01- Die Normannenbraut
vernachlässigt, kann man sie zur Zanksucht oder zum Ehebruch treiben. Ich wollte nichts weiter, als in Frieden mit dir leben, Erin, aber damit erweise ich dir anscheinend einen schlechten Dienst … «
Erschrocken fiel sie ihm ins Wort. »Nein! Ganz sicher nicht!«
Der Protest verhallte wirkungslos. Er riss sie in seine Arme, drehte sich mit ihr herum, so dass sie unter ihm lag, und obwohl sie den Kopf verzweifelt zur Seite wandte, gab es kein Entrinnen. Er presste seine Lippen auf ihre, seine Finger schlangen sich in ihr Nackenhaar, hielten sie eisern fest. Als sie sich mit beiden Fäusten gegen seine Brust stemmte, umfing er mit der anderen Hand ihre Unterarme.
Olafs Mund schien wie Feuer zu brennen, und wenn sie sich auch mit aller Kraft wehrte - diese Hitze strömte unaufhaltsam in ihren Körper und schwächte ihren Widerstand. Zielstrebig öffnete seine Zunge ihre Lippen, schob sich zwischen die Zähne, erforschte ausgiebig ihren Mund - feurig und doch sanft. Sie glaubte, einem unbekannten Abgrund entgegenzufliegen. Jetzt hielt Olaf ihr Haar nicht mehr fest, strich über ihre Wange, ihren Hals, ihre Brust.
Abrupt richtete er sich auf. Sie starrte ihn verwirrt an, als er kalt lächelte und mit einer Fingerspitze ihre noch feuchten Lippen berührte. »Von jetzt an wirst du meine Befehle sicher bereitwilliger ausführen, teure Gemahlin. Und du wirst es dir zweimal überlegen, ehe du dich wieder auf ein Geplänkel mit irgendeinem Mann einlässt mag es ein Norweger oder ein Ire sein. Denn dann müsste ich ernsthaft glauben, dass du dich vernachlässigt fühlst, und ich würde mich gezwungen sehen, diesem Übel abzuhelfen.«
Wie kühl und leidenschaftslos er mit ihr sprach, obwohl er eben noch jene seltsamen Flammen in ihr entfacht hatte … Gedemütigt wich sie seinem Blick aus. Dieser glutvolle Kuss war nur eine Lektion gewesen -erteilt von einem Mann, der viel von Liebeskünsten verstand und eine Erinnerung an die Macht, die er über sie besaß. Wenn sie sich weiterhin gegen ihn sträubte, würde sie es bitter bereuen. Nur das hatte er ihr mit seinem Kuss bedeuten wollen.
Unverschämterweise ruhte seine Hand immer noch auf ihrer Brust. Erin wollte wütend in sein Gesicht schlagen, aber er packte blitzschnell ihr Handgelenk.
»Entweder bist du die mutigste oder die dümmste Frau, die mir je begegnet ist«, herrschte er sie an. »Willst du es denn niemals lernen? Mal sehen - werde ich dich jemals wieder im vertrauten Zwiegespräch mit dem König von Connaught finden?«
»Nein«, fauchte sie. »Was du mir antust, ist ein Kreuz, das ich alleine tragen muss. Andere sollen meinetwegen nicht leiden oder sterben.«
Sie wollte sich unter ihm hervorwinden, aber er ließ sie noch nicht gehen. »Nur eins noch - ich möchte dich nicht an der kurzen Leine halten. Aber wenn du ständig daran zerrst, muss ich sie natürlich zurückreißen. Könnten wir nicht zu einer Einigung gelangen?«
»Du meinst, wir sollten eine Kompromiss schließen?« fragte sie bitter.
»Genau.«
Endlich rückte er zur Seite, und sie konnte aufstehen. So würdevoll wie möglich schritt sie zur Tür. »Also gut gehen wir einen Kompromiss ein, Wikinger. Aber nach dem irischen Gesetz kann ich immer noch eine Trennung anstreben.«
So schnell sie konnte, schloss sie die schwere Tür hinter sich, um endlich einmal das letzte Wort zu behalten.
***
Erin stürzte sich in die Arbeit, und der große Haushalt lief reibungslos. Freyda und Rig unterstützten sie, wo sie nur konnten, und sie hatte sich längst mit den beiden angefreundet. Fachkundig suchte sie das schmackhafteste Rindfleisch aus und stellte die Speisenfolge zusammen. Bald verstand sie es auch, die Sitzordnung an der Tafel so zu regeln, dass sich weder die irischen Lords noch die norwegischen Jarls gekränkt fühlten. Im Sonnenzimmer der Frauen ließen die Spannungen zwischen den Irinnen und Norwegerinnen allmählich nach. Erin kam sich nicht mehr so einsam vor, aber es bedrückte sie, Moira stets im Hintergrund zu sehen, einen unauffälligen dienstbaren Geist. Sie konnte die Freundin nicht zwingen, eine andere Position einzunehmen und sich dadurch in Schwierigkeiten zu bringen.
Zunächst gab es keine unliebsamen Zwischenfälle. Dann spitzte sich die Lage zu. Wie Erin herausfand, widersetzte man sich in der Küche einer ihrer Anordnungen, weil Mageen das Gegenteil befohlen hatte. Als sie das Sonnenzimmer betrat, um das Problem mit ihrer Schwester Bede zu besprechen, hörte sie
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