01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
brannte, verbarg mein Gesicht in den Händen und weinte los. Mama Bisi hatte in ihrem Orakel gesehen, dass Tanishas Kind Glück bringen würde; die junge Mutter hatte es ebenfalls gespürt. Und wir sollten sie einem ungewissen Schicksal überantworten?
Nach einer Weile kam Magdalena zu mir und setzte sich schweigend neben mich. „Was ist los?“, fragte sie. „Wollen sie Tanisha fortschicken?“
„Woher weißt du das?“
„Wir haben heute gemerkt, dass es zu lange dauern wird, diese Mauer zu bauen. Die Zeit läuft uns davon. Also müssen wir eine andere Lösung finden“, kombinierte Magdalena mit der Logik einer Mathematiklehrerin.
„Wenn das beschlossen wird, Magdalena, dann werde ich auch gehen.“
„Was redest du da? Das hier ist das Lebenswerk unserer Mutter, Choga Regina!“
„Eben“, antwortete ich. „Niemals werde ich akzeptieren, dass wir ihre Ideale verraten. Niemals! Egal, was geschieht.“
„Und wo willst du hin? Du hast einen Sohn. Josh ist...“
„Ich werde mit ihm, Tanisha, dem Baby und jeder, die uns begleiten will, nach Lagos zurückkehren. Ich bin sicher, dass Amara uns aufnehmen wird.“
„Das ist dein Ernst, nicht wahr?“, sagte Magdalena nach langem Schweigen leise. „Lieber Himmel, ich wusste nicht, dass du so dickköpfig sein kannst.“
Seite an Seite warteten wir, bis die vier Ältesten kamen. Obwohl es eigentlich Mama Bisis Aufgabe gewesen wäre, jetzt für die anderen drei zu sprechen, überließ sie es Ngozi, den Beschluss zu verkünden.
„Wir sind der Meinung, dass die junge Muslimfrau unsere Farm verlassen muss“, erklärte Mama Ngozi. „Ihre Anwesenheit ist ein Risiko für uns alle. Hier leben kranke Kinder und Frauen. Ihr Leben zu beschützen, das ist unsere Aufgabe. Die junge Frau hat eine eigene Familie, die für ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen sorgen wird. Wir werden sie morgen nach Jeba zu Herrn Musa bringen. Das ist dann der vierte Tag nach der Geburt. Sie ist jung und stark genug.“
„Ihr wollt sie fortschicken, obwohl der liman nicht wiedergekommen ist?“, fragte ich erstaunt. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet.
Ngozi nickte. „Das ist unser Beschluss. Wir dürfen nicht den Zorn der Muslime heraufbeschwören, indem wir uns ins Unrecht setzen. Herr Musa wollte seine Schwester abholen und du hast es ihm verweigert. Als Bruder hat er das Recht, seine Schwester einzufordern. Das ist das Gesetz des Islam. Die junge Frau kennt dieses Gesetz und sie wird sich ihm unterwerfen.“
„Sie heißt Tanisha“, sagte ich kraftlos. „Nenn sie nicht einfach junge Frau. Sie ist ein Mensch, der sich in unserer Obhut befindet.“
„Sie hat sich dank deiner Pflege wirklich gut erholt“, sagte nun Mama Bisi.
„Kind, denk doch mal an Joshua und all die anderen. In Jos haben die Muslime Häuser angezündet und Menschen erschlagen. Das muss uns eine Warnung sein. Auch wenn es in Jeba noch ruhig ist.“
Mama Ada nickte bedächtig. „Männer wie der Muslimführer sind wie eine Chilischote. Du weißt erst, wie scharf der Chili ist, wenn du ihn probiert hast.
Aber dann ist es zu spät. Und wir haben ihn herausgefordert.“
„Wir sind ohne Schutz hier draußen“, hakte Mama Ngozi nach, „du hast alles getan, um unsere Mauer zu verhindern. Weil du zu jung bist, um die Verantwortung zu tragen.“
Ich stand langsam auf. „Vielleicht bin ich jung und mache Fehler. Aber auch ihr seid dabei, einen schweren Fehler zu begehen.“ Bevor ich weitersprach, holte ich tief Luft. Es fiel mir schwer zu sagen, was ich mir vorgenommen hatte. Sie alle brauchten meine Kenntnisse als Heilerin. Ich durfte sie ebenso wenig im Stich lassen wie Tanisha.
„Choga, meine Schwester, bitte, sprich es nicht aus!“, hörte ich Magdalena sagen. „Lass uns überlegen, ob wir nicht eine andere Lösung finden. Oder schlaf zumindest erst einmal eine Nacht darüber.“
„Nein, sie sollen es jetzt wissen, Magdalena. Sie sollen meine Entscheidung ebenfalls überdenken können.“ Der Viererrat wechselte verständnislose Blicke.
„Ich werde Tanisha fortbringen. Wie ihr es wollt. Aber ich werde nicht zurückkommen.“
„Dann gehe ich auch mit“, sagte Mama Bisi sofort. „Ich lass dich nicht allein.
Das habe ich deiner Mutter in der letzten Minute ihres Lebens versprochen.
Und ich werde es auch halten.“
„Wir werden uns nie trennen, das haben wir uns geschworen.“ Mama Ada nahm Bisis Hand und ergriff gleichzeitig meine.
„Hört auf!“, rief Magdalena. „Seid ihr
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