01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
Wandel. Unsere Gemeinschaft wird sich verändern.“
„Wegen des Heilhauses?“, fragte ich.
„Nicht nur deshalb“, meinte Bisi, „am Samstag geht Efe mit Lape zum Markt.
Das alles bedeutet, dass wir mehr Kontakt zu den Menschen im Ort bekommen.“ Sie wiegte bedächtig den Kopf. „Ich habe bei unserer Versammlung nichts dazu gesagt, aber ich weiß nicht, ob das wirklich gut ist.“
„Was soll daran falsch sein?“
„Choga, deine Schwestern sind krank. Kein Außenstehender kennt unser Geheimnis. Auch wir haben es verdrängt, nicht wahr? Was ist, wenn sich das herumspricht? Bislang hat uns die Abgeschiedenheit geschützt.“
„Wir sind eine so feste Gemeinschaft. Ein bisschen frischer Wind wird uns gut tun. Wir haben doch zu Zeiten von Vaters Harem gesehen, dass es nicht richtig ist, wenn man nur unter seinesgleichen ist“, versuchte ich sie zu beruhigen.
„Und was hältst du von dem, was Schwester Ngozi über Kaduna berichtet?“, fragte Mama Ada.
Ich dachte an Frau Musa und ihre Familie, deren Schicksal unsere kleine Oase aus ihrem trägen Schlaf geweckt hatte. Konnte es jemals möglich sein, dass Menschen, die unsere Hilfe suchten, sich gegen uns wendeten?
Ich hielt es für ausgeschlossen.
Zwischenfall auf dem Markt
Am folgenden Samstag, im christlich geprägten Jeba der geschäftigste Markttag, zog Efe gemeinsam mit Lape los. Die beiden hatten ein paar Madonnen geschnitzt, die dem Vorbild jener Figuren glichen, die Efe vor Jahren mit ihrem Bruder Jo gefertigt hatte. Vier oder fünf kleine Figuren, mit einem dezenten Kreuz in den Händen, trugen das Gesicht von Efes verstorbenem Sohn Jo. Außerdem schafften die beiden jungen Frauen einige Kilo Tomaten, Zwiebeln und Kräuter in Körben zum Markt. Wie immer waren ihre Körper und Köpfe in weite weiße Tücher gehüllt. Josh wollte Efe und Lape begleiten und sie hätten ihn auch mitgenommen, doch ich war dagegen, da ich Josh noch nie allein fortgelassen hatte. Schmollend zog sich mein Sohn mit Hope zurück. Erst später gesellte er sich zu uns Frauen, als wir mit dem Dachdecken des Heilhauses beschäftigt waren. Ich musste die Arbeit früher beenden, um mich wie üblich zunächst um die Gesundheit der Kinder zu kümmern und um dann die Heiltees zuzubereiten.
Wegen des Baus des Heilhauses war ich etwas später dran als gewöhnlich. Es dämmerte bereits. Normalerweise half Efe mir dabei, den Tee zu verteilen, eine Aufgabe, die sie nur zu gerne übernommen hatte.
„Sie und Lape sind noch nicht vom Markt zurück“, berichtete mir Efes aufgeregte Mutter Bisi. Selbst wenn die beiden in meinem Tempo gegangen wären, hätten sie längst zurück sein müssen. Ich machte mir allmählich Sorgen.
„Ich gehe ihnen entgegen“, verkündete Mama Ada und entzündete zwei Kerosinlampen. Zwei der jüngeren Frauen
schlossen sich ihr an. Es war sinnlos, sie zu begleiten. Ich hätte sie nur aufgehalten. Unsere Gegend war zwar dünn besiedelt, gelegentlich schweiften jedoch nachts wilde Hundemeuten umher, die immer Hunger hatten. Jetzt wäre es gut gewesen, einen Hund wie Corn zu haben, einen treuen Begleiter, der einen frühzeitig vor Gefahren warnte. Hope war dafür viel zu jung. Die übrigen Frauen gingen zu Bett, ich wollte in Mutters Korbsessel Wache halten, was mir leider nicht gelang. Nach wenigen Minuten schlief ich erschöpft ein.
Als ich die Augen aufschlug, näherten sich sechs Schatten der Veranda. Sie gingen so dicht, dass sie miteinander zu verschmelzen schienen. „Efe, Bisi?“, rief ich in die Dunkelheit hinein.
„Wir haben sie gefunden“, antwortete Mama Adas tiefe Stimme. Mit schleppenden Schritten näherte sich die kleine Gruppe. Je zwei Frauen stützten Efe und Lape.
„Was sind das nur für Menschen?“, hörte ich Mama Bisi murmeln. „Ich bin so froh, dass Lisa das nicht mehr erleben muss.“
Im Schein der einzigen kleinen Lampe, die die Veranda erhellte, erkannte ich das Gesicht meiner Schwester Efe kaum wieder. Ihre Augen waren zugeschwollen, auf der Wange klebte Blut. Lape schien äußerlich unverletzt, doch sie humpelte stark. Die Körbe der beiden waren leer. Ein Überfall, folgerte ich, jemand hat auf dem Rückweg ihr Geld geraubt. Viel konnte es nicht gewesen sein; die Madonnen und das bisschen Gemüse brachten gerade mal ein paar Naira ein. Dafür jemanden so zuzurichten zeugte von tiefer Boshaftigkeit.
Frische Kräuter konnte ich erst am nächsten Morgen aus dem Garten holen, so mussten kühles Wasser aus dem Brunnen und
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