01 - Ekstase der Liebe
»Von nichts kommt nichts.«
»Ich
glaube nicht, ich meine, ich glaube, er kann durchaus«, erwiderte Charlotte
genauso leise.
»Das
musst du herausfinden«, sagte Sophie. »Du musst es wissen und dann kannst du
Ernst machen und ihn heiraten. Ich nehme an, er hat dir einen Antrag gemacht?«
Sie wartete, eine Augenbraue hochgezogen.
Charlotte
nickte.
»Was
für eine Frau! Zwei Grafen umwerben dich, und wer noch -eine Reihe von
kleinen Viscontes und Baronen und einige niedere Baronets.«
Charlotte
lachte. Sie heftete ihren Blick fest auf Sophie, um den Blicken all der Leute,
die sie anzustarren schienen, auszuweichen. Und um sich davon abzuhalten, Alex
noch einen verstohlenen Blick zuzuwerfen.
Das
Stimmen der Geigen war schließlich beendet und der Direktor des Drury Lane
Theaters erschien vor den roten Samtvorhängen. Das Stimmengewirr im Publikum
erstarb.
Charlottes
Gedanken schweiften ab, als der Direktor redete und redete und sich der
wunderbaren Veränderungen rühmte, die er am König Lear vorgenommen hatte
... jetzt passend für ein modernes Publikum ... passend für die moderne
Schicklichkeit, die Liebe zum Frohsinn, bla, bla. Sie heftete ihren Blick auf
die Brüstung vor sich. Charlotte wurde das Gefühl nicht los, dass Alex nicht
vorgehabt hatte, das Theater zu besuchen, bis Sophie den Namen des Stückes, das
sie sich ansehen wollten, fallen gelassen hatte, Außer Alex' Tante, Henrietta
Collumber, hatte sie noch nie jemanden in der Loge der Sheffields gesehen.
In
diesem Moment hatte sie das Gefühl, als würde er sie ansehen. jeder einzelne
Nerv in ihrem Körper signalisierte ihr, dass seine Augen auf ihr ruhten. Ihr
Blut floss nicht in ihren Adern - es raste. Es war Wahnsinn, dachte
Charlotte bei sich. Wahnsinn!. Und wie sollte sie in Erfahrung bringen, ob Alex
impotent war oder nicht? Sie hob den Kopf, als die Vorhänge des Theaters zur
Seite glitten. Ohne es zu wollen, schweifte ihr Blick nach rechts. Alex saß
völlig entspannt da, die langen Beine ausgestreckt und die Füße an den Knöcheln
verkreuzt. Tatsächlich wandte er ihr den Rücken zu und hatte den Kopf Daphne
Bochs weichen, blonden Locken zugeneigt. Es war nicht Eifersucht, was Charlotte
empfand, es war Hass. Das Letzte, was sie wollte, war, dass Alex sie dabei
ertappte, wie sie seine Freundin wütend anstarrte.
Sie
richtete sich auf Bei diesem Spiel konnten zwei mitspielen. Sie beugte sich
leicht vor und warf einen Blick über das Theater. Dort saß Braddon ... aber
Braddon war leider nicht der Richtige, um Alex eifersüchtig zu machen. Ihr
Blick glitt über einige Männer, die sie sofort zu sich kommen lassen konnte,
dann leuchteten ihre Augen auf. Will Holland, der aussah wie ein großer blonder
Riese, saß in einer Loge links unter ihr. Sie hob den Kopf und schenkte ihm ein
leichtes Lächeln, ein bezauberndes, lockendes Lächeln. Leider geschah das genau
in dem Augenblick, als Alex sich schließlich gestattete, einen Blick über die
linke Schulter in die Loge der Brandenburgs zu werfen. Er starrte sie eine
Weile mit harten Gesichtszügen an. Verdammt!
Will
reagierte ganz ähnlich. Er hatte die letzte Woche damit verbracht, einen sehr
nützlichen Flirt mit der Tochter eines reichen Kaufmanns anzubandeln, und sie
war nicht einmal unattraktiv. Aber als er zu der unglaublich sinnlichen Tochter
des Herzogs mit ihren sorgfältig zerzausten Locken hinaufsah, schmolz seine
Entschlossenheit der letzten Woche dahin. Vielleicht hatten ihre Eltern sie vor
Alex gewarnt. Er warf seinem alten Freund, der gerade diesem französischen
Fräulein, Daphne Boch, etwas ins Ohr flüsterte, einen wissenden Blick zu.
Wenn er
während der Pause in Charlottes Loge ging, könnte er es sich mit Miss van Stork
verderben. Und sie war gar nicht so schlecht; vielleicht fand er nie wieder
eine so erträgliche Erbin. Chloe von Stork saß still neben ihm. Sie hatte
rotbraune Locken,
keine schlechte Farbe, und einen schlanken Körper, dachte er. Ihre Kleidung war
abscheulich 7
sie
trug einen dicken Stoff, der sehr haltbar schien. Er schauderte leicht. Von
ihrem steifen Rücken zu schließen trug sie wahrscheinlich sogar eines dieser riesigen,
altmodischen Korsetts aus Walfischbein. Nichts könnte weiter von Charlottes
hauchdünnen französischen Kleidern entfernt sein.
Plötzlich
wandte Miss van Stork den Kopf und sah ihm in die Augen. »Werden Sie gehen?«
Sie nickte in Richtung der Loge der Brandenburgs. Will staunte sie an. Sie hat
wunderbar weiße Zähne,
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