01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
gut. Sie will eben überall sein“, verteidigte mich Bisi. Efe brachte heißen Tee. Mama Bisi nahm mich in ihre weichen Arme. „Schlaf jetzt erst mal, meine Kleine.“ Ich bekam neue Wadenwickel, was ich kaum noch registrierte. Danach reichte Bisi mir ein altes Fieberthermometer meiner Mutter. Für die anderen benutzte ich es praktisch nie. Ich habe das im Gefühl. Bei mir selbst tue ich mich da schwerer.
„Das hat uns gerade noch gefehlt. Ausgerechnet jetzt. Wer soll nun diese Frauen versorgen?“, hörte ich Mama Ngozi im Raum nebenan sagen. In unserem alten Haus bestehen die Wände aus dünnem Holz. Mir kam ein Gedanke, der mich lächeln ließ.
„Geht es dir besser, meine Kleine?“, fragte Bisi.
„Ja“, sagte ich. „Viel besser.“ Ich hatte darüber nachgedacht, dass Adas und Bisis Zimmer einen wirklichen Vorteil besaß. Hier war ich im Bilde, worüber Mama Ngozi, ihre Schwester Funke und deren Schützlinge Elisabeth und Florence sich unterhielten. Daher also hatte Efe, die mit Lape nebenan wohnte, damals schon vorab von Ngozis Plänen mit dem Zaun gewusst. Christlich eingestellt, wie sie war, hatte sie sich aber selbst verboten, darüber zu sprechen.
Bisi zog das Thermometer unter meiner Armbeuge hervor und starrte lange darauf. „O weh!“, meinte sie.
Bevor ich endlich einschlief, lauschte ich Ngozis und Funkes Gesprächen, die sich auch um meinen Ausflug nach Jeba drehten. Natürlich ereiferten sie sich über meine Stoffe, aber ich gewann auch die beruhigende Erkenntnis, dass Mama Ngozi mit ihrer Wanderung in die Stadt abwarten wollte, bis der Regen nachließ. Wäre es danach gegangen, hätte es tage-, ja wochenlang regnen können! Wenn die alte Mama mitbekäme, was ich bereits wusste, würde sie sämtliche Feldsteine höchstpersönlich ausgraben, um einen Befestigungswall um unseren Compound zu errichten. Doch es regnete, und die Menschen in Jeba würden sich schon wieder darauf besinnen, dass sie eine friedliche kleine Stadt bewohnten.
Als ich am nächsten Morgen sehr früh erwachte, hatte der Regen immer noch nicht aufgehört. Meine Lieblingsmamas schliefen tief und fest. Aus meinen immer noch feuchten Wadenwickeln schloss ich, dass die beiden mich die ganze Nacht über betreut hatten. Sie bekamen nicht mit, dass ich mich ganz langsam aus dem Raum schlich. Nicht mal das Knarren der alten Holzdielen weckte sie. Problemlos erreichte ich die Küche, wo ich mir aus den getrockneten Wurzeln des Orangenduftbaums einen Kreislauftee machte, den ich in der Eingangshalle in kleinen Schlucken genoss.
Ich bin mit einem ziemlich schweren Knochenbau ausgestattet. Meine Hüfte tut ein Übriges, damit ich mich nicht allzu elegant bewegen kann. Und dann diese Treppe, der Spielplatz meiner Kindheit. Ich kannte jede Unebenheit. Ob mich das vor Verletzungen bewahrt hatte? Ich begriff meinen Sturz als deutliche Warnung.
Nun stellte sich mir jedoch die Frage, wen ich als meine Hilfe anlernen sollte.
Bisi? Auf jeden Fall. Sie hatte mir von Anfang an beim Anlegen des Kräutergartens beigestanden. Vor allem Platzmangel hielt sie davon ab, mir in der engen Küche zu helfen. Eigentlich müsste auch jemand meines Alters allmählich an mein Wissen herangeführt werden. Sollte ich tatsächlich einmal für längere Zeit ausfallen, so musste jemand
für mich einspringen können. Eigentlich kam dafür nur Efe in Frage. Schon in unserer Kindheit hatten wir gemeinsam in diesem Haus gelernt. Der Neubeginn im Heilhaus böte einen guten Zeitpunkt, diese Tradition wieder aufzunehmen.
Der unaufhörliche Regen ließ mir keine Ruhe. Wie viel kostbare Flüssigkeit da ungenutzt im Boden verschwand. Andererseits plante ich für Jamila Sitzbäder, um ihre Unterleibsprobleme im Verbund mit Massagen rascher kurieren zu können. Doch wie konnte ich den Regen auffangen, dieses klare, wunderbar weiche Wasser? Wannen brauchte ich, große Wannen, wie wir sie im Harem gehabt hatten. Wenn Said Musa wiederkäme, würde ich ihn darum bitten ... Ich rief mich zur Ordnung, da ich begann, diesen Fremden in meine Überlegungen einzubeziehen. Das durfte ich nicht zulassen. Wir Frauen waren bislang ohne Hilfe von außen zurechtgekommen. Nur weil ich wusste, dass es ihn gab, konnte ich nicht anfangen, auf ihn zu zählen. Andererseits käme eine der Wannen seiner Verwandten zugute ...
An diesem Morgen bereiteten erstmals Bisi und Efe den üblichen Tee zu, während ich die Medizin für unsere Patientinnen herrichtete. Im Laufe desselben Tages
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