01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
kurieren.“
„Sie hat noch zwei Mitfrauen“, wusste Efe.
„Dann schick die Schwester los, sie soll die beiden auch noch holen“, schlug ich vor. Dann musterte ich Magdalena. „Siehst du, das meine ich. Wenn die das alles bezahlen müssten - der Mann dieser vielen Frauen würde arm werden.“
„Oder keine seiner Frauen behandeln lassen“, fügte Efe hinzu.
„Und jetzt wird Bisi gar nichts verlangen?“, fragte meine deutsche Schwester.
„Doch, das sollte sie auf jeden Fall. Wenn die Leute alles umsonst bekommen, dann glauben sie, dass die Behandlung nicht hilft“, widersprach Amara, geschult von jahrzehntelangem Umgang mit Patienten.
Später nahm sie mich beiseite. „Das Wissen einer Heilerin sollte nur jenen zugänglich sein, in deren Hände es gehört“, mahnte sie.
„Du meinst, weil ich Magdalena habe zusehen lassen, als ich meine Medizin zubereitete?“ Ich lachte. „Damit kann sie doch gar nichts anfangen. Für sie sieht das alles gleich aus.“
„Ich weiß, Choga, sie ist deine Schwester und sie ist ein guter Mensch“, sagte Amara. „Doch darum geht es nicht. Dein Wissen ist ein wertvolles Geschenk.
Achte darauf, mit wem du es teilst. So, wie du selbst gesund sein musst und deine Gedanken und Gefühle rein, wenn du die Medizin zubereitest, so gilt das auch für jeden, der dabei in deiner Nähe ist.“ Sie sah mich an, als wollte sie sagen: Das beherzigst du doch hoffentlich?
Ihre Warnung war zur rechten Zeit gekommen. Noch war meine deutsche Schwester zu sehr vom westlichen Denken geprägt, als dass ich sie über meine Schulter blicken lassen durfte.
Schulsorgen
Magdalena legte in ihrer kleinen Schule los, als hätte sie nichts sehnlicher erwartet als diese neue Aufgabe - etwas mehr als eine Hand voll wissensdurstiger Kinder zu betreuen. Wann immer ich an dem Haus vorbeikam, hörte ich fröhliches Singen und Lachen. Wenn Magdalenas Unterricht so aussah, wäre ich nur zu gern bei ihr zur Schule gegangen.
Den wirklichen Grund für das Glück von Lehrerin und Schülern beschrieb meine Schwester mir so: „Da ist eine solche Dankbarkeit bei euren Kindern.“
Sie strahlte übers ganze Gesicht. „Sie sind froh, dass ich gekommen bin. Sie wollen so viel wissen. Sie sind so folgsam und bescheiden in ihren Wünschen.
Das ist mir in Deutschland nie passiert.“ Dann nahm sie mich in die Arme und sagte gerührt: „Danke.“
„Wir müssen dir danken“, protestierte ich. „Du hast alles aufgegeben, um hierher zu kommen.“
Meine Worte hatten ihren Augen jenen Schleier der Melancholie zurückgegeben, einen Ausdruck von Verletzbarkeit, den ich auch heute noch in unseren stillen Momenten oft an ihr beobachte. Irgendetwas beunruhigte sie offensichtlich, und ich bedrängte sie, ihr Herz davon zu befreien.
„Wir haben neulich über HIV gesprochen“, meinte Magdalena. Sie blickte mich ernsthaft an. „Wie gehen die Kinder eigentlich damit um?“ Ich verstand nicht, worauf sie hinauswollte. „Die kleine Fatima ist die Einzige, die nicht infiziert ist, Choga Regina“, sagte sie nachdrücklich. „Wissen Fatimas Eltern von der Erkrankung eurer Kinder?“
„Ich sehe im Moment noch keinen Grund, sie zu informie-ren“, meinte ich. „Unsere Kinder wissen, dass sie bei Verletzungen zu mir, Bisi oder Efe kommen müssen. Und zwar unverzüglich. Oder jemand muss eine von uns rufen. Darauf sind wir vorbereitet.“
Magdalena musterte mich eindringlich. „Choga Regina, du bist wahrlich eine Meisterin im Verdrängen. Was willst du tun, wenn sich eines der Kinder verplappert? Dann bekommen wir alle großen Ärger!“
„Ach“, wehrte ich ab, „sie werden sich schon nicht mit ihrem Virus brüsten.
Für sie ist es normal, dass sie so sind, wie sie sind. Sie können sich gar nicht vorstellen, dass Fatima ein gesundes Kind ist.“
„Es geht nicht nur um Fatima“, erwiderte Magdalena. „Wir werden wohl noch ein Kind dazubekommen. Fatima hat mich gefragt, ob jemand aus Jeba auch noch zur Schule gehen darf.“
Ich fand nicht, dass es einen großen Unterschied machte, ob ein oder zwei gewissermaßen fremde Kinder die Schule besuchten. Doch ein paar Tage später stellte sich heraus, dass Fatimas Eltern offensichtlich so zufrieden mit Magdalenas Arbeit waren, dass sie für die Schule eifrig geworben hatten. So hatten wir bald drei Muslim-Mädchen in unserem Kreis.
Schon kurz nach ihrer Ankunft hatte ich meine Schwester auf die Probleme der vergangenen Monate hingewiesen. „Ich bin nicht als
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