01 - Ekstase der Liebe
Obwohl er ihm
keinen Vorwurf daraus machen würde, dachte Patrick. Mein Gott, Alex hatte
wirklich eine Schönheit gefunden.
»Alex
wird sich freuen.« Patrick grinste. »Er wollte schon immer eine große Familie.
Ich habe ihn deswegen immer aufgezogen, weil es nicht ...« Patrick verstummte.
Er hatte vergessen, dass man in Gegenwart der neuen Gattin seines Bruders keine
Witze über dessen Hang zu wilden Eskapaden machte. Ganz abgesehen davon, dass
Alex ein Familienleben stets für sehr langweilig gehalten hatte.
Aber
Charlotte hörte nur die Bestätigung der Tatsache, dass Alex Kinder haben
wollte. »Ja, es ist großartig, nicht wahr? Er weiß es noch nicht.«
»Ich
werde es ihm nicht erzählen. Was zum Teufel macht er eigentlich in Italien?«,
fragte Patrick.
Charlotte
schluckte. Alex hatte ihr verboten, es jemandem zu erzählen. Aber meinte er
damit auch seinen eigenen Bruder?
Doch
Patrick redete ohne Pause weiter. »Ich weiß schon: die Angelegenheiten dieser
Xanthippe, die er geheiratet hat, regeln«, sagte er. Er wechselte höflich das
Thema und sie sprachen eine Weile über seine Reisen, aber die Atmosphäre war
gespannt.
Schließlich
packte Patrick den Stier bei den Hörnern. »Ich nehme an, Sie kennen die
Geschichten, die über uns im Umlauf sind.«
»0
nein!«, rief Charlotte plötzlich und sah auf. »Ich habe vergessen, Sie zu
bitten, Ihre Pferde wegzuschicken.«
»Glauben
Sie wirklich, dass das notwendig ist?«, meinte Patrick und seine Augenbraue
flog nach oben. Das verlieh ihm einen Ausdruck aristokratischen Staunens, der
ihn Alex so ähnlich machte, dass Charlotte lächeln musste.
»Meine
Mutter hielt das für eine gute Idee.«
»In dem
Fall werde ich sie sofort wegschicken.«
Charlotte
läutete die Klingel, aber es erschien kein Butler, sondern nur ein ziemlich
aufgeregtes Hausmädchen.
»Haben
Sie keinen Butler?«, erkundigte sich Patrick.
»Ich
habe ihn entlassen und der neue ist noch nicht aus Schottland eingetroffen.
Molly, würdest du bitte einen Lakaien zu uns bitten?«
»Ja,
Mylady.« Molly knickste. Dann zögerte sie.
»Molly?«
»Oh,
Mylady. Es ist ein ganz schrecklicher Mann da draußen. Er sagt, er käme von The
Tatler und wir werden ihn einfach nicht los.«
»Meine
Güte«, sagte Charlotte verblüfft. »Wer genau hat versucht, den Mann zu
vertreiben?«
»Es
waren drei Lakaien bei ihm draußen, aber keiner kann ihn davon abhalten, sich
um das Haus herumzudrücken und zu den Fenstern zu schleichen.«
Patrick
erhob sich drohend. »Ich werde ...«
»Nein,
Sie werden gar nichts!«, fuhr Charlotte ihn an. »Man darf Sie hier überhaupt
nicht sehen. Ich nehme an, dass Ihre Kutsche vorn auf Sie wartet?«
»Ich
weiß nicht«, erwiderte Patrick. »Ich habe heute Nachmittag ein frisches
Gespann, also hat Derby vielleicht eine kleine Spritztour mit ihnen gemacht.«
»Molly,
schicke einen Lakaien, der Lord Foakes' Kutsche abfängt und sie zum Hydepark
schickt.«
»Nein,
nein«, meinte Patrick mit seiner tiefen Stimme belustigt. »Er soll Derby sagen,
dass er nach Hause gehen soll und ich später eine Droschke nehmen werde.«
Molly
knickste und verließ den Raum. Es herrschte einen Augenblick lang Stille. Dann
lachte Patrick reumütig.
»Wissen
Sie, dass ich noch nie eine Affäre mit einer verheirateten Frau hatte? Ich
beginne zu begreifen, dass das außergewöhnlich kompliziert ist.«
Charlotte
lachte in sich hinein. jetzt wo sie Patrick vor sich sah, konnte sie nicht
glauben, dass sie ihn je für Alex gehalten hatte. Sie waren völlig verschieden.
Patrick sah aus, als wäre er kurz davor, loszulachen oder etwas Lustiges zu
sagen. Wohingegen Alex ... Charlotte dachte sehnsüchtig an Alex und an die
Grimasse, die er schnitt, wenn sie ihn mit seinem »grüblerischen Blick« aufzog.
»Im
Gegensatz zu Indien ist London ohnehin verflixt langweilig«, meinte Patrick
offen. »Ich habe vor, zum Jagen nach Leicestershire zu fahren. Ich werde morgen
früh weg sein und das sollte dem Klatsch den Garaus machen.« Er blickte
angeekelt drein. »Dieser ganze verteufelte Anstand! Ich konnte das noch nie
ausstehen. Obwohl ich sagen muss, dass ich nie eine so verrückte Heldentat
begangen habe wie Alex in Italien, und er erschien mir immer als der Nüchterne.
Seine Ehe zu annullieren!« Patrick hatte am Abend zuvor alles über den
Familienklatsch nachgeholt und der Gedanke, dass sein düsterer Zwilling sich in
ein solches Schlamassel gebracht hatte, erquickte ihn.
Charlotte
errötete leicht.
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