01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
Papa David heute?“, fragte ich erstaunt. Bis zu diesem Augenblick hatte nur ich diese Parallelen gezogen.
„Dein Vater war ein sehr energischer Mann, der sich niemals von einer Gruppe wehrloser Frauen hätte fortschicken lassen wie ein dummer Junge“, meinte sie und setzte bedeutungsvoll hinzu: „Nur schade, dass diese Mauer nicht fertig ist. Nicht mal ein Tor gibt es. Damit fängt Ada morgen erst an.“
Als ich Wasser holte, traf ich Mama Ngozi am Brunnen. Auch sie hatte den halben Tag mitgeholfen, die Mauer zu bauen. „Das geht viel zu langsam. Die Steine sind einfach zu schwer“, klagte sie. „Die Mauer jetzt zu bauen nutzt nichts mehr.“
„Was sollen wir sonst tun?“, fragte ich.
Mama Ngozi blickte mir fest in die Augen. „Wenn der liman es verlangt, wirst du ihm das Mädchen übergeben“, sagte sie. Sie ließ meinen Protest nicht zu.
„Willst du ernsthaft die Sicherheit unserer Gemeinschaft aufs Spiel setzen, Tochter? Du kennst diese Menschen nicht, weißt nicht, zu was sie fähig sind.
Ebenso wie Mama Ada habe ich in meiner Jugend eine Zeit lang weiter im Norden bei den Muslimen gelebt. Ihre Gesetze sind unerbittlich. Sie werden auf das, was ein paar schwache Frauen sagen, gewiss nicht hören!“, mahnte sie.
„Wenn er wiederkommt, werden wir ihm das Mädchen geben.“
„Was wird mit Tanisha geschehen?“
„Das weiß ich nicht. Ebenso wenig, wie wir alle wissen, wie groß jene Sünde ist, die sie auf sich geladen hat.“
„Mama Ngozi, du bist eine gläubige Christin. Wie kannst du so sprechen? Die Bibel sagt...“, begann ich.
„Erzähl mir nicht, was in der Bibel steht!“, unterbrach sie mich barsch. „Das weiß ich besser als du, die du dem Glauben des eigenen Vaters abgeschworen hast! Sprich also nicht mit einer Zunge, die nicht die deine ist.“
Noch am Vormittag hatten wir alle wie eine Frau zusammengestanden. Mama Ngozis Worte machten mir deutlich, dass uns nun die größte Gefahr ins Haus stand, die mir denkbar schien. Unsere Gemeinschaft könnte über das mir wichtigste Gebot, die Nächstenliebe, zerbrechen. Denn eines stand für mich fest: Niemals würde ich einen Menschen verraten, dessen Leben mir anvertraut war. Am eigenen Leib hatte ich erfahren, was diese Liebe bedeutete. Ihr verdankte ich mein Leben. Meine Mutter, Bisi und Ada hatten mir zur Flucht aus dem Harem verholfen, als ich mit Josh schwanger war. Dafür hatten sie unter Felix zu leiden gehabt. Jahrelang. Es war meine Pflicht, diese selbstlose Liebe weiterzugeben.
„Diese Farm hat meine Mutter gegründet“, sagte ich langsam. „Ich werde nicht dulden, dass ihr Andenken mit Füßen getreten wird. Und das alles nur aus einem einzigen Grund, noch dazu dem kläglichsten, den ich kenne: Angst.“
Niemals zuvor hatte ich einer älteren Frau gegenüber solche Worte gebraucht.
„Andere magst du damit beeindrucken“, antwortete Mama Ngozi verbittert. „Ich aber höre, dass aus dir die Unvernunft und der Hochmut der Jugend sprechen.
Ich werde mit den Ältesten reden, anschließend werden wir dir unseren Beschluss mitteilen. Du wirst dich ihm beugen.“ Sie drehte sich um und ging gebückt, aber festen Schrittes zurück zum Haus.
Wie üblich verteilten Efe und ich später die Medizin. „Was ist dort oben los?“, fragte meine Schwester. Sie meinte Ngozis und Funkes Zimmer, in dem diese beiden sich mit Ada und Bisi besprachen. Ich hatte mir vorgenommen, über den Wortwechsel am Brunnen so lange kein Wort zu verlieren, bis die Ältesten mir die Entscheidung mitteilten. Efe kannte mich zu gut, um mir nicht anzumerken, dass mich etwas Schwerwiegendes bedrückte. Ich wollte sie nicht mit ungeklärten Problemen belasten und murmelte irgendwelche Gründe.
Als wir in Magdalenas und Tanishas Zimmer kamen, bot sich uns ein Bild fast familiären Friedens. Meine Schwester las,
Josh hatte sich neben Tanishas Matte gelegt. Das Baby umklammerte einen seiner Finger. Der Anblick war so überwältigend, dass ich spürte, wie sich in meinem Hals ein dicker Kloß bildete.
„Sie heißt Faraa“, sagte Josh. „Das hat Tanisha gesagt.“
Die junge Mutter blickte mit leicht verklärtem Blick auf ihr Kind. „Faraa heißt die Fröhliche“, sagte sie. „Denn ich möchte, dass sie immer glücklich ist.“
„Das wollen wir auch“, brachte ich gerade noch heraus, bevor ich Efe meine Kanne in die Hand drückte. „Mach bitte weiter“, sagte ich und eilte hinaus. Ich setzte mich auf die Veranda, wo nur ein schwaches Licht
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