01 - Ekstase der Liebe
neuen Gräfin auf. Charlotte stand mit Pippa auf den
Armen vor ihnen. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, als sie Alex
erblickte. Sie senkte den Kopf kaum sichtbar und sagte: »Mylord.«
Alex
sah sie nachdenklich an. Er erwiderte ihr Nicken.
»Charlotte.«
Irn Hof entstand Stille. Pippa, die über Charlottes Schulter hinweg die Pferde
beobachtet hatte, drehte sich um. Alex lächelte sie an und streckte die Arme
aus. Aber statt mit ihrem bezaubernden italienischem Akzent Papa< zu rufen
und zu strampeln, um auf den Boden zu gelangen, sah Pippa ihn erschrocken an,
warf ihren freien Arm um Charlottes Hals und stieß laute Schluchzer aus.
»Süße«,
sagte Charlotte, »ich habe dir doch gesagt, dass Papa wiederkommt. Wie du
siehst, ist Papa hier, und er hat dich vermisst und er liebt dich sehr Er ist
nicht für immer weggegangen. Erinnerst du dich noch, was ich dir gesagt habe?«
Sie
erhielt keine Antwort. Pippa vergrub ihr Gesicht noch tiefer an Charlottes
Hals. Alex spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Seine eigene Tochter
wies ihn vor etwa dreißig Dienstboten zurück, die allesamt den Hals reckten, um
zu sehen, was vor sich ging. Alex ging auf die beiden zu, sein starrer Körper
verbarg sehr gut seinen Impuls, Charlotte in die Arme zu nehmen und so lange zu
küssen, bis sie nicht mehr so distanziert aussah.
»Schatz«,
sagte er mit seiner tiefen Stimme. »Ich habe dich sehr vermisst. Ich habe jede
Nacht bereut, dich zurückgelassen zu haben. Aber jetzt bin ich ja hier und
hätte sehr gerne eine Umarmung von meinem kleinen Engel.«
Pippa
hob ihr tränenverschmiertes Gesicht. »Papa?«, fragte sie. Alex beugte sich zu
ihr hinunter und ignorierte die Tatsache, dass Charlotte ein wenig zurückwich,
als er ihr näher kam. Er rieb seine Nase an Pippas. Sie kicherte und streckte
die Arme aus. »Papa«, sagte sie. »Papa!«
Der
italienische Akzent war für immer verschwunden, dachte Alex. Aber die Wärme von
Pippas kleinem, stämmigem Körper, der sich an ihm festklammerte, war alles, was
zählte. »Ich liebe dich, mein Engel«, hauchte er an Pippas Hals. Er hatte die
Umstehenden vergessen.
Charlotte
starrte ihren Mann an. Das war der alte Alex, der liebende Vater, den sie vor
ihrer Hochzeitsnacht gekannt hatte. Erleichterung erfüllte Charlottes Herz.
Abgesehen von ihrem Leid hatte sie sich große Sorgen um Pippa gemacht. Wie
sollte Pippa mit dem Tod ihrer Mutter fertig werden, wenn ihr neu gefundener
Vater einfach davonritt und sie in Schottland zurückließ? Aber vielleicht waren
seine Pläne nicht ganz so drakonisch, wie sie befürchtet hatte. Alex und Pippa
schmiegten sich aneinander und vergaßen die Zuschauer um sich herum.
Plötzlich
wandte Alex den Kopf. Er ließ seinen Blick über die versammelten Dienstboten
schweifen. »Das ist eure neue Herrin, die Gräfin von Sheffield und Downes.« Er
starrte die Dienstboten streng an, er wollte nicht, dass sie die neue Gräfin
ungebührlich behandelten, weil sie sie aus der Kutsche der Dienstboten hatten
steigen sehen. Sie würde die Geschichte früh genug von den Lakaien hörten, die
mit ihr angekommen waren. Er stöhnte leise, aber sein Gesicht blieb arrogant
und selbstbewusst. Dann lächelte er: »Und das ist meine Tochter, Lady
Philippa.«
jubel
und Händeklatschen ertönte. Alex bot Charlotte seinen freien Arm. Sie legte
ihre Hand darauf, er führte sie vor die Reihe der Dienstboten und fing an, sie
den wichtigsten Dienern seines Besitzes vorzustellen.
Charlotte
ihrerseits war hocherfreut über sich selbst. Sie empfand nichts. Nach all den
Qualen der letzten drei Wochen erblickte sie Alex, ihren Ehemann, und fühlte
nichts, weder Anziehung noch Wut. Sie verspürte einen Anflug von Mitleid, weil
er ungewöhnlich abgespannt und müde aussah. Aber ihn zu sehen rüttelte nicht an
ihren Vorsätzen, stellte sie froh fest. Während sie lächelte und mit den
Dienstboten plauderte, freute sie sich darüber, dass seine beunruhigende
Wirkung auf sie, die innere Schwäche, die sie jedes Mal erzittern ließ, wenn er
nur ihre Finger berührte, verschwunden war. Sie hielt seinen Arm und empfand -
nichts.
Schließlich
hatte Charlotte alle Dienstboten der oberen Stockwerke kennen gelernt; sie
hatte entschieden, dass eines der Hausmädchen ersetzt werden musste, und sich
vorgenommen, die Bücher der Haushälterin prüfen zu lassen. Dann lächelte sie
den anderen Dienstboten zu und ließ Alex' Arm los. Seite an Seite gingen sie
die vier Steinstufen hoch und in
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