01- Die Normannenbraut
verstohlenes Getuschel.
»Wie schade, wo die Königin sich doch so sehr bemüht … «
»Wenn sie Norwegerin wäre, könnte man noch verstehen, dass Mageen sich so aufführt … «
»Ihm ist es gleichgültig, also unternimmt er nichts … «
Leises Gekicher erklang. »Armes kleines Ding! Eine Tochter von Aed, die Prinzessin aus Tara, so tief gesunken … «
»Grenilde hätte das niemals zugelassen … «
Erin lehnte sich an die getäfelte Wand und fühlte, wie ihr Herz schmerzhaft gegen die Rippen hämmerte. O Gott, wie gnadenlos über sie geklatscht wurde, weil sie keine Macht in ihrem eigenen Haushalt besaß … Nicht einmal Olaf konnte sie noch tiefer demütigen als diese Frauen. Und sie hatte doch wirklich ihr Bestes getan, um ihrer Stellung gerecht zu werden.
Jetzt nicht mehr, gelobte sie sich, verließ hoch erhobenen Hauptes das Sonnenzimmer und kehrte in ihr eigenes Gemach zurück. Während des restlichen Tages vernachlässigte sie ihre Pflichten und starrte aus dem Fenster. Sie sah, wie Olaf mit seinen Männern auf den Feldern arbeitete. Ihre Brüder waren bei ihm, auch Gregory, den sie seit ihrer Ankunft in Dubhlain kaum gesehen hatte. Ihr Vetter, der zusammen mit ihr durch eine Hölle gegangen war und dann an ihrer Seite gekämpft hatte, wandte sich jetzt dem Wolf zu, weil dieser ihm Clonntairth zurückerstatten wollte - sobald Gregory mächtig genug sein würde, um dort seine Stellung zu halten.
Nach dem Einbruch der Dunkelheit erschien Moira, um Erin daran zu erinnern, nun sei es an der Zeit für die Mahlzeit in der großen Halle.
»Ich fühle mich nicht wohl«, erwiderte Erin. »Seid bitte so freundlich und entschuldigt mich bei Olaf.«
Bestürzt hielt Moira den Atem an. »Aber Ihr müsst … «
»Moira!« Zum ersten Mal sprach Erin wie eine Herrin mit ihrer Freundin. »Ich habe Euch meine Wünsche mitgeteilt. « Sie nahm an, Olaf würde ihre Abwesenheit kaum bemerken und sie schlimmstenfalls nur ein bisschen ärgern. Sobald er nach dem Essen zu ihr kam, wollte sie ihn zur Rede stellen. Sie durfte kein Wort mit Fennen wechseln - während er sich skrupellos mit Mageen vergnügte und ihr auch noch erlaubte, seine Frau herabzuwürdigen.
Zu ihrer Überraschung stürmte er wenige Minuten später ins Zimmer. Beinahe bereute sie ihre Handlungsweise, als sie die Wut in seinen Augen las, doch dann bekämpfte sie diese feige Anwandlung und wappnete sich gegen seinen Angriff. »Was bildest du dir eigentlich ein?« schrie er.
Trotz ihres Unbehagens brachte sie ein sanftes, argloses Lächeln zustande. »Ich lege keinen Wert darauf, mit deiner Hure zu speisen.«
»Was?«
»Von jetzt an werde ich dir nicht mehr in der Halle Gesellschaft leisten. Ich bin eine Prinzessin von Tara. Du hast von mir verlangt, deinen Haushalt zu führen. Und das tat ich , um dein Abkommen mit meinem Vater zu erfüllen. Aber ich werde keinen Finger mehr rühren, solange du deiner Hure gestattest, mich lächerlich zu machen.«
Verwirrt starrte sie ihn an, als er in schallendes Gelächter ausbrach. »Du wirst mich jetzt begleiten.«
»Nur wenn du mich mit Gewalt nach unten schleppst. Und in deiner Halle sitzen Iren, die meine Rechte verteidigen würden. Ich glaube, sogar in deinen eigenen Reihen befinden sich Männer, die der Ansicht sind, deine Ehefrau müsste respektiert werden.«
Die Hände in die Hüften gestemmt, legte er den Kopf schief. »Du scheinst zu vergessen, wer hier der Eroberer ist.«
»Nein, Olaf«, entgegnete sie kühl, »das vergesse ich niemals.«
Nachdenklich musterte er ihr Gesicht. Was war nur los mit ihr? Er tat sein Bestes, wollte ihr helfen, sich an ihr neues Leben zu gewöhnen, überhörte ihre ständigen Sticheleien, und er verlangte so wenig von ihr. Warum forderte er nicht viel mehr? Sie war eine vollkommene Schönheit, ihre Augen glichen den weiten grünen Wiesen Irlands, wenn die Sonne auf die Tautropfen im Gras schien. Sie besaß makellose, ebenmäßige Gesichtszüge und einen wohlgeformten Körper - elfenbeinweiß, weich und doch kraftvoll, wie geschaffen für die Liebe. Trotzdem ließ er sie in Ruhe, obwohl sie ihn reizte wie keine andere Frau, die er kannte. Warum? Es gab eine ganz einfache Antwort. Sie verabscheute ihn, und er hatte sich eine andere Ehefrau gewünscht - Grenilde, die er nicht vergessen konnte.
Aber nun war Erin seine Königin, und sie musste ihre Pflicht erfüllen. »Wenn du mit Gewalt in die Halle geschleppt werden willst, werde ich diesem Wunsch gerne entsprechen«,
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