01 - Ekstase der Liebe
davon halten sollte, deshalb richtete sie ihre
Aufmerksamkeit wieder auf den Weg. Alex, der auf der Straße neben dem
Bürgersteig ritt, hatte Lady Prestlefields herausgestreckten Hut, der unelegant
aus der Barouche ragte, ebenfalls gesehen. Er grinste und der letzte Überrest
seiner schlechten Laune schwand dahin. Vielleicht würden der Klatsch und
Charlottes weiches Herz sein Heiratsproblem für ihn lösen.
In
diesem Augenblick sauste einer der vielen Londoner Straßenkehrer, ein etwa neun
Jahre alter Junge, direkt vor Bucephalus' Vorderfuß auf die Straße. Der junge
allein hätte sein Pferd nicht nervös gemacht, dachte Alex später, aber ihm
folgte ein stämmiger Obstverkäufer, dem er einen Apfel stibitzt hatte. Der
junge rutschte vor Bucephalus aus, der Obstverkäufer prallte an seine Schulter
und links von Alex verfehlte der Kutscher einer Droschke nur knapp den
flüchtenden jungen, indem er an den Zügeln seiner beiden schlecht genährten,
gereizten Pferde riss. Die beiden bäumten sich auf, so dass ihr Geschirr
fürchterlich klirrte und schepperte.
Das war
zu viel für Bucephalus. Er und sein Herr waren heute zweimal ausgeritten und
bis jetzt hatte er keine Gelegenheit gehabt, die Beine zu strecken. Und es war
für ihn ein sehr unbequemer Spazierritt gewesen, als Pippa mit den Füßen auf
ihm herumtrommelte und an seiner Mähne zog. Er wieherte laut, stieg und fuhr
mit seinen Hufen durch die Luft.
»Was
zum Teufel!«, rief Alex wütend. Er verkürzte die Zügel und beugte sich nach
vom, um mit der anderen Hand Bucephalus' Zaumzeug zu fassen zu kriegen.
Bucephalus, ein gut erzogenes Pferd, ließ seine Vorderfüße sofort wieder auf
den Boden nieder. Kaum hatte sich Alex aufgerichtet, begegnete er dem
amüsierten Blick seiner Liebsten, die auf dem Bürgersteig stehen geblieben war.
Alex
starrte sie einen Moment lang an. Er wusste, in seinen Armen würde sie
stürmisch sein; das hatte er gespürt, als er sie im Park geküsst hatte. Sein
Mund verzog sich zu einem reumütigen Lächeln und er sprang von Bucephalus
herunter, wobei er Charlottes Reitknecht die Zügel zuwarf. »Lassen Sie mich das
dralle Hühnchen tragen«, sagte er leichthin, als er neben Charlotte und Sophie
auf dem Bürgersteig stand.
Charlotte
hatte erfreut bemerkt, dass sie sich an Alex gewöhnt hatte, da ihr Herz ganz
normal schlug und sie sich ihrer ganz sicher fühlte. Aber als er die Arme
ausstreckte und das Kind nahm, zwinkerte er ihr auf eine Weise zu, die ihre neu
gefundene Ruhe zerschmelzen ließ, und sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht
stieg.
Sophie,
die nie eine Gelegenheit verstreichen ließ, zwinkerte zurück und gab ihrem
Reitknecht ein Zeichen, ihr zurück auf ihr Pferd zu helfen. »Au revoir«, sagte
sie fröhlich. »Ich muss jetzt zu meiner Maman zurück. Nein, nein, Philipps
Begleitung genügt vollkommen. Charlotte, ich sehe dich heute Abend.« Sie nickte
Alex höflich zu und verschwand, gefolgt von ihrem Reitknecht, in der
überfüllten Straße.
Zunächst
war Charlotte vor Schüchternheit wie gelähmt, als sie neben Alex herging und
zweifellos von ganz London beobachtet wurde. Aber Pippa, die die ganze Zeit an
Charlottes Schulter damit verbracht hatte, Alex' Aufmerksamkeit zu gewinnen,
wandte jetzt den Kopf, legte ihn liebevoll an die Schulter ihres Vaters und
fing an, heftig mit Charlotte zu flirten. Charlotte lachte laut los.
Sie
gingen an der Straße zum Grosvenor Square vorbei und bogen in den Albemarle
Square ein, wo Charlotte wohnte, bevor sie es bemerkte. An den Stufen vor ihrem
Haus hielt sie ihm kühl die Hand hin.
»Sir.«
Alex
neigte leicht den Kopf. »Vergeben Sie mir, dass ich mich nicht verbeuge. Ich
habe Angst, dass der feuchte Fleck an meiner Schulter sichtbar wird, wenn ich
es tue.«
Charlotte
musste gegen ihren Willen lachen. Alex ergriff mit seiner freien Hand die ihre
und hob sie an seine Lippen. Statt den Handrücken zu küssen, führte er ihre
Handinnenseite an seine Lippen. Charlotte wurde blass. Das freudige Glühen in
ihrem Magen verbreitete sich prickelnd über ihren ganzen Körper.
»Ich
sehe Sie heute Abend«, sagte Alex mit seiner samtenen, tiefen Stimme, während
seine Augen auf ihr ruhten.
Charlotte
traute sich nicht zu, noch etwas zu sagen, also entzog sie ihm ihre Hand,
nickte stumm und ging die Treppe hinauf. Oben angelangt, hielt sie plötzlich
inne. Sie drehte sich um und sah ihn bittend an.
»Sie
werden dieses Pferd nicht mehr besteigen, nicht wahr, Mylord?«
Alex
sah
Weitere Kostenlose Bücher