01 - Ekstase der Liebe
jeder
Stadt an, die ihr gefiel, und sie zeichnete Kirchturmspitzen oder badete die
glucksende Pippa. In kurzer Zeit lernten sie und Pippa sich kennen und sie
wurde ruhiger und sammelte Kraft für den Augenblick, in dem sie ihrem Mann
wieder entgegentrat. Mit jedem Tag, der verging, wurde sie gefasster. Sie hatte
eine ziemlich genaue Vorstellung von dem, was vor ihr lag. Alex hatte
beschlossen, sie nach Schottland abzuschieben. Diese Aussicht störte sie nicht
sehr. Sollte er glauben, was er wollte. Sie war keine Hure, sie hatte einzig
und allein mit ihrem Mann geschlafen.
Aber
sie würde ihn nie wieder in ihr Bett lassen. Selbst die Ekstase, an die sie
sich nur in Träumen zu erinnern wagte, war diese grässliche Scham und den
Schrecken, der beiden sexuellen Begegnungen mit Alex gefolgt war, nicht wert.
Sie sah in dieser Hinsicht keine Probleme. Alex hatte deutlich gesagt, dass er
nie wieder mit ihr schlafen würde. Also stellte Charlotte sich auf ein einsames
Leben in Schottland ein. Vielleicht konnten ihre Eltern sie im nächsten Sommer
besuchen. Sie bedauerte nicht sehr, London zu verlassen, obwohl sie Sophie
bereits heftig vermisste. Und ihre Mutter. Mehr als alles andere wünschte sie
sich, sich an der Schulter ihrer Mutter auszuweinen. Aber das würde auch nichts
ändern, sagte Charlotte zu sich, als sie nach einer weiteren durchweinten Nacht
erwachte.
Als die
zwei Kutschen die Grenze zu Schottland überquerten, war das junge, unschuldige
Mädchen, das auf Lady Prestlefields Ball auf der Treppe an Alex gestoßen war,
lange verschwunden. An ihre Stelle war eine äußerst gefasste, selbstsichere
Gräfin getreten, die nur zugänglich war, wenn sie mit ihrem kleinen Mädchen
spielte.
»Sie
ist eine richtige Dame, nicht wahr?«, sagte ein rothaariger Bengel zu seiner
Mutter.
»Ach,
sie ist Engländerin, vergiss das nicht!«, erwiderte sie grob. »Schau, wie
hochnäsig sie ist! Die gehen nie aus sich heraus. Die sind nicht wie wir.«
Der
kleine junge sah die schöne, seltsam eisige englische Gräfin an und nickte. Sie
war überhaupt nicht wie seine rundliche, geliebte Mama, das war sicher. Er
umarmte ihre Taille.
»Oh,
Richie, lass los!« Sie schob seine Arme beiseite. Genau in dem Augenblick lief
ein Mädchen mit lautem Geschrei auf die Gräfin zu. Und die exquisit gekleidete
Engländerin beugte sich vor, nahm das Kind auf den Arm und lächelte sie
zärtlich an. Vielleicht waren sie doch nicht so anders, dachte Megan. Sie hob
ihren eigenen Sohn hoch, um ihn zu umarmen, und gemeinsam sahen sie der Gräfin
hinterher, wie sie mit dem Kopf an das Ohr ihrer Tochter geneigt wegging.
Kapitel 15
Alex kam etwa zehn
Tage vor Charlotte und ihrem kleinen Gefolge auf Dunston Castle, seinem
Landsitz in Schottland, an. Er hatte die Reise entweder allein in seiner
Kutsche oder auf dem Rücken von Bucephalus verbracht, wovon er Letzteres bei
weitem vorzog. Aber gleichgültig, wo er sich befand, er verfluchte die Tatsache,
dass er Charlotte in die Kutsche der Dienstboten verbannt hatte. Warum hatte er
sie nicht in seiner Kutsche gelassen, wo er sie nach Herzenslust hätte
beschimpfen können? Dann langsam überkam ihn eine Mischung aus Abscheu und
Scham, wenn er an sein Verhalten seiner Frau gegenüber dachte, und er war froh,
dass Charlotte außer Sichtweite war. Aber in seinen Gedanken war sie da.
Es
überkam ihn noch immer heftige Wut, wenn er daran dachte, dass Charlotte ihn
getäuscht hatte, aber allmählich gewann er die Fähigkeit wieder, ruhig darüber
nachzudenken. Eines Tages erkannte er, dass er zugelassen hatte, dass sein
immer noch heftiger Zorn über Marias Treuebrüche seine Beziehung mit Charlotte
überschattete. Und nur zwei Tage nach dieser Erkenntnis setzte er sich
kerzengerade in seinem Bett auf und Charlottes Stimme hallte in seinem Kopf
wider.
»Ich
habe mit keinem anderen Mann geschlafen! Ich habe nur einmal mit dir
geschlafen, vor Jahren!«
Und
dann Charlotte, wie sie über den Geschlechtsakt redete: »Ich wusste nicht ...
es war wundervoll, einfach wundervoll ... Überhaupt nicht wie beim anderen Mal.
Keine Schmerzen ...«
Also
war Charlotte keine so abgebrühte Betrügerin, wie Maria es gewesen war. Nein,
sie hatte nur mit einem Mann geschlafen, vor Jahren - und sie dachte, er
sei es gewesen. Dann hatte sie wohl aus dem falschen Grund eingewilligt, ihn zu
heiraten, aber das machte nichts, dachte Alex und übergab seine Träume von der
Liebe dem Feuer. Er war kein Trottel. Es war klar, was
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