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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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die Zeit gehabt, bis zum Ende des Blocks zu gehen. Kelly war in der vorigen Nacht draufgekommen. Diese überlangen Blocks mit ihren Reihenhäusern waren ja nicht von Dummköpfen erbaut worden. Auf halber Strecke hatten viele der geschlossenen Blocks einen Durchgang, so daß die Leute schneller in die Gasse dahinter kamen. Für Archie und Knacki war das ein ausgezeichneter Fluchtweg, und während sie ihren Geschäften nachgingen, entfernten sie sich nie mehr als zehn Meter davon. Aber sie schienen ihn auch nie wirklich im Auge zu behalten.
    Kelly vergewisserte sich dessen, als er sich an einen Anbau lehnte, in dem vielleicht ein Ford Modell T Platz gefunden hatte. Er verband ein paar herumliegende Bierdosen mit einer Schnur und legte sie quer über den Zementweg, der zum Durchgang führte, um sicherzugehen, daß sich von hinten niemand nähern konnte, ohne einigen Lärm zu machen. Dann ging er mit sehr vorsichtigen Schritten hinein und zog die schallgedämpfte Pistole aus dem Hosenbund. Die Strekke betrug nun fünfundzwanzig Meter, aber ein geschlossener Durchgang war ein besserer Klangverstärker als jedes Telefon, und Kelly suchte den Boden vor sich nach allem ab, über das er eventuell stolpern und das Lärm machen könnte. Er umging eine Zeitung und eine Glasscherbe und kam schließlich ganz nahe ans andere Ende des Durchgangs.
    Aus der Nähe sahen sie anders aus, beinahe wie Menschen. Archie lehnte sich an die braunen Wandsteine und rauchte eine Zigarette. Knacki rauchte ebenfalls, während er auf dem Kotflügel eines Autos saß und die Straße hinunterschaute. Und alle zehn Sekunden beeinträchtigte das Aufglühen der Zigaretten ihr Sehvermögen. Kelly sah sie, doch sie konnten ihn selbst auf die drei Meter nicht erkennen. Günstiger ging es nicht.
    »Rühr dich nicht«, flüsterte er Archie zu. Der Mann drehte den Kopf, eher verärgert als aufgeschreckt, bis er die Pistole mit dem großen, an den Lauf geschraubten Zylinder sah. Sein Blick glitt zu seinem Leutnant, der immer noch in die andere Richtung schaute und irgendeinen Song summte, während er auf einen Kunden wartete, der nie mehr kommen würde. Kelly mußte erst auf sich aufmerksam machen. »He!« Immer noch ein Flüstern, aber es übertönte die gedämpften Straßengeräusche. Knacki drehte sich um und sah die auf den Kopf seines Arbeitgebers gerichtete Waffe. Er erstarrte, ohne daß er noch dazu aufgefordert werden mußte. Archie hatte die Knarre und das Geld und den größten Teil der Drogen. Er sah, wie Kelly ihn mit der Hand heranwinkte, und da ihm nichts Besseres einfiel, ging er hin.
    »Gutes Geschäft heute abend?« fragte Kelly.
    »Ging so«, erwiderte Archie leise. »Was willst du?«
    »Na, was glaubst du wohl?« fragte Kelly lächelnd.
    »Bist du'n Bulle?« fragte Knacki, was, wie die beiden anderen dachten, eine ziemlich dämliche Frage war.
    »Nein, ich bin nicht hier, um jemanden zu verhaften.« Er winkte mit der Hand. »In den Tunnel, Gesicht auf den Boden, schnell.« Kelly ließ sie etwa fünf Meter gehen, gerade genug, bis sie sich außer Sichtweite befanden, also auch wieder nicht so weit, daß er nicht noch genug Licht von außen hatte, um einigermaßen sehen zu können. Zunächst durchsuchte er sie nach Waffen. Archie hatte einen rostigen 32er Revolver, der gleich eingesackt wurde. Als nächstes nahm Kelly das Elektrokabel von seiner Hüfte und fesselte den beiden die Hände. Dann drehte er die Kerle um.
    »Ihr beide wart sehr hilfsbereit.«
    »Du kommst besser nicht mehr hierher, Mann«, informierte ihn Archie, der noch gar nicht bemerkt hatte, daß er überhaupt nicht ausgeraubt worden war. Knacki nickte und brummelte etwas in sich hinein. Die Erwiderung verblüffte beide.
    »Eigentlich brauche ich eure Hilfe.«
    »Für was?« fragte Archie.
    »Ich such nach einem Burschen namens Billy, fährt einen roten Roadrunner.«
    »Was? Willst du mich verarschen?« fragte Archie mit ziemlich angewiderter Stimme.
    »Bitte beantworte meine Frage«, sagte Kelly ungerührt.
    »Sieh zu, daß du deinen verdammten Arsch außer Reichweite kriegst«, schlug Archie gehässig vor.
    Kelly drehte die Waffe leicht und jagte Knacki zwei Kugeln in den Kopf. Der Körper zuckte heftig, und das Blut spritzte, aber diesmal bekam Kelly nichts davon ab. Statt dessen regneten dicke Tropfen auf Archies Gesicht nieder, und Kelly sah, wie sich die Augen des Dealers vor Entsetzen und Überraschung weiteten, wie kleine Lichter in der Dunkelheit. Das hatte Archie nicht

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