01 - Ekstase der Liebe
eine
Frage der Zeit, bis er es wieder vergaß. Aber um die Hand einer Frau
anzuhalten, konnte so schwer nicht sein.
So kam
es, dass Charlotte den besten Fang auf dem Markt machte. Doch ebenso unverhofft
wies sie ihn auch wieder ab. Als ihr Vater Charlotte zu einem privaten Treffen
mit dem Grafen von Slaslow zu sich rief, sagte sie Braddon klipp und klar nein.
Sie erklärte ihm freundlich, dass sie ihn sehr gern habe, aber wäre er nicht
mit Miss Barbara Lewnstown glücklicher? Barbara und Braddon schienen wie
füreinander geschaffen, da sie Pferde genauso liebte wie er.
Charlottes
Mutter zog sich für drei Tage in ihr Bett zurück und sprach zwei Wochen lang
kein Wort mit ihrer Tochter. Braddon zog niedergeschlagen und wenig überzeugt
von dannen. Als sein Blick das nächste Mal bei Almack auf Miss Lewnstown fiel,
machte er ein grimmiges Gesicht und wandte sich ab.
Bis
1801 hatte Charlotte respektable Heiratsanträge von etwa acht Gentlemen
bekommen, von denen nur zwei dafür bekannt waren, lediglich an ihrer Mitgift
interessiert zu sein. Die anderen sechs umwarben sie wegen ihrer grünen Augen
und ihres zurückhaltenden Lächelns.
Nein,
Charlotte wird niemals heiraten, gestanden sich ihre Mutter und ihr Vater eines
Abends ein, als sie im herzoglichen Bett lagen.
»Es ist
diese Malerei!«, meinte die Herzogin. »Oh, Marcel, sie wird langsam, aber
sicher zu einer alten Jungfer zusammenschrumpfen ... Ich bin so unglücklich«,
brach es aus ihr hervor und Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Na
ja«, sagte Marcel unbehaglich. »Violetta hat ziemlich spät geheiratet, warum
sollten wir die Hoffnung für Charlotte aufgeben?« Marcel war ein großer,
ruhiger Mann, der seinen französischen Vornamen seiner romantischen Mutter zu
verdanken hatte. Dieser Name hatte ihn in den letzten Jahren in einige peinliche
Situationen gebracht, besonders als 1797 das republikanische Frankreich England
mit der Invasion drohte.
»Ich
glaube, wir sollten einfach die Zügel etwas lockern«, meinte er und barg den
Kopf seiner Frau fest an seiner Schulter. »Was ist schon dabei, wenn sie nicht
auf Gesellschaften gegen möchte? Lass sie malen.« Er wollte hinzufügen, dass er
all die Streitereien über Bälle leid war, aber er sagte nichts.
Die
Herzogin schmiegte den Kopf an die Schulter ihres Mannes. Er war so ein guter
Mensch, aber er hatte keine Vorstellung davon, was eine Frau, die niemals
heiratete, jeden Tag erwartete - all die Brüskierungen und Beleidigungen,
die schon jetzt an Charlotte ausgeteilt wurden.
»Aber
was, wenn ... Wo soll sie später einmal leben?«, fragte Adelaide verzweifelt.
»Horace erbt dieses Haus und das auf dem Land; er wird eine Familie gründen
wollen, und wer kann schon sagen, ob er eine unverheiratete Schwester bei sich
aufnehmen möchte, besonders eine, die für ihr undamenhaftes Interesse am Malen
bekannt ist!«
»Ich
werde dir jetzt einmal etwas sagen«, meinte ihr Gatte beruhigend. »Die anderen
beiden Mädchen sind versorgt. Winnies Ehemann wird es nie an etwas fehlen und
auch Violettas Marquis geht es recht gut. Ich werde Charlotte den Landsitz in
Cornwall überschreiben, den ich von Tante Beatrice geerbt habe. Er gehört nicht
zum Erbe und wirft einen guten Gewinn ab. Mit dem Land und der Mitgift ist sie
rundum versorgt.«
Adelaide
dachte darüber nach. Ihre älteste Tochter Winnifred hatte Austen Saddlesford,
einen unverschämt reichen Amerikaner, geheiratet und war glücklich mit ihm nach
Boston gezogen. Violetta hatte den Marquis von Blass geehelicht und keinem der
Mädchen fehlte es an Geld. Und Horace würde den gesamten herzoglichen Besitz
erben; er würde ihr das Erbe in Cornwall nicht missgönnen.
Natürlich
sah sie die Sache von einem etwas anderen Blickwinkel als ihr Mann. Für ihn war
entscheidend, dass Charlotte mit den Pachtgeldern aus Cornwall bequem leben und
sich ein Haus in London kaufen konnte, wenn sie das wollte. Das war freundlich
genug gedacht, aber Adelaide begriff sofort, dass der Besitz in Cornwall -
ein kleines elisabethanisches Herrenhaus und das dazugehörige Land - aus
Charlotte, der Tochter eines Herzogs mit einer guten Mitgift, eine wohlhabende
Erbin machte. Und das, dachte sie weise, würde das Interesse an ihrer
Tochter vergrößern und vor allem, würde es denen den Mund stopfen, die sie als
alte Jungfer betitelten. Eine große Erbin passte einfach nicht in diese
Kategorie.
Man
wusste nie; vielleicht würde der richtige Mann für Charlotte noch
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