01- Die Normannenbraut
erklärte er gedehnt.
»Mach, was du willst!« fauchte sie und floh auf die andere Seite des Betts. »Aber selbst wenn du mich bewusstlos schlägst - ich werde mich erst dann wieder um deinen Haushalt kümmern, wenn du deine Hure in ihre Schranken gewiesen hast.«
Wortlos kam er auf sie zu, und sie wich zurück, bis ihre Schultern die Wand berührten.
»Nein!« schrie sie, als er nach ihr griff, schlang die Finger in sein goldblondes Haar und riss mit aller Kraft daran. Dann biss sie so fest in seine Schulter, dass er verblüfft nach Luft schnappte und sie losließ. Seine Augen verengten sich vor Zorn.
»Tu für mich, eine Prinzessin von Tara, wenigstens das, was du auch für deine Mätresse getan hättest, die blonde Wikingerwölfin!« kreischte sie.
Sobald die Worte ausgesprochen waren, hätte Erin sie am liebsten zurückgenommen. Nie zuvor hatte sie so unbändigen Zorn in Olafs Augen gelesen. Er hob seine Hand, ein harter Schlag traf ihre Wange, der sie aufs Bett warf. Ihr Kopf schwirrte, ein brennender Schmerz trieb ihr Tränen in die Augen. Würde sie die Kraft finden, sich gegen einen neuen Angriff zu wehren? Das war gar nicht nötig. Er verließ das Zimmer, und in dieser Nacht kam er nicht mehr zu ihr.
***
Rig brachte ihr am Morgen einen Teller mit frischgebackenem Brot, Räucherlachs und Käse. Zuerst sah er ihre Blässe, dann die roten Striemen auf der einen Wange. Er senkte den Kopf, zutiefst entrüstet über den Herrn, dem er schon seit so vielen Jahren diente. Wie konnte Olaf, der allen Menschen Barmherzigkeit zeigte, ausgerechnet seine sanftmütige Frau so grausam behandeln? Eines Tages würde er dem Wolf sagen, was er davon hielt, selbst wenn er sich den bitteren Zorn dieses mächtigen Kriegers zuziehen sollte.
Erin lächelte, und er beobachtete, wie sie die Wange mit ihrem Haar zu verdecken suchte. Das gelang ihr nicht ganz. Er trug den Teller zum Bett, wobei er die Verletzung unauffällig, aber ganz genau betrachtete. Es sah nicht allzu schlimm aus. Bis zum Nachmittag würden die roten Streifen verschwinden. »Offenbar fühlt Ihr Euch immer noch nicht wohl.« Der Zwerg verneigte sich. »Ich will dafür sorgen, dass Ihr nicht gestört werdet.«
»Danke, Rig. Heute Vormittag möchte ich hierbleiben.«
Aus einem Horn goss er frische, Kuhmilch in einen Kelch. Vielleicht sollte ich Euch die Zeit vertreiben und von unseren Göttern erzählen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Am Anfang gab es nur einen großen Abgrund namens Ginnungagap. Allmählich entstanden zwei Welten zu beiden Seiten - Niflheim, das Reich der Dunkelheit, und Muspelheim, wo Wärme und Licht herrschten. Da, wo sie einander trafen, wuchs das Leben in Gestalt Ymirs des Riesen. Aus dem Eis erschuf Ymir eine Kuh namens Audhimbla, die ihn ernährte. Sie leckte am Eis, um die erste menschliche Gestalt zu bilden Buri. Ymir zeugte finstere, böse Riesen, und aus Buri ging Bor hervor, der Vater Odins, unseres höchsten Gottes. Die Söhne Bors töteten Ymir, und Odin brach auf, um die Erde zu erschaffen. Ymirs Blut verwandelte sich in Flüsse, sein Fleisch wurde zum Erdreich, aus seinen Gebeinen erhoben sich die Berge. Und Muspelheim spendete sein Licht. Dann erschufen Bors Söhne den ersten Mann und die erste Frau, indem sie zwei Bäumen Atem einhauchten - Ask und Embla. Der Mensch begann die Erde zu bevölkern und hauste in einer Festung, die aus Ymirs Augenbrauen gebaut worden war und Midgard hieß.«
Erin lachte. »Menschen, aus Bäumen entstanden!«
»O ja!« Rig eilte hin und her, um das ohnehin ordentliche Zimmer aufzuräumen. »Aber alle Riesen sind noch nicht tot. Eines Tages werden sie gegen die Götter kämpfen. Surtur bewacht Muspelheim mit einem Feuerschwert, und am Tag des Weltuntergangs -Ragnarök wird er sich den Göttern entgegenstellen.«
Erstaunt hob Erin die ebenholzschwarzen Brauen. »Die Götter und die ganze Welt werden ein Ende finden?«
»Ja«, entgegnete Rig grinsend, »und nein. Von Ragnarök erzähle ich Euch ein andermal. Aber diese drei Gottheiten solltet Ihr Euch schon jetzt merken: Odin ist der Gott des Krieges, der Weissagung und der Künste. Mit seinen Walküren wählt er die Helden aus, die auf dem Schlachtfeld sterben müssen. Auch Thor ist ein Kriegsgott - Freia und ihr Bruder Freir sind die Gottheiten der fruchtbaren Erde. Angeblich bringt eine geschnitzte Figur dieser Göttin jeder Ehe reichen Kindersegen.«
»Oh … « Erin richtete sich auf und schob ihren kaum
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