01- Die Normannenbraut
berührten Teller beiseite. »Vielen Dank, Rig, aber mehr kann ich nicht essen. Ich würde gern noch ein bisschen schlafen.«
Er bedauerte, dass er so schnell entlassen wurde. Vorhin war es ihm immerhin gelungen, sie aufzuheitern. Hatte er danach etwas Falsches gesagt? Betrübt ging er aus dem Zimmer und verfluchte den Narren Olaf, der Irlands schönste Königin erobert hatte und nun misshandelte.
***
Die ganze Nacht hatte Erin kein Auge zugetan, und jetzt sehnte sie sich nach einem erholsamen Schlaf. Sie wollte ihren Gedanken entrinnen, wenigstens für eine kleine Weile. Vor lauter Erschöpfung versank sie bald in tiefem Schlummer.
Als sie erwachte hatte sie ihre Kräfte zurückgewonnen. Sie berührte ihre Wange und stellte erleichtert fest, dass die Schwellung der Striemen zurückgegangen war. Wieder einmal kämpfte sie mit den Tränen. Wie sollte sie sich gegen Olaf wehren? Sie hatte ihm zwar mit den Brehon
Gesetzen gedroht, doch die würden ihr nicht helfen. In Irland, konnten sich alle Männer und Frauen, auch die niedrigsten Dienstboten, ihre Freiheit erkaufen. Sogar eine Bäuerin durfte mit der Hilfe eines Brehons ihren Mann vor den Richter bringen. Wer eine bessere Position bekleidete, musste sich an eine höhere Autorität wenden. Und Erin, die Königin von Dubhlain, hätte keine andere Möglichkeit, als vor den Gebieter dieser Stadt zu treten - ihren eigenen Ehemann. Und das wäre natürlich sinnlos.
Natürlich erwartete er Gehorsam von seiner Frau. Aber musste sie sich schlagen lassen? Warum war er in so heftigen Zorn geraten? Sie hatte Grenilde eher gedankenlos erwähnt und keineswegs, um ihn zu verletzen. Diese Wikingerin hatte vor all den Jahren sogar ihre widerstrebende Bewunderung erregt. Seit ihrem Tod schien Olaf sich nicht mehr für Frauen zu interessieren - außer für die willfährige Mageen, die sich in diesem Haus so unverschämt aufspielte und die Autorität seiner Frau untergrub.
Es klopfte an der Tür. Bede kam herein, begleitet von einer Norwegerin namens Sirgan, die Erin vom ersten Tag an freundlicher begegnete als die anderen. Sie genoss die besondere Gunst der Nonne, weil sie sich für den christlichen Gott begeisterte. Das mutete etwas seltsam an, denn sie war mit Heidl verheiratet, einem der wildesten Berserker von Dubhlain.
Alle Norweger galten als erbitterte Kämpfer, aber die Berserker stellten eine Klasse für sich dar. In der Schlacht brüllten und knurrten sie wie Tiere, drohten mir fiebrig glühenden Augen und brachen sich die Zähne, indem sie wütend in ihre Schilde bissen. Erin verstand nicht, wie die sanftmütige Sirgan das Leben an der Seite eines solchen Mannes ertrug. Vielleicht hoffte sie vor jeder seiner Schlachten, es könnte die letzte sein.
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, liebe Schwester.« Bede eilte zum Bett und ergriff Erins Hand. »Wenn du dich immer noch krank fühlst, muss ich die Ursache deines Leidens herausfinden und es behandeln.«
Erin brachte ein überzeugendes Lächeln zustande. »Es geht mir schon viel besser, und ich werde bald aufstehen. «
Erleichtert wandte sich die Nonne zur Tür, wo Sirgan wartete. Offenbar freute sich Bede nicht nur über Erins Genesung. Sie schien deren Hilfe zu brauchen, um ein Problem zu lösen, das sie allein nicht meistern konnte.
»Sirgan würde gern mit dir sprechen«, erklärte sie.
Erin schaute die Norwegerin neugierig an. »Wie kann ich Euch helfen?«
Die blonde Frau trat ans Fußende des Betts, die Stirn voller Kummerfalten. Sie war nicht mehr jung, aber die Gesichtszüge verrieten ihre einstige Schönheit. »Ich habe solche Angst um Moira«, begann sie unbehaglich. »Sie lebt schon lange bei uns. Tag für Tag nahm sie geduldig das Verhalten einiger meiner Landsleute hin, die den Iren nicht so freundlich gegenüberstehen. Aber heute, als Gundred sie wegen eines falsch aufgestellten Webstuhls beschimpfte, brach Moira in Tränen aus und floh aus dem Sonnenzimmer. Gundred ist eine sehr boshafte Frau. Und ich bange um Moira, die mir viel bedeutet. «
Erstaunt hörte Erin zu. Es gab tatsächlich liebenswerte Norweger - Rig, Freyda und jetzt auch Sirgan. » Vielen Dank, dass Ihr mir Bescheid gegeben habt. Ich werde mit Moira reden und sehen, ob ich ihr helfen kann.«
Die Nonne seufzte beruhigt auf, dann verließ sie mit Sirgan das Zimmer. Erin stand auf, um sich zu waschen und anzukleiden. Sie wusste nicht, wo sie Moira suchen sollte, also rief sie nach Rig und befahl ihm, sie zu
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