01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
diesem Abend verabschiedete sich die Sonne mit einem dramatischen Glutrot, über das sich schwere Regenwolken schoben. Im Gegenlicht wirkten sie über dem satten Grün und den Ockertönen der weiten, leicht hügeligen Landschaft schwärzlich blau. In der Nacht würden sie wieder unsere Aussaat wässern und die jungen Pflanzen wachsen lassen.
„Ich kann Mutter verstehen, dass sie diesen Ort so geliebt hat“, sagte Magdalena nachdenklich. „Hier scheint wirklich der Frieden zu wohnen.“ Sie nahm meine Hand. „Ich bin sehr dankbar, dass ich hier sein darf.“
Mir fiel Amaras Bemerkung über das sich schnell drehende Lebensrad ein. Wir beide, Magdalena und ich, spürten davon nichts. Zumindest nicht an diesem Abend. Wir lauschten den Grillen und dem Wind, der sanft über die Hochebene wehte.
Tanishas Baby
Die nächsten Tage verliefen ohne Aufregung; in der Heilstation befand sich zwar die Gruppe der an einer Pilzinfektion erkrankten Frauen, doch Efe konnte die Betreuung allein bewältigen. Ich brauchte auch damals Phasen der Ruhe, in denen ich den Kontakt mit der Natur suchte. In meiner Jugend war ich dazu in mein Gewächshaus gegangen, wo ich den Anblick der wachsenden Pflanzen genoss. Inzwischen gab mir der Kräutergarten die nötige Kraft. An diesem frühen Morgen zupfte ich Unkraut und schnitt wilde Triebe, um das Wachstum der für uns so wichtigen Pflanzen zu beschleunigen. Plötzlich hörte ich, wie Josh mehrmals meinen Namen rief, obwohl er eigentlich in der Schule sein sollte.
„Efe und Bisi brauchen dich! Mama, komm ganz schnell“, sprudelte mein Sohn hervor.
„Dann muss ich wohl fliegen lernen“, gab ich zurück.
„Mama, es ist wirklich ganz schlimm. Da schreit eine Frau schrecklich!“, rief Joshua erregt. Natürlich dachte ich zuerst an meine Patientinnen. Doch eine solche Krise passte unmöglich zu deren Krankheitsbild.
Unser friedlicher Hof schien sich in meiner Abwesenheit in einen Hexenkessel verwandelt zu haben, in dem alle wild durcheinander liefen. Jetzt drang ein markerschütternder Schrei aus dem Heilhaus. So klang nur ein Mensch, der Höllenqualen litt. Zwei der jüngeren Frauen schleppten eine Blechwanne herbei. Sie kamen aus der hinter dem Haus gelegenen Küche. Warmes Wasser, kombinierte ich. Also eine Geburt.
Ich hastete zunächst in Richtung unserer Küche, um mir die Hände in heißem Wasser zu waschen. Magdalena und Mama Ada kamen mir entgegen, in ihrer Mitte Said Musa. Die drei diskutierten. Ich winkte ihnen in Eile zu. Wahrscheinlich hatte Musa seine Fatima zur Schule gebracht. Ich glaubte, die drei unterhielten sich über ein entsprechendes Problem, bei dem Ada als Übersetzerin wirkte. Meine Schwester rief mich, aber ich antwortete nur, dass ich jetzt keine Zeit hätte.
Magdalena holte mich ein. „Es ist wegen des Mädchens im Heilhaus. Du musst dringend mit Musa sprechen. Es ist seine Schwester!“
Bisi hatte vorgesorgt. Florence erwartete mich mit heißem Wasser und ich wusch mich hastig. Einer meiner beiden weißen Behandlungskittel, die Magdalena aus Deutschland mitgebracht hatte, hing nicht weit entfernt auf der Wäscheleine.
„Ich rede später mit Musa“, sagte ich unkonzentriert, „hilf mir aus meinen schmutzigen Sachen und gib mir bitte den Kittel.“
Während Magdalena mich auswickelte und hin und her lief, erzählte sie, was während meiner Abwesenheit geschehen war: Musa war mit seinem Lastauto aufgetaucht, auf der Ladefläche Fatima, neben sich seine der Ohnmacht nahe, immer wieder vom Wehenschmerz gepeinigte Schwester. „Sie stammt nicht von hier, sondern aus Kaduna. Den ganzen Weg ist sie zu ihm gelaufen“, gab meine Schwester Musas Bericht wieder.
Das war eine unglaubliche Strecke. Obendrein für eine Hochschwangere. Ein Marsch von Tagen ...
„Sie hätten sie sonst getötet, sagt Musa. Er wusste sich keinen Rat. Ins Krankenhaus konnte er sie nicht bringen. Keine Ahnung, warum. So verzweifelt, wie er ist, wird er seine Gründe haben.“
Ein Wort sprang aus Magdalenas Sätzen hervor: töten. Wer? Warum? Ich hatte keine Ruhe, darüber nachzudenken, und fragte nur nach Namen und Alter von Musas Schwester.
„Sie heißt Tanisha, sie ist gerade 20“, sagte Magdalena noch, dann kehrte sie zur Schule zurück. Eilig lief ich über den
Hof zum Heilhaus. Da trat mir Said Musa entgegen, Mama Ada an seiner Seite.
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, damit er mich nicht aufhalten konnte.
Er schüttelte sie ab, holte uns ein.
„Tanisha hat
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