01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
behauptet er, seine Geräte seien alle im Einsatz.“
Sie stöhnte. „Dabei stehen sie im Hof.“
„Hast du Fatima gesehen?“, fragte ich.
Meine Schwester verneinte. Bevor ich zu Josh und Efe zurückkehrte, ergänzte sie noch mit ironischem Unterton: „Ach so, eines hat er noch gesagt - es tue ihm Leid.“
„Das tut es mir auch“, bekräftigte ich. Ich meinte allerdings weniger Musa. Mir tat es für Magdalena Leid. Wahrscheinlich begann sie zu begreifen, dass deutscher Elan in Afrika durchaus an Grenzen stoßen kann.
Wie üblich war ich am nächsten Morgen im Kräutergarten, als ich zu meiner grenzenlosen Überraschung Said Musa auf
den Felsen sitzen sah. Er erwartete mich geduldig. Dort oben, glaubte er wohl, würde das Verbot des Muslimführers nicht verletzt. Als ich näher kam, erhob er sich. Die schweren Hände wussten nicht, wo sie sich verstecken sollten. Er lächelte hilflos.
„Sie sind sicher enttäuscht, dass ich den Wunsch Ihrer Schwester ausgeschlagen habe“, begann er. „Ich bitte Sie auch nicht, das zu verstehen, Frau Egbeme. Aber ich muss hier weiterleben. Wir sind gerade erst aus Kaduna weggezogen und haben von vorne angefangen. Ich musste mich entscheiden.
Entweder helfe ich Ihnen und Ihren Schwestern, oder ich versuche mit den Menschen in Jeba zurechtzukommen. Beides geht nicht. Es sei denn, ich baue bei Ihnen und muss dann woanders ein neues Leben beginnen.“ Er hob die Schultern. „Das kann ich nicht. Ich würde mich ruinieren.“
„Im Grunde sind wir beide Opfer von Umständen, die wir nicht zu verantworten haben“, sagte ich, immer noch mit der Hoffnung auf eine Aussöhnung.
„Nachbarn dürfen Nachbarn so etwas nicht antun. Da gebe ich Ihnen Recht.
Einen Ausweg weiß ich dennoch nicht. Sie haben Fatima das Leben gerettet und meine Frau ...“ Seine Worte versiegten.
Jetzt erinnerte ich mich! „Wir haben ja bei ihr die Behandlung begonnen.
Schlägt das Mittel an?“ Ich rechnete kurz nach. Es war knapp drei Monate her, seitdem ich Frau Musa das gemahlene Pulver der Nüsse des Fruchtbarkeitsbaums gegeben hatte, um eine Schwangerschaft herbeizuführen.
Die Augen des kräftigen Mannes füllten sich mit Tränen, seinen muskulösen Körper durchlief ein Beben. „Meine Frau ist schwanger“, stieß er hervor. „Sie glaubt, dass es ein Junge wird!“
Erst jetzt begriff ich, welcher Kampf in Said Musa tobte. Endlich war sein Wunsch nach einem Sohn in greifbare Nähe gerückt. Da die letzten Schwangerschaften mit Fehlgeburten geendet hatten, hatte er sich überwinden müssen, mich erneut
um Hilfe zu bitten. Damit ich für einen glücklichen Ausgang sorgte.
Ausgerechnet ich!
Männer und ihr Wunsch nach Söhnen, dachte ich. Said Musa vergoss sogar Tränen darüber, dass er seinen Stolz besiegt hatte. Während er noch nicht einmal nach seiner Schwester Tanisha gefragt hatte.
Sollte ich ihn etwa fortschicken? Ich zog es nicht einmal in Erwägung. Die Behandlung seiner Frau hätte ebenso gut ein Fehlschlag werden können, da sie mich kein einziges Mal mehr aufgesucht hatte. Dass es dennoch geklappt hatte, begriff ich als Wink des Schicksals. Nicht als das Los dieses Mannes, der trotz seiner Kraft zu schwach war, um sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Nein, als jenes des Ungeborenen und seiner Mutter. Männer in diesem Land ließen sich nicht selten scheiden, wenn der männliche Nachkomme ausblieb. Das war nun einmal so. Es lag nicht an mir, das zu ändern.
„Ich werde Ihrer Frau die Arznei geben, die sie braucht. Schicken Sie Fatima heute Abend hierher“, bat ich. Ihn selbst wollte ich nicht wieder sehen. Dann fiel mir noch etwas ein. „Was ist eigentlich aus den Welpen von damals geworden?“ Er schien nicht gleich zu verstehen. „Der Nachwuchs von Ihrem Hofhund“, verbesserte ich.
„Ich habe sie nicht vergiftet!“, antwortete er entschieden. „Ich habe sie ausgesetzt.“
Am liebsten hätte ich entgegnet: So, wie Sie es mit Tanisha gemacht haben.
Eigentlich, dachte ich, war es gleich, ob die Männer Felix, Papa Sunday, Musa oder liman Ahmed hießen. Ob sie Frauen missbrauchten, verstießen, Schwestern verprügeln lassen wollten oder sich kranke Gemahlinnen auf den Rücken banden, um sie nach Hause zu fahren wie ein Bündel Holz. Ich, Efe und Tanisha waren bislang davongekommen. Aber was war mit denen, deren Schicksal ich nicht kannte?
Obwohl der Tag gerade erst begonnen hatte, fühlte ich, wie mich eine bleischwere Müdigkeit übermannte. Ich hatte
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