01 - Ekstase der Liebe
In Bezug auf Alex' erste Frau war sie etwas gehemmt.
»Wie
zum Teufel soll ich überhaupt hier herauskommen?«, wollte Patrick wissen. »Ich
freue mich sehr, Sie kennen gelernt zu haben, aber wenn ich nicht die Nacht
hier verbringen soll, muss ich wohl eine Hintertür finden.«
Charlotte
hatte darüber nachgedacht. »Das Problem ist, dass Sie so groß sind«, meinte sie
und gab die Idee auf, ihren Schwager als Frau zu verkleiden. Sie hatte einen
Roman gelesen, in dem das geklappt hatte, doch in der Realität schien das nicht
sehr wahrscheinlich.
»Ich
werde einfach warten, bis der Bursche da draußen die Kurve kratzt.«
»Der
Bursche die Kurve - kratzt?«, wiederholte Charlotte erstaunt.
Patrick
konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Ich werde Ihrer Ladyschaft aufwarten,
bis dieser Gentleman, der um das Haus schleicht, aufgibt und zum Essen nach
Hause geht.«
»Oh.
Ist das indischer Jargon?«
»Nein,
das ist die Umgangssprache auf den Straßen hinter Ihrem Haus«, erwiderte
Patrick schroff. Er hatte vergessen, wie behütet Engländerinnen aufwuchsen.
Zumindest die Damen.
»Oh«,
sagte Charlotte noch einmal. Es klopfte und Molly kam wieder herein. Charlotte
sah dankbar auf. In Patricks Gegenwart fühlte sie sich wirr und müde. Es muss
das Kind sein, dachte sie.
»Das
ist für Sie angekommen, Mylady.« Molly hielt ihr einen etwas abgenutzten
Umschlag hin. »Ich dachte, dass Sie ihn unter diesen Umständen sofort sehen
möchten.«
»Danke,
Molly«, sagte Charlotte und nahm den Umschlag. Sie wusste sofort, dass es ein
Brief von Alex war. Er war ziemlich kurz.
<
Liebste Charlotte. Ich
schreibe ungern Briefe, deshalb wird dieser ziemlich kurz. Ich fürchte, es gibt
größere Problemen, als wir angenommen haben. Luciens Angelegenheit ist
abgeschlossen, aber ich muss die Ware, von der ich dir erzählt habe, noch
erwerben, da sie in Paris nicht erhältlich war. Es wird eine Weile dauern, den
Handel abzuwickeln, aber danach werde ich nach Hause kommen.
Am unteren Ende hatte
Alex in weniger förmlicher, ausschweifender Handschrift In Liebe geschrieben.
Und Alex. Charlotte starrte den Brief ungläubig an. Das war alles? Eine unklar
formulierte Nachricht über Ware aus Paris? Er musste befürchtet haben, dass der
Brief abgefangen wurde, dachte sie. Nun gut aber In Liebe? Das musste
für sie bestimmt sein. Sie spürte, wie ein warmes Gefühl sich in ihr
ausbreitete. Das war sogar noch besser, als wenn Alex sagte, dass er es liebte,
mit ihr verheiratet zu sein. »In Liebe« ist nahe an »Ich liebe dich«, dachte
sie. Dann bemerkte sie, dass es im Raum schon eine ganze Weile still war. Sie
sah auf und errötete.
»Vergeben
Sie mir, Lord Foakes. Es ist ein Brief von Ihrem Bruder. Er berichtet, dass er
nicht so bald aus Italien zurückkehren kann, wie er es geplant hatte.
Tatsächlich«, sie runzelte die Stirn, »sagt er gar nicht genau, wann er
zurückzukommen gedenkt!«
»Er
wird sich ein wenig herumtreiben«, meinte Alex' Bruder wissend. Dann fing er
Charlottes Blick auf. »Nein, nein«, meinte er. »So habe ich das nicht gemeint.
Ich bin sicher, dass Alex auf dem ersten Schiff zurück nach England sein wird.«
Charlotte
war sehr leicht ums Herz. »Glauben Sie, dass er sich aus dem Staub gemacht
hat?«, fragte sie fröhlich. »Oder den Bogen gemacht?«
»Man
>macht die Biege<«, verbesserte Patrick sie und ein breites Grinsen
erschien auf seinem Gesicht. Er hatte soeben bemerkt, dass seine neue
Schwägerin nicht nur schön, sondern auch bezaubernd war. »Und nein, mein
älterer Bruder ist ganz bestimmt nicht weggelaufen. Alex war immer der
verantwortungsvollere von uns beiden. Aber wo in aller Welt hat eine gut
erzogene junge Dame diese Ausdrücke gelernt?«
»Von
unserem dritten Hausmädchen, sie heißt Mall«, erwiderte Charlotte.
»Ist
Mall ... eine gute Freundin von Ihnen?«
»0 ja.
Wir haben ziemlich viel Zeit miteinander verbracht. Mall kommt von der
walisischen Grenze.« Charlotte lächelte ihren verblüfften Schwager an. Es
geschah ihm recht, wenn er sie behandelte, als wäre sie ein Einfaltspinsel.
»Hm«,
meinte Patrick schließlich, als ihm klar wurde, dass sie ihm keine genauere
Erklärung geben würde. »Ich werde zum Dienstboteneingang gehen, und wenn die
Luft rein ist, haue ich ab, und wenn ich Glück habe, riecht niemand Lunte!«
Charlotte
lachte. »Ich werde Mall nach der passenden Antwort auf diesen Ausdruck fragen.«
Sie stand vorsichtig auf und streckte die Hand aus. Ihre Augen
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