01 - Ekstase der Liebe
die Eingangshalle hinein.
»Meine
Güte!«, rief sie, als sie die hallende, steinerne Eingangshalle betrat.
»Ich
habe es von meiner Urgroßmutter geerbt«, meinte Alex fröhlich. jetzt, wo er
Pippa auf dem Arm hatte und Charlotte ihn nicht wie ein Ungeheuer ansah, fühlte
er sich, als könne er die Welt wieder in Ordnung bringen. Sobald er die
Gelegenheit hatte, würde er Charlotte erklären, dass sie damals mit seinem
Bruder geschlafen hatte, aber dass er - Alex - großmütig
entschieden hatte, ihr diesen Ausrutscher zu verzeihen. Er lächelte in sich
hinein. Das war der richtige Weg. Seine Mutter hätte das gutgeheißen. Sein
Vater - nein. Sein Vater hätte Charlotte mit Sicherheit verstoßen oder
sie in diesem schottischen Schloss im Nirgendwo lebendig begraben. Aber er war
nicht wie sein Vater. Seine Ehe würde auf Großzügigkeit, wenn auch nicht auf
Liebe, basieren. Tatsächlich strahlte Alex geradezu vor Rechtschaffenheit.
Unglücklicherweise
schien seine Frau das nicht bemerkt zu haben. Sie schlenderte umher, berührte
die Wandteppiche, die den großen Raum zierten, und runzelte die Stirn, weil sie
so staubig waren.
»Nun
gut«, sagte Charlotte und sah ihm unbefangen in die Augen. »Ich werde bis zum
Abendessen in meinen Gemächern sein, Mylord. Ich bin sicher, Mrs McLean zeigt
mir den Weg.« Charlotte lächelte die mollige Haushälterin an, die an der Treppe
wartete. »Um welche Uhrzeit wird in Schottland das Abendessen serviert?«
Alex
erwiderte ihren Blick und zog die Augenbrauen hoch. Seine neue Frau war sehr
kühl. »Um acht Uhr«, antwortete er.
»Mylord«,
wiederholte Charlotte und knickste. Alex fuhr zusammen. Natürlich, seine Eltern
pflegten sich auf diese Weise zu grüßen, aber Charlotte hatte noch nie vor ihm
einen Knicks gemacht, außer beim Tanzen. Langsam verbeugte er sich.
Dann
kam Charlotte auf ihn zu und sein Herz raste. Aber sie beugte sich nur vor und
berührte Pippas Wangen mit ihren Lippen.
»Mama!«,
sagte Pippa und es gelang ihr, ihren kleinen, drallen Arm um Charlottes Hals zu
legen und sie so nahe zusammenzubringen, dass Alex Charlottes Orangenblütenduft
riechen konnte.
»Nein,
meine Süße«, sagte Charlotte liebevoll zu Pippa. »Du bleibst jetzt eine Weile
bei deinem Papa. Sei ein gutes Kind.« Dann wandte sie sich Alex zu und wie
durch Zauberei wich jegliche Wärme aus ihrem Gesicht und zurück blieb nicht
Feindseligkeit, sondern ruhige Gleichgültigkeit. »Sie können Pippa ihrem
Kindermädchen geben, wann immer Sie wollen. Sie hat Katy inzwischen lieb
gewonnen.«
Eiseskälte
kroch an Alex' Rücken hoch. Nein, Charlotte war nicht verärgert. Sie sah ihn
auf eine Weise an, wie es Hunderte von Damen der Gesellschaft bei ihren Männern
taten: nicht wütend, nicht einmal forschend, einfach nur völlig desinteressiert.
Aber sehr, sehr höflich, dachte er, als Charlotte noch einmal knickste und mit,
Mrs McLean die Stufen hinaufstieg. Unwillkürlich verstärkte er den Griff, mit
dem er Pippa hielt, und sie quietschte protestierend.
»Alles
in Ordnung, mein Schatz. Wollen wir uns die Kätzchen im Stall ansehen?«
Charlotte
ging die Treppe langsam nach oben, ohne Mrs McLeans Redeschwall zu lauschen -
die Schwierigkeit, gute Dienstboten zu finden, was letzten Dienstag den sechs
Teilen des besten Porzellans geschehen war, der Bedarf an neuer Wäsche. Sie war
Alex gegenüber nicht so unempfindlich, wie sie gehofft hatte. Als Pippa sie zu
sich gezogen hatte, war ihr Alex' würziger, männlicher Geruch in die Nase
gestiegen, und gegen ihren Willen waren ihre Knie weich geworden.
Charlotte
überwachte den Umzug ihrer Kleider aus dem Schlafgemach, das an das
Hauptschlafzimmer angrenzte, in einen weit entfernten, neben dem Kinderzimmer
gelegenen Raum (die Dienstboten nahmen ihren Wunsch nach besserem Licht ohne
Kommentar hin), beaufsichtigte das Einräumen ihrer Farben in eines der vier
Turmzimmer, die zurzeit nicht benutzt wurden, und inspizierte persönlich Pippas
neues Kinderzimmer. Nachdem sie den Raum genau betrachtet hatte, ordnete
Charlotte an, dass noch eine Lage Teppiche hineingelegt wurde. Pippa verbrachte
immer noch viel Zeit auf dem Boden und sie wollte nicht, dass sie auf dem
feuchten, kalten Stein, der die Böden des Schlosses bedeckte, eine schleichende
Grippe bekam.
Dann
schickte sie nach einem Bad und ließ sich todmüde in das dampfende Wasser
gleiten.
»Marie«,
rief sie hinter den Stellwänden hervor, die die Badewanne vor dem
unbarmherzigem Luftzug, der in
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