimme, die Aed in dessen Muttersprache anredete, klang erstaunlich angenehm. Verwirrt griff der irische Anführer nach der dargebotenen Hand, und der blonde Riese fügte hinzu: »Hoffentlich werde ich so viel Mut und Kraft besitzen wie Ihr, wenn ich in Eure Jahre komme.«
Aed stand auf und bemühte sich, nicht zu schwanken. »Wenn Ihr mich nun töten würdet, Herr der Wölfe … «, erwiderte er auf Norwegisch. »Gewährt einem König das Recht seiner Würde und macht ein Ende.«
Der Wikinger lachte, und Aed ahnte nicht, dass er als erster Mensch nach langer Zeit ein warmes Licht in diesen sonst so kalten Augen sah. »Bei Eurem christlichen Gott Ard-Righ, ich werde Euch nicht das Leben nehmen. Kehrt zu Euren Kriegern zurück. Wir werden Euch kein Haar krümmen, denn Ihr seid klug und ein Ehrenmann. «
Aed traute seinen Augen nicht, als die hochgewachsenen Nordländer beiseitetraten, um ihn hindurchzulassen. Gleich wird sich eine Axt in meinen Rücken bohren, dachte er, doch Olaf hielt sein Wort. Unbeschadet überquerte der hohe König das mittlerweile schweigende Schlachtfeld, an dessen Rand die Norweger zwischen den Bäumen verschwanden. Er dankte dem Allmächtigen für die merkwürdige Laune des Wolfs, der ihm das Leben geschenkt hatte, und begann, die Ergebnisse des Kampftags zu überdenken. Doch er wusste beim besten Willen nicht, wer gesiegt hatte.
***
Vierzig Meilen entfernt, im Landesinneren, verließ Aeds Tochter den Schauplatz ihrer eigenen Schlacht. Gregory und die Truppen der Goldenen Kriegerin hatten Tara gerettet, aber Erin befand sich keineswegs in freudiger Stimmung, während sie durch den Wald ritt. Ihr Vetter war verwundet, und sie musste ihn so schnell wie möglich zu Mergwin bringen, der geradezu magische heilsame Kräfte besaß.
Gregory ritt an ihrer Seite. Trotz seiner Schmerzen lächelte er ihr zu, und sie versprach: »Bald wird dir der Druide helfen.«
»Um dich mache ich
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